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Das Labyrinth der Ratten

Das Labyrinth der Ratten

Titel: Das Labyrinth der Ratten
Autoren: Philip K. Dick
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zitterte.
    Vor seinem angstvollen inneren Auge spielte sich eine neue Szene ab.
    General Nitz (düster, drohend): Sie haben also geplaudert, Febbs.
    Febbs: Sie brauchen mich, General. Sie brauchen mich wirklich! Ich kann besser umschmieden als jeder andere vor mir. Univox 50 R weiß, wovon es redet. In Gottes Namen, Sir. Geben Sie mir eine Chance, meinen überlegenen Wert zu beweisen.
    General Nitz (bewegt): Nun gut, Febbs, ich kann erkennen, daß Sie nicht so sind wie andere. Wir können es uns leisten, Sie anders zu behandeln, weil ich tatsächlich in all meinen langen Jahren des Umgangs mit den verschiedensten Menschen nie jemandem begegnet bin, der so einzigartig ist wie Sie, und es wäre ein schwerer Verlust für die Freie Welt, wenn Sie sich entschließen sollten, nicht zu uns zu halten und uns Ihr Wissen, Ihre Erfahrung und Ihre Begabung zur Verfügung zu stellen.
    Febbs setzte sich wieder an den Frühstückstisch und aß mechanisch weiter.
    General Nitz: Febbs, ich möchte sogar so weit gehen und behaupten –
    Ach, zum Teufel damit, dachte Febbs mit wachsender, überwältigender Düsterkeit.

    4

    Gegen Mittag tauchte der leitende Ingenieur von Lanferman & Co., San Francisco und Los Angeles, der Firma, die nach Lars Powderdrys Entwürfen die Modelle, Prototypen und dergleichen herstellte, im New Yorker Büro von Mr. Lars Inc. auf.
    Pete Freid, hier aus langen Jahren der Erfahrung zu Hause, schlenderte mit runden Schultern und gebückt, aber nichtsdestoweniger hochgewachsen, in Lars' Arbeitszimmer. Lars trank gerade eine Lösung aus Honig und synthetischen Aminosäuren in zwanzigprozentigem Alkohol, ein Gegenmittel zur Verringerung körpereigener Bestandteile durch den Trancezustand, der im Lauf des Vormittags eingetreten war.
    »Was Sie da trinken, gehört, wie man festgestellt hat, zu den zehn Hauptursachen von Genitalkrebs«, sagte Pete. »Hören Sie lieber auf damit.«
    »Ich kann nicht aufhören«, erwiderte Lars. Sein Körper brauchte das, und außerdem machte Pete Witze. »Womit ich aufhören sollte ...«, sagte er und verstummte. Heute hatte er schon zuviel geredet, und das vor dem Mann von KACH, der, wenn er etwas taugte, sich erinnern, aufzeichnen und aufbewahren würde, was er hörte.
    Pete ging im Zimmer herum, für alle Ewigkeit infolge seiner übermäßigen Größe geduckt, nicht zuletzt auch, wie er unaufhörlich betonte, wegen seinem ›wehen Rücken‹. Worin dieser bestand, blieb unklar. Manchmal handelte es sich um einen Bandscheibenvorfall, dann wieder, nach Petes weitschweifigen Monologen, um eine lädierte Bandscheibe. Den Unterschied zwischen diesen beiden ewigen Leiden zu erläutern, wurde er niemals müde. Mittwochs, wie etwa heute, lag es an einer alten Kriegsverletzung. Darüber ließ er sich jetzt aus.
    »Klar«, sagte er zu Lars, die Hände in den Hüfttaschen seiner Arbeitshose. Er war an Bord des öffentlichen Jets dreitausend Meilen weit von der Westküste hierhergeflogen, in seiner ölverschmierten Werkstattkleidung, dazu, als Konzession der Gesellschaft gegenüber, eine zusammengewürgte, jetzt schwarze, ehemals aber grellbunte Krawatte. Der Schlips hing wie ein Führseil von seinem offenen verschwitzten Hemd, so, als sei Pete unter früheren Sklavenbedingungen periodisch damit zur Schlachtbank geführt worden. Ganz gewiß nicht auf die Weide. Trotz seiner geschwätzigen, ruhelosen, psychomotorisch getriebenen Art war er zur Arbeit geboren. Alles andere in seinem Leben – seine Frau und drei Kinder, seine Steckenpferde, seine Freundschaften – all das zerfiel zu Ruinen, wenn die Arbeitszeit begann. Und für ihn begann sie, wenn er um sechs oder halbsieben morgens die Augen öffnete. Er war, im Gegensatz zu dem, was Lars als neurologisch normales Menschentum betrachtete, ein hellwacher Frühaufsteher. Das lief auf einen Defekt hinaus. Und dies nach einem langen Abend mit Bier und Pizza bis zur Sperrstunde, mit oder ohne seine Frau Molly.
    »Was heißt ›klar‹?« sagte Lars und schlürfte sein Spezialgetränk. Er fühlte sich müde; der heutige Trancezustand hatte ihn so entnervt, daß das chemische Elixier wenig auszurichten vermochte. »Okay, Sie meinen: ›Klar, ich sollte meinen Job aufgeben.‹ Ich kenne die Rubrik, die Sie anzubieten haben. Offen gestanden, ich habe das schon so oft gehört, daß ich am liebsten ...«
    Pete unterbrach ihn mit seiner erregten, heiseren, drängenden Stimme: »Ach, den Teufel wissen Sie, was ich meine. Quatsch! Sie hören einfach nie
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