Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Kriegsbuch

Das Kriegsbuch

Titel: Das Kriegsbuch
Autoren: James Sallis (Hrsg)
Vom Netzwerk:
bewegte.
    Die nüchterne Stimme unseres Piloten tönte aus den Bordlautsprechern: »Es wird empfohlen, den Strahlenschutz auf die Sonnenseite zu nehmen. Wir beginnen gleich mit dem Transit.«
    (Beginnen? Die Qual mußte doch schon bald vorbei sein!)
    Nachdem wir uns ausgezogen und die Schutzschir me zwischen uns und die Sonne gebracht hatten, war es etwas erträglicher. Aber die Erleichterung war nur vo rübergehend, und bald ging die gewonnene Kühle wieder verloren.
    Als wir in der grausamen Strahlung erneut schwach zu werden begannen, als es überdies mehr denn je auf die Kursgenauigkeit ankam, begannen die Alarmgloc ken das greifbare Schweigen zu zerschmettern, und in den Bordlautsprechern brüllte eine Stimme: »Rot – Echo – drei – acht – vier.« Dann fiel eine andere Stimme ein: »Rot – Echo – drei – acht – acht.« Eine dritte Stimme vermeldete eine weitere Ortung, dann eine vierte und fünfte und so weiter, bis die Stimmen und das Gloc kenschrillen die Luft in ein fühlbares Vibrieren versetzten, das sich schließlich mit dem lauten Knistern eines Raum-Disrupters vermischte. Die Throngi hatten uns gefunden.
    Die Stimme des Königs – unseres Oberbefehlshabers – überlagerte die Ansagen der Ausgucks. »Kampfalarm!« sagte er. »Kampfanzüge anlegen! Sämtliche Stationen sind ab sofort ständig besetzt zu halten.«
    Auch wenn unsere Körper frei atmen konnten, war die Hitze schon kaum erträglich. Jetzt mußten wir uns in den harten Stoff der Anzüge zwängen und uns in diesen ofenähnlichen Gefängnissen abkapseln. Dann mußten wir in die heißen Löcher der Disrupter-Sichtluken kriechen und sinnlos durch schweißverschmierte Objektive starren. Im grellen Schein der Sonne waren die Echo-Orter kaum zu benutzen, ganz zu schweigen von den elektronischen Bildschirmen. Und doch sollten wir mit unseren unzuverlässigen Geräten die winzigen Punkte der throngischen Schiffe anpeilen. Da den Throngi Vakuum, Hitze oder Sonnenstrahlung nichts ausmachen und ihnen ein Einzelleben außerdem nicht viel bedeutet, bestehen ihre Kampfschiffe gerade aus einem Antrieb und einem einfachen Haltegestell, in dem der Pilot völlig frei sitzt, kaum daß seine Kiemen mit einer Sauerstoffmaske bedeckt sind. Entsprechend manövrieren diese Schiffe unter fast völliger Mißachtung aller Trägheitsgesetze. Während wir auf Kurs bleiben mußten, umschwirrten uns die Throngi wie Vögel. Man schwitzte sich ab, um ein Feindschiff ins Visier zu bekommen, und ehe man den Abzug ziehen konnte, war es verschwunden und vielleicht schon wieder hundertundfünfzig Kilometer entfernt. Ein oder zwei Throngi-Schiffe gingen in grellen Energieexplosionen auf, aber der weiße, mit purpurschwarzen Punkten durchsetzte Nebel verriet mir, daß unsere Verluste bestenfalls im Verhältnis vier zu eins dazu standen – wobei ein throngisches Schiff jeweils nur einen Piloten trug, während unsere Besatzungen mindestens aus zweihundert Männern bestanden.
    Nach einer Stunde wurde ich abgelöst und kämpfte mich zur Hauptkabine zurück, wo Bodwin am Kontrollbrett stand und über das Bordsystem lebhaft mit irgend jemandem diskutierte. Ich bekam nur noch das Ende des Gesprächs mit, das Bodwin mit den Worten schloß: »Etwas anderes können wir also nicht tun – wenn Sie unbedingt meinen.« Er unterbrach die Verbindung und wandte sich zu mir um; nach seinem Aus sehen zu urteilen war er ebenso müde wie ich. »Die Antriebsmechaniker sagen, daß die Maschine in kritischem Zustand ist«, sagte er. »Noch ein direkter Disrupter-Treffer, und das ganze Schiff geht in die Luft. Ich werde ein paar Strahlungsschirme zwischen uns und den Feind schieben müssen.« Ich nickte zustimmend, ohne die Folgen seines Vorhabens zu begreifen. Ich kam auch erst darauf, als die großen Schutzflächen um das Schiff herumrotierten und einen großen Teil der Schiffshülle der direkten Sonnenbestrahlung aussetzten.
    Wie lange, o Mutter, dauerte die Qual? Ich weiß es nicht. Jedenfalls war ich in den folgenden Stunden wohl nicht mehr bei vollem Bewußtsein, obwohl ich meinen Pflichten anscheinend nachgekommen bin. Doch jede Bewegung wollte sorgfältig überlegt sein, und bei der Ausführung erhob der Körper energisch Einspruch. Wir begannen eines langsamen Todes zu sterben und wären sicherlich nicht wieder aufgewacht, wenn unsere Schiffe ihren Flirt mit der Sonne nicht beendet hätten.
    Allerdings ging die Temperatur unendlich viel langsamer zurück, als sie gestiegen war, so
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher