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Das Kreuz des Zitronenkraemers

Das Kreuz des Zitronenkraemers

Titel: Das Kreuz des Zitronenkraemers
Autoren: Charlotte Bonerz , Johanna Kirchen
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leer. Wo war er?
    Ein plötzliches Knacken von Zweigen hinter ihrem Rücken ließ Annes Herz stocken.
     
    *
     
    Grau ragte der hoch eingezäunte und mit Stacheldraht gesicherte Bau in den Himmel.
    Durch seine quadratische Form wird er von den Treverern liebevoll „Kaffee Viereck“ genannt. Im Inneren war jedoch keine Ähnlichkeit mit einem Kaffee festzustellen. Es wurde Hannes auch keiner angeboten.
    Nachdem er alle persönlichen Habseligkeiten abgegeben hatte, durfte er seine „Suite“ betreten. Ein ca. 2 X 4 m kleiner Raum! Die vorgeschriebenen Maße des Zwingers für Paula sind größer! Dafür hatte die Zelle jedoch ein kleines Fenster mit Blick in die Natur. Bei Erklimmen der Toilettenschüssel war sogar das Grün des Eurener Waldes zu erspähen! Welch ein Luxus. Es gab ein winziges Waschbecken, erstaunlicherweise sogar mit Wasserhahn und an der anderen Wandseite ein schmales Bett. Erschöpft von allen Strapazen ließ Hannes sich auf die Pritsche sinken, um gleich darauf durch einen übel aufsteigenden Geruch wieder hochzufahren. Den Ursprung der Gerüche wollte Hannes sich lieber erst gar nicht vorstellen. In diesem Miefkörbchen würde nicht einmal Paula schlafen wollen.
    Hannes inspizierte einen kleinen Schrank aus Buchefurnier. Er fand saubere Bettwäsche! Wie schön doch die kleinen Freuden des Lebens sein konnten. Schnell überzog er die Matratze. So,  endlich hatte er Zeit zum Denken. Paula. Ob Anne sie wohl gefunden hatte? Vielleicht hätte er ihr doch die Wahrheit sagen sollen! Aber Anne regte sich immer so furchtbar auf.
    Wer war dieser Tote? Wieder und wieder spulte Hannes die Bilder vor seinem inneren Auge ab. Insgesamt wirkte der Mann sehr gepflegt. Glatt rasiert, Gel in den lackschwarzen Haaren, ordentliche Jagdkleidung. Olivgrüne Hose und Jacke. Das Hemd sandfarben. Der Einschuss mitten im Rücken. Bei der Blutmenge hatte es wohl Herz oder Lunge erwischt. Wo war der Schuss hergekommen? Hatte der Mörder direkt hinter ihm gestanden? Hannes überlegte. Oder er hatte in der Fichtenschonung gewartet! Ein gutes Versteck, hatte er doch selbst schon oft dort stundenlang verharrt, um auf Sauen zu jagen. Aber wie war der Mörder dorthin gekommen? Zu Fuß? Wohl kaum, die nächsten Dörfer waren alle mehr als acht Kilometer entfernt. Wo hatte er sein Auto versteckt? Hannes war kein Fahrzeug aufgefallen. Seine Gedanken wurden von einem Klopfen an der Tür unterbrochen. „Ihr Essen“, hörte er einen Wärter rufen, noch bevor die Tür aufgeschlossen war.   
    „Ich hoffe, Sie sind kein Vegetarier!“, begrüßte der Mann in Blau ihn freundlich. „Ab morgen können Sie ein Essen wählen. Heute gibt es Kasseler mit Sauerkraut und Salzkartoffeln.“ Er stellte einen spärlich gefüllten Teller auf den kleinen Tisch in der Ecke. Hannes Magen knurrte laut ein Dankeschön, schließlich hatte er den ganzen Tag noch nichts gegessen. Der Wärter verschwand und blechern krachte die Metalltür wieder zu.
    Nach dem Essen entledigte Hannes sich seiner inzwischen getrockneten, aber vor Dreck stehenden Hose und fiel erschöpft in die Kissen. Hoffentlich vergisst Peter morgen nicht, gegen Peronospora zu spritzen, dachte er müde. Peter war Hannes Saisonangestellter aus Polen. Bei dieser schwülen Witterung würde sich der Pilz auf den Weinreben schlagartig vermehren. Die für nächste Woche geplante Verkaufstour würde sich wohl aufs Unbekannte hinaus verschieben. Zum Glück hatte Hannes einen festen Kundenstamm, so dass er sich wenigstens um das Geschäft keine Sorgen zu machen brauchte. Und Anne würde sich sicherlich hervorragend um Paula kümmern.
    Etwas beruhigt fiel Häftling Harenberg in einen seltsamerweise traumlosen Schlaf.
     
    *
     
    Zuerst spürte Anne etwas Warmes und Weiches in ihrem Nacken. Ihr Atem setzte aus, sie hockte wie zur Salzsäule erstarrt. Dann hörte sie leises Winseln. Winseln?
    Der Schreck fiel von Anne ab wie ein schwerer Stein. Sie wirbelte herum und fiel Paula heulend um den Hals. Zum Dank bekam sie eine sabbernde Zunge quer durchs Gesicht gezogen. „Psst Paula, mach Platz und sei still.“ Anne blickte noch einmal aus dem Gebüsch. Der Mann blieb verschwunden. Endlich hörte sie weit weg ein Auto. Anne rappelte sich hoch und streifte das Laub von ihren Knien. „Komm schon Paula, wir müssen Barbara warnen.“
     
    Der Reitstall, eine Kombination aus Schulpferdebetrieb und Pensionspferdestall, war die Heimat von Annes Stute Pam. Malerisch eingebettet zwischen Wald und
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