Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Leben und das Schreiben

Das Leben und das Schreiben

Titel: Das Leben und das Schreiben
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
Stunden des neuen Tages – New Yorker Sex. Mike stammte aus Omaha, obwohl er dort seit vielen Jahren nicht mehr gewesen war.
    »Sie glauben wohl noch immer, dass ich Ihnen Ihre Idee nicht ausreden kann, oder?«, fragte Ostermeyer.
    »Ich weiß es«, antwortete Mike und steckte sich die Zigarette wieder hinters Ohr.
    Nun folgt die überarbeitete Version dieses Anfangsabschnitts, die angekleidete Geschichte mit gekämmtem Haar, vielleicht sogar mit einem Spritzer Eau de Cologne hinterm Ohr. Sobald diese Änderungen in den Text eingearbeitet worden sind, bin ich bereit, die Tür zu öffnen und mich der Welt zu stellen.

     

     

     

     

     

     

     

     
     
    Die Gründe für die meisten Änderungen liegen auf der Hand; wenn Sie zwischen den beiden Versionen hin- und herblättern, werden Ihnen die meisten bestimmt sofort einleuchten. Ich hoffe, dass Sie beim näheren Hinsehen auch erkennen, wie roh die erste Textfassung selbst bei einem sogenannten »Profi«-Schriftsteller wie mir ist.
    Die meisten Änderungen sind Kürzungen, um der Geschichte Tempo zu verleihen. Ich habe mit William Strunk im Hinterkopf gekürzt (»Überflüssiges streichen«) und mich bemüht, die weiter vorn zitierte Formel (2. Fassung = 1. Fassung – 10 %) zu berücksichtigen.
    Einige Änderungen habe ich nummeriert, um sie kurz zu erklären:
    1. »Die Hotel-Geschichte« wird niemals einen Titel wie »Killdozer!« oder Norma Jean, the Termite Queen schlagen können. Ich habe ihn einfach in dem Bewusstsein drübergeschrieben, dass ich während der Arbeit daran irgendwann einen besseren finde. (Wenn mir kein besserer Titel einfällt, kommt meistens der Lektor mit einer in seinen Augen guten Idee, das Ergebnis ist in der Regel grässlich.) Mir gefällt »1408«, weil dies eine Geschichte über das ominöse dreizehnte Stockwerk ist und die Quersumme 13 ergibt.
    2. Ostermeyer ist ein langer, schwerfälliger Name. Indem ich ihn mithilfe der »Alle-Ersetzen-Funktion« durch Olin ersetzte, konnte ich meine Geschichte mit einem Schlag um ungefähr fünfzehn Zeilen kürzen. Außerdem wusste ich bei Beendigung von »1408«, dass die Erzählung aller Voraussicht nach in einer Hörbuchsammlung erscheinen würde. Die Geschichten würde ich selbst lesen, und ich wollte nicht in diesem winzigen Aufnahmestudio sitzen und den ganzen Tag »Ostermeyer, Ostermeyer, Ostermeyer« sagen. Deshalb habe ich den Namen geändert.
    3. An dieser Stelle nehme ich dem Leser sehr viel Denkarbeit ab. Da die meisten Leser selber denken können, fühlte ich mich berufen, von fünf auf zwei Zeilen zu kürzen.
    4. Zu viele Regieanweisungen, das Offensichtliche wird zu weit ausgewalzt, zu viel klobige Vorgeschichte. Raus damit.
    5. Ah, hier kommt das Glück bringende Hawaiihemd. In der Rohfassung taucht es erst auf Seite dreißig auf. Für eine wichtige Requisite ist das zu spät, deshalb habe ich es nach vorn gezogen. Eine alte Theaterregel lautet: »Wenn im ersten Akt eine Pistole auf dem Kaminsims liegt, muss sie spätestens im dritten Akt eingesetzt werden.« Auch der Umkehrschluss stimmt: Wenn das Glück bringende Hawaiihemd des Helden am Ende der Geschichte eine Rolle spielt, muss es früh eingeführt werden. Sonst wirkt es wie ein Deus ex Machina (was es natürlich ist).
    6. In der Rohfassung steht: »Mike setzte sich in einen der Stühle vor den Schreibtisch.« Also, wirklich: Wo soll er sich denn sonst hinsetzen? Auf den Boden? Wohl kaum, also raus damit. Die Sache mit den kubanischen Zigarren wird ebenfalls gestrichen. Sie ist nicht nur abgeschmackt, sondern genau das, was die Bösen in schlechten Filmen immer sagen: »Nehmen Sie eine Zigarre! Ist aus Kuba!« Vergiss es!
    7. Die Informationen und Gedankengänge in der ersten und der zweiten Fassung sind identisch, jedoch sind sie in der zweiten Fassung bis aufs Mark gekürzt. Und da! Haben Sie das heimtückische Adverb gesehen, dieses »kurz«? Totgetreten hab ich das, nicht wahr? Gnadenlos!
    8. Hier kommt eins, das ich nicht gekürzt habe … nicht nur ein Adverb, sondern sogar ein Swiftie: »Nun«, sagte Mike nachdrücklich … Aber ich stehe zu meinem Entschluss, hier nicht zu kürzen, denn hier beweist die Ausnahme die Regel. »Nachdrücklich« darf stehen bleiben, weil ich möchte, dass der Leser versteht, dass Mike den armen Mr. Olin aufzieht. Zwar nur ein bisschen, aber trotzdem macht er sich über ihn lustig.
    9. Dieser Absatz walzt nicht nur das Offensichtliche aus, sondern wiederholt es noch. Raus damit. Dass
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher