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Das juengste Gericht

Das juengste Gericht

Titel: Das juengste Gericht
Autoren: Udo Scheu
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Polizei zurückzurufen.« Er reckte sich. »Sie hatte sich allerdings schon ein Bild von mir gemacht und versprach, mir zu helfen. Anschließend erklärte ich ihr die Einzelheiten.«
    Diener goss Kaffee ein. Schultz steckte sich eine Zigarre an. Köhler stand auf und klappte das Fenster. »Frau Vincenzo berichtete mir, dass Frau Krawinckel schon vor einiger Zeit bei ihr gewesen sei, um diese beiden Anhänger in Auftrag zu geben. Wann dies genau gewesen sei, könne sie aus der Erinnerung nicht sagen. Dazu müsse sie erst nach ihrer Rückkehr aus Italien im Geschäft in Frankfurt die Unterlagen einsehen.«
    Schultz steckte sich wieder eine Praline in den Mund und nickte. »Das ist nachvollziehbar.«
    »Ellen Krawinckel habe eine mit Hand gezeichnete Skizze für die Fertigung des Anhängers dabeigehabt«, fuhr Köhler fort.
    »Erklärungen, wofür sie diese speziellen Schmuckstücke gearbeitet haben wolle, habe sie nicht abgegeben. Frau Vincenzo will auch nicht danach gefragt haben. Ellen Krawinckel habe einige Zeit später die Anhänger selbst abgeholt und zwei identische Goldkettchen dazu ausgesucht.«
    Diener trank einen Schluck Kaffee und streifte seine halblangen blonden Haare nach hinten. »War bei beiden Besuchen nie eine weitere Person dabei, zum Beispiel Kellermann?«
    Köhler schüttelte den Kopf. »Ellen Krawinckel sei bei dem dritten Besuch allein gewesen. Bei der Gelegenheit habe sie den Abholschein erhalten, den wir bei der Durchsuchung gefunden haben.«
    Schultz schien einen Augenblick arithmetische Probleme zu haben. Dann nickte er. »Konnte sich Frau Vincenzo insoweit auf Allerheiligen festlegen?«
    »Ohne jeden Zweifel. Sie erinnerte sich deshalb so genau, weil an diesem Tag zahlreiche Besucher aus Rheinland-Pfalz und Bayern wegen des dortigen Feiertags in das Geschäft kamen. Frau Vincenzo will die Frage gestellt haben, warum sich Ellen Krawinckel nicht einen ruhigeren Tag ausgesucht habe. Ellen Krawinckel soll dies mit der Eilbedürftigkeit begründet haben«, sagte Köhler.
    Diener rieb sich die Hände. »Das ist wirklich eine absolut glaubhafte Begründung, zumal Frau Vincenzo sicher kein Interesse haben dürfte, Ellen Krawinckel zu Unrecht zu belasten.«
    Köhler stimmte ihm mit einer Kopfbewegung zu. »Frau Vincenzo konnte sich überdies an das Kundengespräch an Allerheiligen genau erinnern. Ellen Krawinckel habe den gleichen Anhänger wie auf der Skizze mit der Goldkette ein weiteres Mal in Auftrag gegeben. Sie habe erklärt, ihre Kette beim Sport verloren zu haben. Dies sei ihr vor ihrem Mann peinlich, da die Anhänger einen persönlichen Bezug hätten.«
    Schultz hob den Zeigefinger, um Köhler zu unterbrechen.
    »Konnte sich Frau Vincenzo erinnern, zu welcher Uhrzeit Ellen Krawinckel das Geschäft aufgesucht hatte?«
    »Selbst das«, sagte Köhler. »Wenn auch nicht auf die Minute genau. Sie meinte, bereits nach Ladenöffnung um zehn Uhr morgens seien vor der Tür wartende Kunden in den Laden geströmt. Das Personal einschließlich ihrer Person habe sich bemüht, dem Andrang zügig gerecht zu werden. Genau in dieser Phase habe auch Frau Krawinckel das Geschäft betreten. Frau Vincenzo erinnert sich deshalb so gut, weil sie ihr gerade aufgenommenes erstes Verkaufsgespräch unterbrach, um Ellen Krawinckel bevorzugt zu bedienen. Schließlich habe es sich bei ihr um eine Stammkundin gehandelt.«
    Schultz schmunzelte. »Ich vermute, dass Frau Vincenzo allerdings nicht mit Sicherheit sagen konnte, ob Ellen Krawinckel bei dem Besuch an Allerheiligen eine derartige Kette mit Anhänger trug.«
    Köhlers Miene drückte Verunsicherung aus. Seine Wangen glühten. »Ich gebe zu, dass ich danach nicht gefragt habe. Wie hätte das sein können?«
    »Herr Kellermann vermisst sein Schmuckstück. Es könnte sein, dass Ellen Krawinckel sich bei ihm Ersatz beschafft hat. Schließlich hatte sie in ihrem eigenen Haus überall Zutritt.«
    »Ich bedaure«, sagte Köhler. »Diese Variante war mir zum Zeitpunkt meines Gesprächs mit Frau Vincenzo noch nicht bekannt.«
    Es klopfte. An der Handschelle von Frau Breidel trat Ellen Krawinckel ein. Hinter ihr folgten Dunkel und Schreiner. Ellen Krawinckel trug einen weit geschnittenen roten Strickpullover, der ihre Figur, vor allem ihre starke Oberweite betonte. Gleichwohl verbarg das Äußere nicht ihren erschöpften Zustand, der sich in ihrem Gesicht abzeichnete. Sie schien gealtert.
    Nachdem alle Platz genommen hatten, belehrte Schultz Ellen Krawinckel. Dann schaute er
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