Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Leuchten

Das Leuchten

Titel: Das Leuchten
Autoren: Kat Falls
Vom Netzwerk:
den Kopf und verriegelte ihn. »Viele Anfänger lassen noch Luftblasen in ihrer Lunge. Wenn sie dann in die Tiefe gehen, wird die Lunge vom Wasserdruck zerquetscht.« Ich klatschte in die Hände, um es ihr zu verdeutlichen.
    Der eisige Blick, den sie mir zuwarf, hätte die Gletscher wieder gefrieren lassen können. Aber meine Worte schienen trotzdem Eindruck auf sie gemacht zu haben, denn sie biss auf den Liquigen-Schlauch, der sich unten in ihrem Helm befand, und strengte sich an, ihre Lunge zu füllen. Als sie würgend und prustend gegen die Wand der Schleuse fiel, leuchtete an der Außenseite der Luke ein rotes Blinklicht auf. Erst als ich meinen eigenen Helm verriegelt hatte, erkannte ich, dass nicht Gemma das Blinklicht ausgelöst hatte. Das Licht war aufgeleuchtet, weil jemand von draußen die Einstiegsluke öffnen wollte.
    Ich schaltete meinen Scheinwerfer au s – gerade noch rechtzeitig. Die Luke schwang auf und ein Schwall Wasser schoss in die Luftschleuse. In dem roten Licht sah es aus wie Blut. Der Schwall steigerte sich zu einem Wasserfall und hüllte uns schäumend ein. Ich wickelte ein Stück Sicherheitsleine von meinem Gürtel, befestigte es an Gemmas Gürtel und postierte mich mit ihr an der Wand neben der Ausstiegsluke.
    Als die Schleusenkammer vollgelaufen war, schnitt ein Lichtstrahl durch das Wasser. Ein Helmlicht. Meine Nerven waren bis aufs Äußerste gespannt, als eine dunkle Gestalt durch die Schleusenöffnung kam. Kaum war der Mann durch die Luke gestiegen, zwängte ich mich nach draußen und zog Gemma hinter mir her. Der Eindringling musste die Bewegung des Wassers gespürt haben, denn er drehte sich sofort nach uns um.
    Er war jünger, als ich gedacht hatte. Vielleicht sah er aber auch nur jünger aus mit seinem weit aufgerissenen Mund und den schwarzen Augen, die uns anstarrten. Blitzschnell schoss er auf uns zu und fletschte seine spitz geschliffenen, gebleichten Zähne. Unwillkürlich musste ich an die durchscheinenden Fangzähne eines Drachenfischs denken.
    Ich zerrte Gemma zu mir und schlug auf den Türknopf. Als sich die Luke schloss, streckte der Mann die Hand aus und wollte nach meinem Hals greifen. Die Metallplatte klemmte seinen Unterarm ein. Seine Finger krallten nach meiner Brust, sie zuckten unter dem Druck, aber sie versuchten nicht mehr, mich festzuhalten. Ich wich zurück und stieß mit Gemma zusammen, die vom Puffer rutschte. Die Leine zwischen uns straffte sich und zog mich zu ihr hinunter.
    Einen Augenblick lang lagen wir im Schlamm, unsere Beine ineinander verkeilt, dann rollte ich mit Gemma von dem Wrack weg. Eine Sekunde später hob sich das Boot mit einem Ruck vom Meeresgrund, wirbelte Schlick auf und wurde in die Dunkelheit verschleppt.
    Ich rappelte mich auf, aber als sich Gemma an den Bleigewichten meines Anzugs festhielt, wäre ich fast wieder umgefallen. Dachte sie etwa, ich würde sie hier unten alleine lassen? Wir waren ja immer noch durch die Leine miteinander verbunden.
    Als wir gemeinsam nach oben tauchten, umklammerte sie meine Hand so fest wie eine Muräne ihre Beute. Wer es nicht gewohnt war, empfand die eisige Dunkelheit und den ungeheuren Druck als nervenaufreibend. Aus diesem Grund verließen sogar die meisten Siedler fast nie das Kontinentalschelf. Sie teilten meine Faszination für den Coldsleep Canyon nicht, obwohl er länger und tiefer war als der Grand Canyon und hundertmal geheimnisvoller. Der Coldsleep Canyon war einst der Hudson Canyon gewesen, bis ein Teil der Ostküste in seinen gähnenden Schlund abgerutscht war. Jetzt war die Schlucht ein Inbegriff für Tod und Zerstörung. Wenn ich an den Canyon dachte, dann fielen mir nur Raubfische ein.
    Ich sah mich nach grünen Laternenhaien um. Als ich keine erblickte, drehte ich das Licht an meiner Helmlampe auf die schwächste Stufe. Ich musste gar nicht erst nach meinem Mantaboard suchen, denn es trieb nur wenige Schwimmzüge von uns entfernt im Wasser. Gemma blieb mit ihrer hell leuchtenden Lampe und dem Messer in der Hand an meiner Seite. Das Licht würde jeden Raubfisch in der Nähe anlocken und das Messer taugte nicht viel als Waffe, aber solange sie damit rumfuchteln konnte, wirkte sie wenigstens nicht so panisch.
    Zum Glück trudelte ihr spitznasiges Fahrzeug etwa zweihundert Meter weiter an einer kalten Stelle. Es war das Spielzeug eines reichen Mannes von oben. Ein richtig schönes Ding. Ich hielt die Ankerkette gespannt, damit sie zu dem Gelring hinaufschweben konnte, der gleichzeitig die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher