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Das Leben ist eine Oeko-Baustelle

Das Leben ist eine Oeko-Baustelle

Titel: Das Leben ist eine Oeko-Baustelle
Autoren: Christiane Paul
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sei, hält er für eine der vielen unsinnigen Spiegelfechtereien, ebenso wie die Sorge, dass unser Einsatz nichts bringe, weil »der Chinese« ja eh mache, was er wolle. Einer solchen Argumentation gehe es gar nicht um die Integration des materiell Schlechtergestellten, sondern um dessen Instrumentalisierung zum Zwecke des Verhinderns von Veränderung. Für Welzer ist es andersherum: Die Reichen müssen als Erstes ran.
    Foer, Levermann, Palmer, Hickman, Welzer – der Künstler, der Wissenschaftler, der Politiker, der Medienschaffende, der Intellektuelle. Sie sind Bürger, Menschen des 21. Jahrhunderts. Sie alle wollen etwas verändern. Sie alle tasten sich an das Neue heran. Sie alle entsprechen nicht dem Bild von einem klassischen »Öko«. Dieses Bild ist längst völlig überholt.
    Der seit den 70ern gewachsene Ökogedanke ist inzwischen weit über das politisch linke Milieu hinaus in breite Teile der Gesellschaft gewachsen. Der Ökoaktivist des 21. Jahrhunderts ist nicht nur ein radikaler Baumbesetzer oder ein Kröten-über-die-Straße-Träger, sondern vor allem auch ein verantwortungsbewusster Bürger und Mensch. Das Bewusstsein für das Klimaproblem und die Bereitschaft, sich dafür zu engagieren, ist auch nicht der einzige wichtige Wert für diese Leute, aber ein elementarer, existenzieller.
    Wir brauchen keine Weltrekorde an individueller CO 2 -Einsparung und keine Menschen, die bravourös und frierend in Höhlen leben. Wir brauchen viele Leute, die sich in der Gesellschaft maximal für diese Sache einsetzen. Das alles ist in alten Denkkategorien nicht zu fassen. Sicher muss man mit dem Begriff »Revolution« sehr vorsichtig sein, aber gebraucht man ihn als Synonym für Umwälzung, Veränderung, dann steht er schon für das, was wir jetzt benötigen: eine Revolution in unser aller Denken, eine Revolution in unserem Handeln, eine Revolution in unserer Kultur.
    Wichtig ist zu verstehen, dass die Leute, die Umweltpolitik fordern, die klare Regeln und durchaus auch Verbote beinhaltet, nicht die Freiheit beschränken wollen, wie das Vorurteil lautet, sie wollen vielmehr die Freiheit erhalten.
    Wenn Hans Joachim Schellnhuber, der bekannteste deutsche Klimawissenschaftler, mit Politikern spricht, dann sagen sie ihm oft: »Es gibt eine politische Realität, ich muss sie zur Kenntnis nehmen.« Heißt: Ich kann nichts machen, die politischen Verhältnisse lassen es nicht zu.
    Schellnhuber pflegt dann zu antworten: »Aber es gibt auch eine physikalische Realität. Gegen sie kann man nicht Politik machen.«
    Das ist der Punkt. Wer das einmal verstanden hat, für den ist nichts mehr wie zuvor.
    Einfach anfangen!
    Mein Fazit: bei sich selbst anfangen, andere mitnehmen und so eine umweltverantwortliche Politik möglich machen. Nicht das Ideale beschwören, sondern das Mögliche tun.
    Versucht man, sich mal für einen Moment gedanklich in die Zukunft zu versetzen, bemerkt man, dass das gar nicht so einfach ist: Zu sehr sind wir doch den Gegebenheiten des Heute verhaftet. Wenn es uns doch für einen Augenblick gelingt, müssen wir dann nicht kopfschüttelnd auf das vergangene Heute blicken? Wie konnte es sein, dass wir in den Städten keine großen Fahrradstraßen hatten, auf denen man in kurzer Zeit durch die Stadt fahren kann – und ohne ständige Angst, totgefahren zu werden? Wie konnte es sein, dass wir es zu Nuklearverseuchungen ganzer Landstriche kommen ließen, obwohl jeder wusste, dass das Risiko der Atomenergie von Menschen nicht beherrschbar war? Wie konnte es sein, dass wir unsere Autos immer weiter mit wertvollem Öl antrieben, obwohl das Bohren danach so riskant geworden war, wie spätestens 2010 die Ölpest im Golf von Mexiko zeigte? Warum mussten wir immer noch Ski fahren, obwohl doch längst klar war, mit welch enormem Energieaufwand das »Winterparadies« künstlich am Leben erhalten wurde? Warum konn ten wir unser ausuferndes Konsumverhalten nicht einschränken, wo sich doch schon ganze Müllberge im Meer sammelten und vor sich hintrieben? Wie konnte es sein, dass wir unseren globalen Fleischkonsum ausdehnten, obwohl dadurch die Welt zerstört wurde und Millionen Menschen verhungerten? Warum hatten wir das Gefühl, darauf nicht verzichten zu wollen?
    Harald Welzer sagt: Die Sorge, man müsste für ein umweltfreundlicheres Leben auf so vieles »verzichten«, sei letztlich eine Frage der Perspektive. Wir machen uns zu wenig klar, worauf wir derzeit alles verzichten: etwa auf Städte, die sich an den
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