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Das katholische Abenteuer - eine Provokation

Das katholische Abenteuer - eine Provokation

Titel: Das katholische Abenteuer - eine Provokation
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt
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Bevölkerungsexplosion, mittlerweile überholt sein, denn nach christlichen Vorstellungen hat jeder Mensch zwei Engel – einen guten, der den Weg der Tugend weist, und einen bösen, der das Erdenkind verführen möchte.
     
    Wir organisieren Ausstellungen zu allem Möglichen, zu keltischer Nadelarbeit oder Ekstasetechniken der Naturvölker, der Propagandakunst der 30er Jahre oder Motorrädern im Wandel der Zeiten – wären nicht unsere Engel und ihre reiche ikonographische Geschichte auch eine wert? Und wie würde sie aussehen? Sie müsste sieben Räume umfassen.
    Beginnen müsste sie mit Engelsdarstellungen der Früh-Renaissance, die ein regelrechtes Engelfieber gesehen hat. Dann allerdings kam es mit den Verwüstungen Europas durch die Pest auch in der Malerei zunächst zu einem jähen Ende der Angelogie – offenbar hatte der Schwarze Tod den Glauben an höhere Wesen, die dem Menschen zum Schutze beigegeben waren, stark erschüttert.
    Zunächst müssten wir uns mit einigen typischen Merkmalen christlicher Engelsdarstellungen beschäftigen, etwa der Anzahl der Flügel und ihrer Größe, der Farbigkeit der Gewänder. Und wir müssten der paradoxen Frage nachgehen, wie die Körper körperloser Wesen dargestellt werden.
    In einem zweiten Raum würden wir uns mit den alttestamentlichen Engelsdarstellungen befassen: von der Vertreibung aus dem Paradies über Jakobs Kampf zur Tobias-Legende.
    In Raum drei sollte ein Sonderaspekt der Engelsdarstellungen betrachtet werden – die Verschmelzung von klassisch-griechischen und christlichen Motiven in Gemälden der Renaissance. Tatsächlich gab es ja auch im antiken Olymp Wesen mit Flügeln, etwa den beschwingten Götterboten Hermes,
in dem viele Wissenschaftler das Urbild des Erzengels Michael sehen.
    In Raum vier würde man sich mit Engelsgemälden in Schlüsselszenen des Neuen Testaments beschäftigen: mit der Verkündigung der Heiligen Jungfrau und ihrer Himmelfahrt. Mit Jesu Geburt, der Taufe und der Passion. Schließlich mit Engelsvisionen der großen christlichen Heiligen.
    Raum fünf wird sich einer eigenen Gattung von Engelsgemälden annehmen – der Engel als Musikanten, ja der Erfinder der Musik überhaupt. Denn schon die höchsten aller Engel, die Seraphim, sind, wie oben ausgeführt, in erster Linie damit beschäftigt, Gottes Ruhm und die Herrlichkeit seiner Schöpfung zu preisen – sie singen in Engelszungen.
    Im sechsten Saal sollte gezeigt werden, wie das Engelsmotiv in der Malerei säkularisiert wurde. Der Engel wird erotisch verkitscht oder zum Supermann verweltlicht, er wird als Postillon d’amour eingesetzt oder zur ehernen Bestätigung politischer Macht missbraucht, er findet sich in der Werbung ebenso wieder wie als Kühlerfigur auf Edelkarossen.
    Der siebte und letzte Saal schließlich müsste einen Bogen schlagen. Er begäbe sich gleichzeitig in die Schöpfungsfrühe und an das Ende der Zeiten. Hier widmete man sich den Darstellungen der Schlacht zwischen Himmel und Hölle, zwischen Michael und dem abtrünnigen Satan. Und hier müssten die apokalyptischen Engelsvorstellungen der Moderne zwischen den Weltkriegen beschrieben werden, in den Bildern Paul Klees, in den Gedichten der Else Lasker-Schüler, in den Meditationen des Philosophen Walter Benjamin. Und kehrte schließlich zurück zu den aktuellen Engelsdarstellungen des Broadway, wo unsere Reise begann.
    Den Besucher, der dieser Ausstellung verlässt, stelle ich mir gleichzeitig stiller und aufmerksamer vor. Und empfänglicher für jene Zwischenwelten, in denen wir beten oder hellwach träumen.

Zum Ausklang: Eine Glaubens-Safari
    Eine abschließende Reise zu Inseln und Asylen des Glaubens in einem glaubensfernen Land
     
    »In den alten Kirchen im Süden
Schlage ich manchmal das Kreuz
Um das Gespräch mit dem Heiligen
Zu erleichtern. Es wirkt … «
    Michael Krüger, Das Kreuz
     
     
     
    Der christliche Glaube ist aus dem Alltag verschwunden. Er regelt nicht mehr den Takt unseres Lebens, schon lange nicht mehr. Er hat sich in schwach besuchte Kirchen zurückgezogen. Doch er flammt auf, wenn es um Trost geht oder Freude. Dann meldet er sich zurück in diesen Zeiten aufgelöster Bindungen, zerfallender Strukturen, schwankender Orientierungen, als ob er nur geglimmt hätte. In einem Radiogespräch sagte der Verlagschef und Lyriker Michael Krüger vor ein paar Jahren, dass das »Christentum zwar vielleicht hinter einer Wolke verborgen« sei, »aber die Strahlungen, die es aussendet, finden sich
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