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Das Leben ist eine Oeko-Baustelle

Das Leben ist eine Oeko-Baustelle

Titel: Das Leben ist eine Oeko-Baustelle
Autoren: Christiane Paul
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Es geht ihm nicht um das Wünschbare, sondern immer um das Machbare. Palmer hat 2011 einen Ministerposten in Baden-Württemberg abgelehnt, weil er den Eindruck hat, in Tübingen noch nicht fertig zu sein; und wohl auch, weil er dort mehr bewegen kann.
    Veränderungen sind für ihn nach Kosten-Nutzen-Abwägung zu entscheiden und nicht nach grundsätzlicher Moral, zum Bei spiel die negativen Folgen von Windenergie aus der Nordsee für das Meer und die Meerestiere sowie die dafür nötigen und um strittenen Energietrassen über Land. Die Frage muss sein, ob der Nutzen von Windenergie trotzdem entscheidend größer ist, als wenn man bei Kohle- oder Atomkraftwerken bleibt. Laut Palmer kann jede Stadt klimabewusst werden, aber nicht nach Masterplan, sondern nach ihren eigenen Gegebenheiten.
    Er ist aber auch der Meinung, dass es dafür Politiker und Mandatsträger braucht, die die neue Kultur wirklich leben und somit verkörpern, weil sich sonst nicht genügend Bürger mitnehmen lassen.
    Sowohl Palmer als auch Anders Levermann sind der Ansicht, dass die nötige Dynamik für den Schritt in eine klimafreundliche Weltgesellschaft nur mit »grüner Wirtschaft« erreicht wird. Ohne dass bald sehr viel Geld damit verdient wird, gibt es den nötigen schnellen Umschwung nicht. Auch hier müssen sich Gesellschaft und Politik gegenseitig anschieben. Der Wirtschaft muss deutlich gemacht werden, dass man mit diesen Produkten Geld verdienen kann. Gleichzeitig braucht es klare politische Leitlinien.
    Das Gespräch mit dem Air-Berlin-Fluglinien-Gründer Achim Hunold war für mich sehr wichtig, weil es mir ermöglicht hat, die Sache mit den Augen eines Unternehmers zu sehen, der Verantwortung für 9 000 Arbeitsplätze hat. Hunold sieht den Kapitalismus nicht als Problem bei der Bewältigung des Klimawandels, sondern glaubt, dass dort eher ein ökologisches Bewusstsein entsteht als in einem nicht kapitalistischen System. Eine »Ökodiktatur« hält er für einen Widerspruch in sich, weil es der herrschenden Klasse in einer Diktatur eben nur um sich gehe und nicht um das Gemeinwohl. Er glaubt nicht, dass Unternehmer das Klimaproblem lösen können, sondern dass ein politischer Rahmen nötig ist, in den sie sich einbringen.
    Der englische Autor Leo Hickman hat in gewissem Sinn mein Leben verändert. Mit seinem Buch Fast nackt hat er meine persönliche Entwicklung entscheidend angestoßen. Er ist für mich ein Vorbild, wie man den bürgerlichen Lebensentwurf einer klassischen Familie mit auf sich orientiertem Konsumstil weiterentwickeln kann, mit dem Ziel, klima- und umweltfreundlicher zu leben. Hickman ist damit glücklich geworden. Statt in der Einflugschneise von Heathrow lebt er jetzt auf dem Land. Damit ist er aber nicht aus der Gesellschaft ausgestiegen, im Gegenteil. Es geht, sagt er, nicht um ein Sonderleben. Es geht darum, zu zeigen, dass man einen emissionsarmen Lebensstil tatsächlich haben kann, und zwar innerhalb der Gesellschaft. Die Reduzierung des eigenen CO 2 -Ausstoßes hält er für eine wichtige Grundlage. Man solle aber keine Obsession daraus machen. Priorität habe die Bewusstseinsveränderung, erst die eigene, dann die gesellschaftliche. »Man muss mit der Gesellschaft arbeiten und darf nicht außerhalb sein« ist seine eine Maxime. Die andere: Man muss den Einfluss nutzen, den man hat.
    Leo Hickman spricht mit Kindern, mit Managern, mit seinen Lesern, mit allen, die er erreichen kann. Er spricht auch viel mit Umweltexperten. Von denen hört er immer wieder, aber erst, wenn das Mikrofon aus ist, dass es letztlich eine Ökokatastrophe in einem westlichen Industrieland brauche, vermutlich sogar in den USA, damit Regierungen und Gesellschaften wirklich aufwachten. Hickman hat auch seine pessimistischen Tage, an denen er dazu neigt, das ebenso zu sehen: Wir warten erst mal, bis die Katastrophe kommt. Klimawandel, sagt er, sei kein wissenschaftliches Problem. »Es ist ein psychologisches Problem.« Und dass die Leute gerade erst anfingen, das zu verstehen. Diese Analyse teile ich.
    Harald Welzer hat der öffentlichen Klimadiskussion neue Dimensionen eröffnet, weil er aus anderen Blickwinkeln auf das Problem blickt und damit bestimmte Denkblockaden außer Kraft setzt. Er sieht eine neue Form von Bürgerbewegung kommen, um die Krisen des 21. Jahrhunderts zu bewältigen. Teil dieser Bewegung müssen auch die Eliten aus Kultur, Administration, Wirtschaft und die Intellektuellen sein. Die Frage, ob »Öko nur etwas für Reiche«
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