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Das Lexikon der daemlichsten Erfindungen

Das Lexikon der daemlichsten Erfindungen

Titel: Das Lexikon der daemlichsten Erfindungen
Autoren: Felix R. Paturi
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patentiert wurde es in den USA dennoch.
    Zunächst einmal haben wir jetzt das Gefährt auf das Wesentliche reduziert: die beiden Räder. Die gilt es nun irgendwie mit dem menschlichen Körper zu verbinden. Das Vorderrad macht dabei keine größeren Probleme. Die Radachse wird einfach nach beiden Seiten etwas verlängert und drehbar in Hülsen gelagert, die der Fahrer unmittelbar mit eisernem Griff festhalten kann. Das kommt dem schon beim Verzicht auf Lenker und Gabel gehegten Gedanken entgegen. Allerdings bietet sich hier die zusätzliche Montage eines Handschutzes vor Verletzungen an. Der Aufwand hierfür ist minimal.
    Bleibt das Hinterrad. Weil ein normaler Mensch dessen Achse nicht unmittelbar mit den Füßen greifen kann (auch, weil die Beine länger sind als die Arme und deshalb die Fahrhaltung etwas unbequem wäre), muss leider eine kleine Zusatzkonstruktion her. Doch die lässt sich denkbar einfach gestalten. Auf die verlängerten, in Hülsen gelagerten Radachsen werden einfach beidseits des Rades horizontale Brettchen montiert, auf denen dann die Unterschenkel des Fahrers festgeschnallt werden. Ja, und dann kommt schließlich noch eine Art Schutzblech über das Hinterrad, damit der Popo nicht unmittelbar am rotierenden Reifen scheuert. Fertig ist das aufs Wesentliche reduzierte Konstrukt. Doch halt, wenn es rasant dahinrollt, wie soll man es dann im Gefahrenfall noch bremsen? Ganz einfach: Man kneift lediglich die Beine fest zusammen und quetscht damit das elastische Schutzblech gegen das Hinterrad.
    Und der Antrieb? Wozu hat Newton eigentlich die Gravitationskraft erfunden? Die lässt sich hier vorzüglich nutzen. Den kleinen Nachteil, dass das Gefährt nur bergab rollen kann, muss man halt in Kauf nehmen. Das Ganze kommt Ihnen irgendwie dämlich vor? Den US -Patentbehörden offenbar nicht, denn sie akzeptierten diesen großartigen technischen Wurf als patentfähige Erfindung. »Be the Bike« nennt sein geistiger Vater das durchaus sportliche Gerät: »Sei Fahrrad!«

Begrüßungs- und Ausreisezentren
    Der Frankfurter Germanist Professor Horst Dieter Schlosser löst im Jahresrhythmus wieder und wieder heftige Diskussionen und gelegentlich sogar massiven Streit aus, wenn er und eine von ihm geleitete Jury das Unwort des Jahres kürt. 2004 war es Humankapital. Schlosser rügte an diesem Begriff, dass Menschen »nur noch (auf) ökonomisch interessante Größen« reduziert würden. Prompt musste er sich von den Betriebswirten beschimpfen lassen, er und seine Jury seien die »Totengräber der deutschen Volkswirtschaft«. Er hatte da offenbar einen empfindlichen Nerv getroffen. Aber der Professor nahm es mit Gelassenheit: »Ich werde mir diesen Titel auf meine Visitenkarten drucken lassen.«
    Ja, auch Neuschöpfungen von Begriffen können mitunter recht dümmlich und bewusst verharmlosend sein. So zum Beispiel die Kunstwörter Begrüßungszentrum und Ausreisezentrum, weil sie in nachgerade lächerlicher Peinlichkeit üble Missstände kaschieren sollen. So ist es denn auch kein Wunder, dass solche beschönigenden Umschreibungen oft dem Vokabular von Politikern entspringen. Die Bezeichnung Begrüßungszentrumfür human und sozial völlig unzumutbare Auffanglager meist afrikanischer Flüchtlinge in der Bundesrepublik soll von dem Juristen und Politiker Otto Schily geprägt worden sein. Sie landete auf Platz zwei der Unwörter des Jahres 2004. Schily war das peinlich, und er ging in die Offensive, indem er Professor Schlosser und seiner Jury eine Strafe von 200   000 Euro androhte, wenn diese weiterhin behaupteten, Schily habe den Begriff anlässlich eines Treffens der europäischen Innenminister im Oktober 2004 in Scheveningen gebraucht. Die Jury wörtlich: »Unter dem Druck solcher Argumente ziehen wir die Quellenangabe für das zweitplatzierte Unwort ›Begrüßungszentrum‹ zurück.«
    Doppeldeutig ist das Bild eines deutschen Flüchtlingslagers aus dem Video Holiday Camp: Werden unsere ausländischen Gäste hier gerade begrüßt, oder möchten sie gerade wieder ausreisen?
    Wie dem auch sei, das Wort war auf jeden Fall nicht nur eine der dämlichsten, sondern vor allem auch zynischsten Neuschöpfungen, die sich ein Politiker hat einfallen lassen. Und es machte sogar bald Schule. Wenig später hießen denn auch die nicht weniger menschenunwürdigen Abschiebelager plötzlich Ausreisezentren. Angesichts solcher Zustände und Vertuschungsabsichten spricht Cornelia Gunßer vom Flüchtlingsrat Hamburg gar von einem
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