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Das Kreuz des Zitronenkraemers

Das Kreuz des Zitronenkraemers

Titel: Das Kreuz des Zitronenkraemers
Autoren: Charlotte Bonerz , Johanna Kirchen
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hat mich vorhin angerufen, ich muss weiter, soll auch zum Präsidium.“
    Anne sah den Wagen im Rückspiegel davon hopsen. Oh mein Gott. Ihr Herz klopfte bis zum Hals. Die delikaten Einzelheiten des „Jagdunfalls“ hatte Hannes ihr also wohlweislich verschwiegen. Wahrscheinlich, damit sie sich nicht so aufregte, machte Anne sich doch auch so schon immer Sorgen um alles Mögliche und was vielleicht nicht alles passieren konnte. Ein ständiges Streitthema während ihrer Beziehung. Hannes war immer locker drauf und ließ dem Leben einfach seinen Lauf.
    Was hatte Gritzfeld eben gesagt? Hannes war verdächtig? Des Mordes?
    Wie im Traum fuhr Anne weiter. Die großen und scharfkantigen Schottersteine des Weges ließen sie aber bald anhalten und zu Fuß weitergehen.
    Sie rief nach Paula. Keine Spur von der Hündin.
    Das kann nicht sein! Das ist nicht wahr! Nie und nimmer. Hannes war kein Mörder. Anne spürte, wie sich ihre Schweißporen öffneten. Mein Gott, was sollte denn nun werden?
    Endlich erreichte sie mit keuchendem Atem das uralte Denkmal.
    Zögernd schaute Anne sich um. Sie sah abgebrochenes und platt gewalztes Gras, Abdrücke von vielen Füßen und dann sah sie noch etwas. Anne bückte sich und tastete mit dem Finger nach der feuchten Stelle auf der Erde. Ein brauner, dunkelroter Fleck im Gras. Klebrige, schmutzige Krümel lösten sich aus ihrer Hand. Angewidert zog sie ihre Finger zurück. Sie starrte auf das verfärbte Gras aus getrocknetem, geronnenem Blut.
    Anne sprang auf.
    Hier wollte sie nicht bleiben. Mit einer anwallenden Panik im Nacken rannte sie kopflos weiter und knallte dabei fast gegen das Steinkreuz.
    Atemlos blieb sie stehen. Die Inschrift des Denkmals war in einer Sprache und Schrift verfasst, die Anne nicht entziffern konnte. Daneben befand sich aber ein weißes Hinweisschildchen, welches besagte, dass genau an dieser Stelle der Zitronenkrämer Ambrosius Carove ermordet wurde, vermutlich von seinem Diener. Und das im Jahre 1687.
    Anne war schon auf ungezählten Ausritten mit ihrer Stute hier vorbeigekommen, aber für dieses Denkmal hatte sie sich noch nie näher interessiert. Laut der Hinweistafel hatten die Nachkommen des Ermordeten 200 Jahre nach der Bluttat das Steinkreuz zum Andenken ihres Urahns hier aufstellen lassen. Das sprach wohl für ein ausgeprägtes Ehrgefühl dieser Familie Carove. 200 Jahre und immer noch nicht vergessen!
    Das gibt’s doch nicht, dachte Anne zitternd. Solch einen Zufall kann es doch gar nicht geben. Neben der Inschrift war noch etwas in den Stein gemeißelt. Es war ein Wagen oder Karren, auf dem Vögel saßen und zurückschauten.
    An sich war das ja nichts Ungewöhnliches, eine Art Familienzeichen oder Wappen eben. Nur dieses Familienwappen hatte Anne jeden Tag vor Augen. Ein großes befand sich an der Fassade des Hauses in Trier, in dem sie wohnte und ein kleineres, ebenfalls in Stein gemeißelt, in ihrem Wohnzimmer über dem Kamin. Bislang war Anne immer stolz gewesen auf dieses besondere und extravagante „Accessoire“ ihrer Inneneinrichtung. Es war der Blickfang ihrer Wohnung schlechthin.
    Jetzt aber lief es Anne eiskalt den Rücken herunter und trotz der mittlerweile angenehm wärmenden Sonne fröstelte sie. Alles wurde immer unheimlicher.
    Dann hörte sie ein Auto. Weiter unten den Weg hinab Richtung Weinberge. Der Motor erstarb. Anne duckte sich. Sie verspürte Panik wie noch nie. Sie hörte jemanden hier heraufkommen. Gebückt strauchelte sie rückwärts in den Wald hinein. Immer weiter hinein in das dichter werdende Gebüsch, verschanzte Anne sich schließlich in einem Gestrüpp. Sie schob ein paar Äste zur Seite, um etwas sehen zu können.
    Sie erkannte fast nichts. Eine Person saß gebückt an der Stelle, an der sie eben selbst noch in die Blutlache gefasst hatte. Anne glaubte immer noch, die klebrigen Krümel an der Hand zu spüren.
    Wer war das? Anne hörte die Person fluchen. Eine männliche Stimme. Vielleicht ein Neugieriger, der von dem Mord gehört hatte und sich nun ärgerte, dass es nichts mehr zu sehen gab?
     
    Aber vielleicht war es ja auch der Mörder! Angeblich kehrten die ja immer zum Tatort zurück. Anne wusste vor lauter Angst nicht mehr, was sie tun sollte. Sie kauerte sich immer tiefer ins Gebüsch und schloss die Augen.
    Die Flucherei hatte aufgehört. Vielleicht konnte sie den Mann ja doch erkennen und Hannes damit entlasten?
    Vorsichtig schob sie das Gestrüpp beiseite. Der Mann war verschwunden. Der Platz am Zitronenkreuz
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