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Das juengste Gericht

Das juengste Gericht

Titel: Das juengste Gericht
Autoren: Udo Scheu
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nach einer kurzen Zeit des Zuhörens blankes Entsetzen ab.

39. Kapitel
    Absperrgitter über Absperrgitter. Davor Dutzende von Bereitschaftspolizisten in voller Montur, Arm in Arm eingehängt, um dem Druck auf den abgeschirmten Bereich standzuhalten. Hinter den Abzäunungen ein Gewimmel von gestikulierenden Menschen, bestückt mit Fotoapparaten, Kameras und Mikrofonen. Blitzlichter flammten auf. Unzählige Körper pressten und schoben sich in dem Wissen gegen die Absperrungen, dass diese ebenso verrückbar waren wie die Polizisten.
    Schreiner saß hinter dem Steuer und grinste, so dass seine Narben im Gesicht rot hervortraten. Diese Situation gefiel ihm. Hier war endlich wieder etwas los. Mit instinktivem Gefühl für die Seitenbegrenzung des Fahrzeugs fuhr er in eine von den Polizeibeamten freigehaltene Gasse, die an der elektronisch gesicherten Zugangstür zu den Haftzellen endete.
    Als das Auto die Einfahrt passiert und das hohe Eisentor sich wieder geschlossen hatte, atmete Schultz auf. Sein Anruf bei Kaschinski war wohl einer seherischen Qualität entsprungen. Alles schien geklappt zu haben.
    Vor der Tür des Dienstzimmers von Schultz und Diener standen schon Rechtsanwalt Doktor Dunkel und Köhler. Dunkel war ein gepflegter älterer Herr, der einen maßgeschneiderten Anzug trug. Sein Äußeres vermittelte Seriosität.
    Dunkel unterbrach seine Unterhaltung mit Köhler und grüßte Schultz. »Schön, dass wir wieder einmal miteinander zu tun haben. Sie gestatten, dass ich mit meiner Mandantin unter vier Augen sprechen kann? Anschließend unterrichte ich Sie sofort, ob wir Angaben zu dem Vorwurf machen oder heute schweigen.«
    Schultz nickte. »Dieses Recht steht Ihnen zu.«
    »Darf ich vorher einen Blick in die Akten werfen, damit ich weiß, wie ich die Mandantin beraten soll?«
    Schultz schüttelte den Kopf. »Insoweit kann ich Ihnen nicht entgegenkommen. Die Akten sind noch sehr bruchstückhaft. Sie vermitteln deshalb kein vollständiges Bild der Beweislage. Ich bin aber gerne bereit, Ihnen jetzt den wesentlichen Stand der Ermittlungen mitzuteilen.«
    »Kein Problem. Wir kennen uns lange genug. Ich vertraue Ihnen.«
    Schultz und Dunkel gingen ans Ende des Flurs. Sie besprachen sich für eine kurze Zeit und kehrten dann zurück.
    »Wo ist eigentlich der Pflichtverteidiger geblieben, den wir vorsorglich bestellt hatten?«, fragte Schultz.
    Dunkel lachte. »Den Kollegen habe ich sofort nach meiner Ankunft nach Hause geschickt. Er geht ja dadurch finanziell nicht leer aus.«
    Breidel und Schreiner begleiteten Dunkel und Ellen Krawinckel zurück in den kürzeren Teil des Flurs im Erdgeschoss, wo sich die Haftzellen und die Besuchsräume für die Anwälte befanden.
    Währenddessen nahmen Köhler und Schultz in dessen Dienstzimmer Platz. Diener nahm die Kaffeekanne, um in der Teeküche Wasser zu holen. Er drehte dabei den Kopf nach hinten zu Köhler. »Warten Sie bitte mit Ihrem Bericht, bis ich wieder zurück bin. Ich bin von Natur aus neugierig.«
    Mit zufriedenem Lächeln holte Schultz ein Kästchen mit Nougatpralinen aus seiner Schreibtischschublade und legte sie auf den Tisch. Auffordernd sah er zu Köhler hinüber. »Bitte! Die sind für uns alle.« Er fixierte Köhler und setzte eine erwartungsvolle Miene auf. »Das Wichtigste weiß ich schon aus einigen knappen Bemerkungen von Frau Breidel. Da zu viele Ohren zuhörten, konnte sie mir nur das Ergebnis mitteilen. Jetzt bin ich auf die Einzelheiten gespannt. Bisher bestreitet Frau Krawinckel nämlich die Tat.«
    Köhler lehnte sich zurück und prüfte den Sitz seiner Frisur. Seine Wangen färbten sich dunkelrot wie auf den Holzfiguren der Weihnachtsengel aus dem Erzgebirge. »Ich erspare Ihnen die Details, auf welchem Weg ich schließlich die Erreichbarkeit von Frau Vincenzo ermittelt habe. Das wäre ein Kapitel für sich. Jedenfalls bekam ich sie nach zahllosen Versuchen ans Telefon. Eine nette und kooperative Frau. Sie war erst etwas skeptisch, als ich ihr sagte, worum es ging. Zu Recht machte sie geltend, dass sie ihre wirtschaftlichen Interessen verletzen würde, wenn sie einfach einem Anrufer Auskünfte über Geschäftsabläufe erteilen würde.«
    »Das kann ich sehr gut verstehen«, sagte Schultz und schluckte den Rest der Praline. »Das Juweliergeschäft Friedrich hat schließlich einen ausgezeichneten Ruf. Es ist schwer, einen solchen zu erwerben, aber leicht, ihn zu verlieren.«
    Köhler lächelte. »Jedenfalls bot ich ihr an, mich unter Vermittlung der
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