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Das letzte Hemd

Das letzte Hemd

Titel: Das letzte Hemd
Autoren: Kirsten Puettjer , Volker Bleeck
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Sie,
worauf die gynäkologische Praxis von Professor Solbach spezialisiert ist?«
    Stöffel sah ihn an wie ein Auto. »Woher sollte ich?«
    Becker nahm seine Tasche. »Auf künstliche Befruchtungen. Weshalb ich
noch einmal mit einer gar nicht so trauernden Witwe reden muss.«
    ***
    Am Montagnachmittag besuchte Rosenmair nach seiner Rückkehr aus
Berlin erst einmal Frau Kolbich und berichtete, was er von der Versicherung
erfahren hatte. Sie würde bald offiziell Nachricht bekommen, aber er gehe davon
aus, dass die Geschichte mit seinem Besuch in Berlin vom Tisch sei. Als Frau
Kolbich ihm um den Hals fiel, war ihm das so unangenehm, dass er gleich im
nächsten Moment auf seine Hemden zu sprechen kam.
    Frau Kolbich ließ ihn lachend los. »Aber Herr Rosenmair, darüber
sollten Sie sich jetzt gar keine Sorgen mehr machen, Ihre Hemden werden wieder
gebügelt sein, das verspreche ich Ihnen!«
    Zu Hause wollte Rosenmair gerade Larry anrufen, um sich über die
neuesten Entwicklungen in Sachen Blackbox berichten zu lassen, als sein Telefon
klingelte. Es war Ann-Britt, die wissen wollte, ob er da war.
    Zehn Minuten später stand sie vor seiner Tür. Ganz offensichtlich
war sie schon in der Nähe gewesen. Er sah gleich, dass irgendwas nicht stimmte,
selbst ihm, der gern mal gefühlsmäßig auf der Leitung stand, fiel das auf.
    Ann-Britt nahm den Becher mit Tee entgegen, trank und sagte dann
völlig ruhig: »Ich habe mich von Philipp getrennt.«
    Rosenmairs erster Impuls war, ihr zu gratulieren, aber er merkte,
dass das vielleicht nicht angeraten war. Also nickte er nur und meinte dann:
»Wie kommt’s?«
    »Sagen wir, seine Vorliebe für das Versenden vorgefertigter SMS -Nachrichten ist ihm zum Verhängnis geworden. Wenn
man versehentlich mal auf den falschen Empfänger drückt … Aber du kannst ruhig
sagen, du hättest schon immer gewusst, dass er nicht der Richtige für mich
ist.«
    Rosenmair hob entschuldigend die Hände. »Ich? Ich hab doch gar
nichts gesagt.«
    Ann-Britt lachte. »Das hat man auch so gemerkt. Und weißt du was?
Ich hab’s selbst schon länger gedacht. Aber dann war da die Hochzeit, und
natürlich das Kind …« Sie streichelte unwillkürlich über ihren Bauch.
    Rosenmair beobachtete das und musste lächeln. Dann kam ihm ein
anderer Gedanke in den Sinn. »Wie machst du das denn überhaupt mit dem Kind,
wenn der weg ist?« Das »der« dehnte er etwas zu lang, ohne es zu merken.
    »Auch nicht anders als mit ihm. Es war ja schon klar, dass er sich
um seine Karriere kümmern würde, komme, was da wolle. Wir haben uns deswegen
auch immer wieder gestritten, ich war es echt leid. Ich wäre also eh zu Hause
geblieben. Mir ist jetzt klar, dass es sowieso nicht hätte gut gehen können, nicht,
wenn der Partner so kurz nach der Hochzeit gleich eine Affäre hat, vielleicht
auch schon vorher. Und als gehörnte Politikergattin will ich auf keinen Fall in
den lokalen Klatschspalten auftauchen! Dann mach ich das halt jetzt allein. Ich
bin froh, dass endlich wieder Ruhe in mein Leben einkehrt. Ich hab ein ganz
gutes Netzwerk an der Klinik, da kann ich mir meine Arbeitszeit später ziemlich
gut selbst einteilen. Und außerdem hab ich ja auch noch einen zu allem bereiten
Vater …«
    Rosenmair sah sie an. »Ja, äh, natürlich, ich helfe, wo ich kann.
Dazu bin ich ja da.«
    Jetzt musste Ann-Britt richtig lachen. »Du meinst, weil du als Vater
nie existent warst, kannst du jetzt wenigstens als Opa Boden gutmachen?«
    Rosenmair spürte den Stich bei dieser Bemerkung, aber natürlich
hatte sie völlig recht. Er versuchte, das Thema zu wechseln. »Das heißt, du
bleibst in der Eifel wohnen?«
    Ann-Britt sah ihn spöttisch an. »Ich kann ja auch hier einziehen,
Platz wäre doch genug, nicht?« Sie wartete noch einen Moment, dann tätschelte
sie beruhigend sein Knie. »Keine Angst, ich bleibe in der Eifel, da kann ich zu
Fuß zur Arbeit gehen und habe perfekte Bedingungen. Meine Vermieterin würde
mich sowieso am liebsten adoptieren, die häkelt schon Babymützen und richtet
das Kinderzimmer ein. Aber ich werde sicher häufiger hier sein, als dir lieb
ist.«
    Bei der Verabschiedung nahm Rosenmair seine Tochter fest in den Arm.
Sie erwiderte die Umarmung und sagte: »Das klappt schon alles. Es wird übrigens
ein Mädchen. Und ich hab auch schon einen Namen: Frieda. Gefällt er dir?«
Rosenmair nickte und lächelte. Obwohl der Ballon mit der ewigen Liebe ganz
offenbar abgestürzt war, behielt er mal wieder recht. Seine Wünsche
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