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Das Leuchten

Das Leuchten

Titel: Das Leuchten
Autoren: Kat Falls
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was mir verriet, dass gerade jemand vorbeigegangen sein musste. Als ich die Kabel beiseiteschob, ging ein Licht an und eine schrille Stimme fragte: »Wer bist du?«
    Überrascht richtete ich den Lichtstrahl in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war. Allerdings blieb mir die Antwort förmlich im Hals stecken, denn das Mädchen kam jetzt direkt auf mich zu. Ihr dunkler Zopf schwang heftig hin und her.
    »Du hast mir Angst eingejagt!«, fuhr sie mich an. Mit der einen Hand umklammerte sie ihre Lampe, mit der anderen ein grünes Messer. Obwohl ihre Hände zitterten, blitzten ihre hellblauen Augen trotzig.
    »Tut mir leid«, stieß ich hervor, obwohl ich noch vollkommen perplex war.
    Sie war ungefähr fünfzehn, so alt wie ich. Aber was noch erstaunlicher war: Sie war von oben. Daran gab es keinen Zweifel. Ihre rosa Wangen und ihre Nase, an der sich die Haut schälte, waren der eindeutige Beweis für die Einwirkung von UV-Licht.
    Sie blieb zögernd stehen. »Bist du ein Geist?«
    In mir wurde es ganz still. Ich wollte nur ein einziges Mal einen Topsider treffen, der mir nicht gleich das Gefühl gab, ein Freak zu sein. Ich sagte ja auch nichts über ihren Sonnenbrand.
    Sie zog die Schultern hoch, als wollte sie sich auf das Schlimmste gefasst machen. »Bist du einer?«
    Fast hätte ich genickt, nur um ihre Reaktion zu sehen. Stattdessen sagte ich: »Ich bin ein ganz normaler Mensc h – wie du auch.«
    »Aber du leuchtest!«
    Na und? Nur weil meine Haut schimmerte, war ich doch noch lange kein Geist. Ich lief weder wie ein Skelett rum noch hatte ich einen Totenkopf. Von der Arbeit in unserer Siedlung bin ich schlank und muskulös und meine Augenfarbe ist ein gewöhnliches Schilfgrün.
    »Ich leuchte nicht. Man nennt das Schein «, sagte ich mit fester Stimme, damit es nicht so klang, als wollte ich mich verteidigen. »Das kommt davon, wenn man biolumineszierenden Fisch isst.«
    Das Mädchen kam näher. »Man isst aber keinen Fisch, der in der Dunkelheit leuchtet.«
    »Wir hier unten schon.«
    »Tatsächlich? Das ist s o …« Sie machte plötzlich einen Satz auf mich zu und stieß mir die Taschenlampe zwischen die Rippen. Ich stöhnte vor Schmerz, aber sie stöhnte noch viel lauter. »Ach du heißer Straßenteer, du bist ja echt!«
    Ich brachte keine Antwort zustande, nicht mal eine sarkastische. Und das nicht nur, weil ich keine Luft mehr bekam. Ich konnte einfach nicht glauben, dass sie allen Ernstes gedacht hatte, die Taschenlampe würde durch mich hindurchgehen. Zum Glück hatte sie nicht mit ihrem Messer getestet, ob ich ein richtiger Mensch war.
    »Ich dacht e …«, stammelte sie, »ich meine, in der Dunkelheit hast d u …«
    »Ich hab’s dir doch schon gesagt, ich bin kein Geist.«
    »Nein«, stimmte sie mir hastig zu und steckte ihr grünes Messer wieder zurück. »Natürlich nicht. Es tut mir leid. Ist alles in Ordnung?« Sie kam wieder näher und strich sich den Pony aus der Stirn.
    »Ich werde es überleben.« Morgen würde ich garantiert einen riesigen blauen Fleck haben, so groß wie eine Schlamm fressende Seegurke.
    »Hast du das viele Blut gesehen, als du reingekommen bist?«, fragte sie.
    »Ja, das ist bestimmt Fischblut.« Zumindest hoffte ich das. Wie die meisten Topsider kam sie mir viel zu nahe. Als ich spürte, wie sie den Sauerstoff um mich herum verbrauchte, und mir davon schwindelig wurde, trat ich einen Schritt zurück. »Was machst du hier unten?«
    »Ich wollte nachsehen, ob es das U-Boot meines Bruders ist. Aber jetzt hoffe ich, dass es nicht seins is t …« Sie ließ den Strahl ihrer Lampe über die demolierten Bedienpulte gleiten. »Er ist irgendwo hier unten und schürft nach Manganknollen, auch Schwarze Perlen genannt.«
    »Moment mal, willst du damit sagen, du bist alleine hier?«
    »Du doch auch.«
    »Ich wohne hier. Ich bin der erste Mensch, der unter Wasser zur Welt gekommen ist. Du hingegen bist ein e …« Machte es denen von oben etwas aus, wenn man sie als Topsider bezeichnete? Ich wusste es nicht. Aber eines wusste ich sicher, nämlich dass wir Pioniere es nicht leiden können, wenn man uns Dunkles Leben nannte.
    »Ich bin eine was ?«
    »Eine von oben«, sagte ich ausweichend.
    »Von oben.« Sie lächelte, als würde dieser Ausdruck sie belustigen. »So wie ›von oberhalb des Wasserspiegels‹?«
    »Ja.«
    »Woher weißt du das?«
    »Was meinst du?«
    »Dass ich von oben bin?«
    War das ihr Ernst? Selbst wenn sie kein Wort über meinen Schein verloren hätte, so schrie
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