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Das Landmädchen und der Lord

Das Landmädchen und der Lord

Titel: Das Landmädchen und der Lord
Autoren: ANNE HERRIES
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aufzupassen. Sicher erwartet er, dass ich dich vor solchen Leuten warne.“
    „Sagtest du nicht, du hättest dem Marquess vor zwei Wochen hundert Guineen abgewonnen?“
    „Ja, er lud mich zu einer Kartenpartie ein. Das konnte ich nicht ablehnen. Aber ich fürchte, er ist nicht ganz ehrlich am Spieltisch.“
    „Meinst du, er betrügt seine Gegner?“ Verstohlen spähte Toby zu Northaven hinüber, einem hochgewachsenen Mann mit schwarzem Haar und blauen Augen. Bei den Frauen war er sehr beliebt.
    Auch jetzt zog er die Blicke der meisten weiblichen Gäste auf sich, während er durch den Salon schlenderte. Die Mütter heiratsfähiger Mädchen hatten ihre Töchter zweifellos vor dem Marquess gewarnt, der den Ruf eines wenig vertrauenswürdigen Lebemanns genoss. Wahrscheinlich fanden die meisten jungen Damen ihn deshalb umso attraktiver.
    „Vielleicht wird er mich für einen Grünschnabel halten“, fuhr Toby fort. „Aber ich kenne solche Tricks.“ Nun konzentrierte er sein Interesse auf einige Neuankömmlinge. „Ah, welch eine Schönheit! Offenbar ist sie erst vor Kurzem in der Stadt eingetroffen, denn ich sehe sie heute zum ersten Mal.“
    Harry folgte dem Blick seines Neffen und entdecke eine Vision in Weiß, begleitet von zwei älteren Damen in Grau und Violett. Tatsächlich, das Mädchen war außergewöhnlich hübsch, mit dunkelblondem, kunstvoll hochgestecktem Haar, in einem schlichten eleganten Kleid ohne die Rüschen und Volants, die von vielen Debütantinnen bevorzugt wurden.
    Als er die Frau in grauer Seide erkannte, verengten sich seine Augen. Einige Jahre lang war er ihr nicht begegnet, und sie sah verändert aus, aber immer noch schön. Miss Amelia Royston … Wenn er sich recht entsann, hatte Gerard Ravenshead sich einmal für sie interessiert. Damals war irgendetwas schiefgegangen, und seither wies die linke Schläfe seines Freundes eine Narbe auf.
    Über die Hintergründe dieser Verletzung hatte Gerard nie gesprochen, ebenso wenig über seine enttäuschten Hoffnungen.
    „Ja, sie ist sehr schön“, stimmte er zu. „Keine Ahnung, wer sie ist. Aber ich kenne eine ihrer Begleiterinnen.
    „Würdest du mich der jungen Dame vorstellen?“, bat Toby.
    „Rechnest du dir Chancen aus?“ Als Harry ihn erröten sah, lachte er. „Sicher wäre deine Mama nicht glücklich, wenn du dich so früh bindest.“
    „Großer Gott, nein!“, protestierte Toby entsetzt. „Ich werde erst heiraten, wenn ich mindestens so alt bin wie du – und bereit, eine Familie zu gründen. Erst mal will ich mein Leben genießen.“
    „Wieso glaubst du, ich wäre bereit, eine Familie zu gründen?“
    „Nun, Mama findet, es wäre an der Zeit“, entgegnete Toby boshaft. „Sie sagt, wenn du noch länger wartest, könnte es eines Tages zu spät sein.“
    „Heiliger Himmel, ich bin dreiunddreißig und noch keineswegs der Verzweiflung nahe. Schon vor zehn Jahren hätte deine Mutter mich liebend gern vermählt gesehen. Dagegen habe ich mich erfolgreich gewehrt. Und nun drängt sie mich noch eifriger zu einer Heirat als meine Mutter.“
    Natürlich wusste Harry, wie gut es seine Schwester Anne mit ihm meinte. In letzter Zeit dachte auch er immer öfter an eine Ehe. Aber er hatte noch keine Frau getroffen, mit der er seine Zukunft verbringen wollte. Die meisten jungen Damen, die von ihren Müttern in die Gesellschaft eingeführt wurden, waren zu naiv oder zu schüchtern für seinen Geschmack. Sicher würden sie ihn schon nach wenigen Monaten langweilen. Er wünschte sich eine geistreiche, temperamentvolle Gemahlin, die sein Interesse ein Leben lang wachhalten würde. Ob es so etwas wie die große Liebe gab, wusste er nicht. Jedenfalls hatte seine Mutter seinen Vater sehr geliebt und nach dessen Tod nicht mehr heiraten wollen, obwohl es möglich gewesen wäre.
    Auch er sehnte sich nach einer solchen Liebe. Mit einer Vernunftehe, wie sie einige seiner Freunde geschlossen hatten, würde er sich nicht begnügen.
    Mit schmalen Augen beobachtete er die Gentlemen, die sich um die junge Dame in Weiß drängten. Irgendwie kam sie ihm bekannt vor. Doch er war sich sicher, dass er sie nie zuvor gesehen hatte. Schließlich verabschiedete er sich von seinem Neffen und suchte den Spielsalon auf, in der Überzeugung, die honigblonde Schönheit würde sich, was ihr Wesen betraf, nicht von den anderen Mädchen im Ballsaal unterscheiden.
    „Nein, bitte, Gentlemen, Sie dürfen meinetwegen nicht kämpfen!“, flehte Susannah belustigt, während zwei junge
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