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Das Jesuskomplott. Thriller (German Edition)

Das Jesuskomplott. Thriller (German Edition)

Titel: Das Jesuskomplott. Thriller (German Edition)
Autoren: Béla Bolten
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verziert. Um den oberen Rand lief ein fein ziseliertes Band mit floralen Mustern, auf den beiden Seiten befand sich je eine Rosette.
    «Hoffentlich ist es beschriftet», flüsterte Henderson. Engel wischte die Frontseite ab.
    «Ja, wir haben Glück.»
    Er ging in die Hocke und begann langsam, jeden Buchstaben betonend, zu lesen:
    «Jesus, Josefs Sohn.»
    Anschließend hielt es ihn nicht auf den Beinen, und er setzte sich schwer atmend in den staubigen Boden. Henderson stützte sich mit beiden Händen auf dem Rand des Kastens ab. Ohne Vorankündigung, wie von einer Eingebung getrieben, hob er ruckartig den Deckel hoch.
    «O Gott!»
    Der Engländer schwankte, und Engel sprang auf, um ihn zu stützen. Als er neben ihm stand und in das Ossuarium sah, wurde ihm für einen Moment schwarz vor Augen. Aus dem Dunkel der Truhe blickten ihn die leeren Augen eines vollständig erhaltenen Schädels an.
    Henderson war nicht mehr zu halten. Wie in einer Trance drehte er sich wieder und wieder um die eigene Achse. Als er zum Stillstand kam, breitete er die Arme aus wie ein Priester und rief:
    «Die Heilige Familie.»

Fünfzehn Tage vor der Auferstehung
     
     
    Zärtlich strich sie ihm eine Haarsträhne aus dem Gesicht, zupfte das seidene Halstuch glatt, das sie ihm zum Geburtstag geschenkt hatte, und umfasste seine faltigen, von hervorstehenden bläulichen Adern durchzogene Hand.
    «Ich komme wieder.»
    Sie schaute ihn an, und obwohl sie keine Reaktion erwartet hatte, war sie enttäuscht, dass er die Augen weiterhin starr auf das Fenster richtete und sie keines Blickes, geschweige denn einer Geste oder eines Lautes würdigte.
    «Phir milenge.»
    Jedes Mal, wenn sie sich auf Hindi verabschiedete, hoffte sie auf ein wenn auch noch so kleines Zeichen des Verstehens, wie er sie noch vor Monaten beim Klang der altvertrauten Sprache gezeigt hatte. Es blieb auch diesmal aus. Seufzend drehte sie sich um und verließ das Zimmer, ohne sich noch einmal umzusehen. Auf dem Flur atmete sie zwei Mal tief ein und schloss für einige Sekunden die Augen. Als sie sich nach rechts in Richtung Fahrstuhl wandte, sah sie ihn auf einem der Besucherstühle sitzen. Wie immer trug er einen perfekt geschnittenen schwarzen Anzug und hatte die Beine lässig übereinandergeschlagen. Er lächelte sie an und winkte ihr fröhlich zu, was in dieser Umgebung deplatziert wirkte. Als sie langsam auf ihn zuging, stand er auf, strich sich die Hosenbeine glatt und schloss das Jackett. Wie konnte man nur so eitel sein? War das nicht eine Sünde?
    «Guten Tag, Mrs. Nuri», sprach er sie in einem deutlich italienisch eingefärbten Englisch an. «Wie geht es Ihrem Vater?»
    Als ob er das nicht genau weiß, dachte sie und antwortete knapp:
    «Unverändert.»
    «Nun ja, die Krankheit ist nicht aufzuhalten, aber hier bekommt er die beste Betreuung, die man auf diesem Planeten für Geld kaufen kann.»
    Wie schnell er heute zur Sache kam. Sonst verwickelte er sie in minutenlange Plaudereien über das Wetter oder das immer schlimmer werdende Verkehrschaos in London. Er schien es eilig zu haben, und ihr war es recht. Er zog einen zweiten Stuhl heran und wartete, bis sie sich gesetzt hatte, ehe er seinen Sitz näher heranrückte und ebenfalls Platz nahm. Sein Gesicht war ihr so nah, dass der Knoblauchgestank aus seinem Mund ihr Übelkeit verursachte.
    «Was gibt es Neues im Büro?»
    Sie wusste fast lachen wegen dieser Frage. Er war immer auf der Hut, witterte überall Wanzen und versteckte Kameras. Wenn jemand mithörte, sollte er glauben, sie redeten über alltäglichen Bürotratsch.
    «Nichts Neues, der Chef ist seit Wochen unterwegs. Im Moment hält er sich in Jerusalem auf, soweit ich weiß.»
    «Davon haben wir gehört. Was gibt es denn dort so Wichtiges?»
    «Ich weiß es nicht, aber es muss sich um eine große Sache handeln. Für alle Mitarbeiter gilt ab Montag eine unbefristete Urlaubssperre. Außerdem verstärkt er die Mannschaft um Externe. Das hat er noch nie getan.»
    «Kennen Sie die Namen?»
    Sie lehnte sich zurück, froh, dem Mundgeruch ihres Gesprächspartners wenigstens ein wenig zu entgehen, und zog ein Blatt Papier aus der Tasche.
    «Natürlich. Schließlich habe ich ihre Verträge ausgearbeitet und die Flugtickets gebucht. Nächste Woche treffen sie alle in London ein.»
    Er nahm das Blatt, warf einen kurzen Blick darauf und steckte es in eine schwarz glänzende Ledertasche, die an ein Stuhlbein gelehnt war.
    «Noch etwas», sagte sie, dabei ihren Stuhl
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