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Das juengste Gericht

Das juengste Gericht

Titel: Das juengste Gericht
Autoren: Udo Scheu
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zu Dunkel. »Sie hatten Gelegenheit, mit Ihrer Mandantin zu sprechen und sie zu beraten. Wie wollen Sie es halten? Wird Frau Krawinckel Angaben zur Sache machen?« Dunkel zog seine Bügelfalten hoch und nahm seine randlose Brille von der Nase. Er zog ein Etui aus der Brusttasche, entnahm ihm ein Putztuch und reinigte seine Brillengläser. Anschließend setzte er seine Brille wieder auf und rückte sie noch mehrere Male hin und her. »Wir sagen aus.«
    Schultz machte eine gleichmütige Bewegung und setzte sich dann gegenüber von Ellen Krawinckel in Positur. »Gut! Ich möchte zunächst ein paar Randfragen klären, um mir ein Bild machen zu können, wie die Begleitumstände bei dem Tod Sunitas von Ihnen gesehen werden. Sie sollen den Auftrag erteilt haben, den Adoptivvater von Sunita, Wolfgang Beuchert, zu überfallen. Trifft das zu und, wenn ja, aus welchem Grund? Gibt es einen Zusammenhang mit dem Tod von Sunita?«
    Ellen Krawinckel warf einen überraschten Blick zu Dunkel. Der runzelte die Stirn und schien einen Moment zu überlegen. »Da ich keine Verbindung zu dem Tötungsdelikt gesehen habe, habe ich diesen Teilsachverhalt nicht mit meiner Mandantin erörtert. Gleichwohl, es bleibt dabei, dass wir aussagen. Frau Krawinckel, bitte. Es ist Ihre einzige Chance.«
    Trotz der vielen Menschen in dem Raum herrschte plötzlich eine erwartungsvolle Stille. Die metallische Stimme Ellen Krawinckels platzte in die Spannung, als hätte ein Opernbesucher an der falschen Stelle mit dem Klatschen begonnen. »Wer behauptet, dass ich den Überfall auf Beuchert in Auftrag gegeben hätte? Das möchte ich zuerst wissen, bevor ich antworte.«
    »Ihr Vater«, sagte Schultz.
    Das Gesicht von Ellen Krawinckel verfiel noch mehr.
    In ruhigem Ton fuhr Schultz fort. »Außerdem gibt es zu seiner Aussage einen passenden Beleg. Am Todestag von Sunita wurden von Ihrem Konto bei der Deutschen Bank 3.000 Euro abgehoben. Das entspricht genau der Summe, die Sie dem Täter versprochen haben sollen.«
    »Sagt Herr Andreas Wegmann, dass ich ihm den Auftrag erteilt haben soll?«, fragte Ellen Krawinckel.
    Schultz hob die Hand. »Nein, das tut er nicht. Versprochen haben Sie die Summe Ihrem Bruder. Ich möchte an der Stelle anmerken, dass wir hier die Fragen stellen und nicht Sie, Frau Krawinckel. Ihre Antwort, bitte.«
    Ellen Krawinckel ließ ihren Kopf pendeln. Ihr Blick drückte Bitterkeit aus. »Das nennt sich Familie. Ich weiß, warum ich sie alle verachte. Ich gebe zu, dass ich meinem Bruder diesen Auftrag erteilt habe. Er belästigte mich ständig mit Geldwünschen. Um des lieben Friedens willen kam ich ihm häufig entgegen. Phillip bemerkte das nicht. Er ist großzügig und kontrolliert meine Ausgaben nicht. Außerdem hätte er nie etwas dagegen gehabt. Da mich die ungebremste Gier meines Bruders nervte, entwickelte ich die Idee, dass er dafür etwas arbeiten sollte.«
    »Ich verstehe«, sagte Schultz. »Aus welchem Grund beauftragten Sie Ihren Bruder mit dem Überfall auf Herrn Beuchert?«
    »Beuchert forderte ebenfalls ständig Geld. Es war ekelhaft zu sehen, wie er Phillips Gutmütigkeit ausnutzte. Ich wollte dem ein Ende setzen. Im Zuge der Untersuchungen von Sunitas Tod geriet Phillip immer mehr unter Druck. Er hatte Beuchert mit dem schriftlichen Geständnis der sexuellen Zudringlichkeit gegenüber Lisa-Marie in der Hand. Beuchert musste deshalb kuschen und lebte in der Angst, Phillip werde von dem Schriftstück Gebrauch machen. Andererseits sorgte sich Phillip, dass seine besondere Beziehung zu Sunita bekannt würde und ihm durch eine öffentliche Diskussion die gesellschaftliche Basis verloren ginge. In dieser Situation wollte ich Phillip helfen. Mir kam die Idee, Beuchert durch die spezielle Misshandlung seiner Geschlechtsteile in Verdacht zu bringen, er habe zu Sunita eine unerlaubte sexuelle Beziehung unterhalten. Damit wollte ich eine falsche Spur legen und von Phillip ablenken.«
    »Sie haben also von den sexuellen Praktiken Ihres Mannes mit der kleinen Sunita gewusst«, stellte Diener fest.
    »Sagen Sie nicht, dass sie klein war. In dem Kulturkreis, aus dem sie kam, wäre sie im heiratsfähigen Alter gewesen. Ehrlich gesagt, war mir alles klar, wenn wir dieses Thema auch nie ausdrücklich besprochen haben. Sie nutzte aus, dass er sich mit ihr ungeniert vergnügen konnte, ohne an seinen sexuellen Versagensängsten zu verzweifeln. Ich freute mich für meinen Mann. Er ging jedoch nicht aufrichtig mit dieser Beziehung um, weil er sie
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