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Das Juwel der Elben

Das Juwel der Elben

Titel: Das Juwel der Elben
Autoren: Alfred Bekker
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Ebenen von Nieder-Elbiana, bis sie schließlich einen weiteren Fluss erreichten. Der Tir war gegen diesen reißenden Strom kaum mehr als ein schmaler Bach, so wollte es Daron erscheinen.
    „Der Nur!“ , durchfuhr es ihn. Wenn er Hochwasser führte, war er so breit, dass man ihn auch für ein schmales Meer halten konnte. Er war der mächtigste Strom des ganzen Zwischenlandes. Im Gebirge von Nordbergen entsprang er in einem See und schlängelte sich von dort bis ins Zwischenländische Meer.
    Daron und Sarwen hatten diesen Strom schon einmal überquert, als man sie nach Elbenhaven an den Hof des Elbenkönigs gebracht hatte. Viele Jahre war das her.
    „Damals waren wir noch klein“, dachte Daron – und zwar so, dass Sarwen es registrieren konnte.
    „In der Zwischenzeit hätten wir größer werden können, als wir jetzt sind“, hielt Sarwen ihm entgegen.
    „Darüber können wir uns ein anderes Mal streiten“, erwiderte Daron laut. Im Moment jedenfalls hätte es ihnen nicht das Geringste genutzt, bereits größer zu sein.
    „Aber es ist doch wahr!“ , empfing Daron einen übel gelaunten Gedanken seine Schwester, die in diesem Punkt anderer Ansicht war. Daron erinnerte sich an die Brücke von Mina Sar, die weiter südwestlich über den Strom führte. Eine Brücke, die durch Magie geschaffen worden war, wie viele andere Bauwerke der Elben auch, weswegen sie ständiger magischer Pflege bedurfte, damit sie nicht eines Tages einfach verschwand.
    Rarax trug sie über den breiten Strom, auf den ein reger Schiffsverkehr herrschte.
    Der Nur bildete die Grenze von Elbiana. Dahinter lag das Waldreich, das fast ganz von undurchdringlichem Urwald bedeckt wurde. Mancherlei sonderbare Geschöpfe lebten dort. Aber vor allem wurde es von den Zentauren beherrscht. Diese stolzen Wesen, die wie eine Mischung aus Mensch und Pferd aussahen, waren von jeher treue Verbündete der Elben, die zusammen mit König Keandir gegen die wilden Trorks gekämpft hatten.
    Inzwischen stand der Mond hoch und fahl am Himmel. Vom Erdreich war kaum etwas zu sehen. Es blieb unter dem Blätterdach verborgen. Nur hin und wieder glaubte Daron, auf einer Lichtung den Schatten eines Zentauren zu sehen, doch selbst die sehr scharfen Elbenaugen der Zwillinge konnten nichts Genaueres ausmachen.
    Ein seltsamer Chor von unheimlichen Tierstimmen drang aus dem dichten Urwald empor. In den Bäumen kletterten nur als Schatten sichtbare Wesen, irgendeine Affenart vielleicht.
    Vögel wurden durch das Auftauchen des Riesenfledertiers aufgescheucht. Rarax schien daran Freude zu haben, denn er flog auf einmal besonders tief, sodass ganze Schwärme von Federvieh aufflatterten, und Rarax stieß dann jedes Mal Laute aus, die an das meckernde Lachen einer Ziege erinnerten.
    Seine Fluggeschwindigkeit hatte das Riesenfledertier inzwischen deutlich verlangsamt. Vielleicht suchte es irgendetwas am Boden dieses nahezu vollkommen bewaldeten Landes. Möglicherweise war aber auch endlich das eingetreten, worauf die beiden Elbenkinder schon seit langem warteten, und das Riesenfledertier war müde geworden.
    „Großvater wird sich längst Sorgen machen“, glaubte Sarwen.
    „ Erzählt er nicht immer, dass er schon einmal im Waldreich und sogar im Wilderland war? Warum sollte er uns also nicht zurückholen?“
    Die schrillen, fast wie Gelächter klingenden Laut, die Rarax daraufhin hören ließ, wirkte fast wie eine Antwort auf Sarwens Gedanken. 

Kapitel 4
    Ausgesetzt im Wilderland
    Rarax hatte sein Flugtempo verlangsamt. Inzwischen machten sich auch bei ihm erste Zeichen der Erschöpfung bemerkbar. In Daron keimte bereits die Hoffnung auf, dass es ihm und Sarwen vielleicht doch noch gelingen konnte, das Riesenfledertier wieder zum Umdrehen zu bewegen.
    Rarax flog sehr tief. Kaum eine Mannlänge trennte ihn von den Baumwipfeln, die voll von unheimlichem schattenhaftem Leben waren. Der Morgen graute bereits, als sie schließlich einen weiteren Fluss erreichten. Er war nicht so breit wie der Nur, und außerdem floss er Richtung Norden. Oft hatte Daron mit seinem Großvater zusammen die Karten des Zwischenlandes betrachtet, und König Keandir hatte ihm gezeigt, welche Flüsse, Berge und Küsten die Grenzen von Elbiana und anderer Reiche bildeten. „Ein zukünftiger Herrscher sollte die Grenzen seines Reiches kennen“, waren dem Elbenjungen die Worte eines Großvaters noch im Ohr.
    Darum erinnerte sich Daron auch noch sehr gut an die besondere Form, die das nach Norden führende
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