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Das letzte Koenigreich

Das letzte Koenigreich

Titel: Das letzte Koenigreich
Autoren: Bernard Cornwell
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Ich trat ihr die Waffe aus der Hand und schmetterte ihr den Schildbuckel so wuchtig ins Gesicht, dass sie schreiend in die Glut eines niedergebrannten Lagerfeuers stürzte, wo sich ihre Haare wie Zunder entflammten. Leofric drängte die Männer der Heahengel mit lautem Gebrüll, zu töten, unsere Gelegenheit zu nutzen und die Dänen zu schlagen, die so töricht gewesen waren, uns anzugreifen, ohne vorher einen festen Schildwall gebildet zu haben. Es war ein Gemetzel, das Werk von Schlächtern mit gutem Eisen, und schon lagen dreißig oder mehr Dänen tot auf dem Boden, während sich auf den Schiffen das Feuer mit erstaunlicher Geschwindigkeit ausbreitete.
    «Schildwall!», tönte es aus den dänischen Reihen. Inzwischen war es hell geworden. Bald würde die Sonne hinter dem Horizont aufsteigen. Die Schiffe am Ende der langen Reihe brannten wie riesige Fackeln. Aus dem Rauch ragte ein Drachenkopf mit golden glänzenden Augen empor. Möwen kreischten. Ein Hund rannte bellend vor den Schiffen hin und her. Als ein Mast stürzte, stoben Funken hoch auf in die silbrige Luft. Ich sah, wie die Dänen nun auch einen Schildwall bildeten, sich zur Schlacht aufstellten, sah das Rabenbanner, die Dreiecksfahne, mit der uns Ubba wissen ließ, dass er zur Stelle war, gekommen, um uns in den Tod zu schicken.
    «Schildwall!», brüllte ich, und es war das allererste Mal, dass ich diesen Befehl ausgab. «Schildwall!» Unsere Reihen hatten sich aufgelöst, doch jetzt galt es, fest zusammenzustehen. Schild an Schild. Wir sahen uns Hunderten von Dänen gegenüber, die uns zu überwältigen drohten. Ich schlug mit dem Kurzschwert auf den Eisenrand meines Schildes ein und schrie: «Sie kommen, um zu töten, und werden selber bluten. Sie kommen, um unsere Schwerter zu schmecken!»
    Meine Männer johlten. Wir waren mit einer Hundertschaft aufgebrochen und hatten schon ein halbes Dutzend Kämpfer verloren. Meine Männer johlten, obwohl sich auf der Gegenseite fünfmal so viele Dänen bereitmachten, sie zu töten. Leofric stimmte ein Kriegslied an, einen rhythmischen, harschen Gesang, der von einer Schlacht erzählte, in die unsere Vorfahren gegen jene gezogen waren, die vor uns über England geherrscht hatten. Jetzt kämpften wir wieder um dieses Land.
    Hinter mir hörte ich eine einzelne Stimme beten. Ich drehte mich um und sah Pater Willibald mit erhobenem Speer. Sein Ungehorsam brachte mich zum Lachen.
    Lachen in der Schlacht. Das hatte mir Ragnar beigebracht: dem Kampf Vergnügen abzuringen. An diesem Morgen Freude zu empfinden, denn die Sonne berührte jetzt den östlichen Horizont, füllte den Himmel mit Licht und vertrieb die Dunkelheit hinter den Rand der Welt. Ich trommelte mit dem Kurzschwert auf meinen Schild und schlug Krach, um die Rufe der Dänen zu übertönen. Ich wusste, dass sie uns schwer zusetzen würden und dass wir ihnen standhalten mussten, bis Odda käme. Leofric, darauf baute ich, würde unsere rechte Seite halten, auf der uns die Dänen nach einem Umweg über das Moor angreifen würden. Unsere linke Seite war sicher, denn dort lagen die Schiffe. Die Gefahr drohte von rechts, dort würden wir einbrechen, wenn wir nicht standhielten.
    «Schilde!», brüllte ich, und wir legten wieder die Schilde aneinander, denn die Dänen rückten vor, und ich wusste, dass sie nicht zögern würden. Wir waren zu wenige, um sie zu beeindrucken. Für diesen Kampf mussten sie keinen großen Mut aufbringen, sie brauchten nur vorzurücken.
    Und das taten sie. Eine dicht geschlossene Reihe, Schild an Schild, bespickt mit Äxten, Speeren und Schwertern, die in der Morgensonne blinkten.
    Schon flogen die ersten Speere und Äxte in unsere Richtung, doch wir in der ersten Reihe duckten uns hinter unsere Schilde, während die hinteren Reihen die Schilde über den Kopf hoben und die Waffen davon abprallen ließen. Ich hörte das wilde Kriegsgeschrei der Dänen aufbrausen, spürte ein letztes Flattern von Furcht, und dann waren sie da.
    Schilde krachten aufeinander, meiner prallte mir zurückgeschlagen gegen die Brust. Wütendes Brüllen, ein Speer, zwischen meinen Füßen in den Boden einschlagend. Wespenstachel, nach vorn gestoßen und von einem Schild aufgehalten, ein Schrei zu meiner Linken, eine Axt, die von oben niederfuhr. Ich duckte mich, stach erneut zu, traf wieder nur auf Holz, stieß mich mit dem eigenen Schild ab, zerrte die Saxe frei, stampfte auf den Speer und stach ein weiteres Mal zu, über den Schildrand hinweg in ein bärtiges
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