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Das Jesuskomplott. Thriller (German Edition)

Das Jesuskomplott. Thriller (German Edition)

Titel: Das Jesuskomplott. Thriller (German Edition)
Autoren: Béla Bolten
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zurückschiebend. «Die Verträge mit den Neuen enthalten eine merkwürdige Klausel. Ich habe Ihnen eine Kopie gemacht, schauen Sie mal hier.»
    Sie zog einige weitere, von einer Büroklammer zusammengehaltene Papiere aus der Tasche, blätterte sie kurz durch und tippte mit dem Finger auf einen Absatz.
    Als er die entsprechende Passage gelesen hatte, sprang er auf, murmelte etwas und ging grußlos und eiligen Schrittes zum Ausgang, ohne sie, wie sonst bei jedem Besuch üblich, darauf hinzuweisen, dass die komfortable Unterbringung ihres Vaters nur von ihrer Kooperationsbereitschaft abhinge.
     
    ***
     
    Thomas Engel schloss die Tür der Wallfahrtskapelle und zog den Mantel fester um seinen Körper. Nachdem der Winter bisher viel zu mild gewesen war, schlug er jetzt mit aller Macht zu. Minus acht Grad hatte das Thermometer heute Morgen gezeigt, und der schneidende Wind ließ die Kälte noch unangenehmer erscheinen. Eigentlich schickt man bei so einem Wetter keinen Hund vor die Tür, aber er wollte nachsehen, ob die seit Tagen defekte Alarmanlage endlich repariert worden war. Die Wallfahrt zur Schwarzen Madonna lockte zwar nicht mehr wie früher Tausende Pilger an, doch das hölzerne Gnadenbild war immer noch von hohem, nicht nur materiellem Wert. Er ging schnellen Schrittes in Richtung Pfarrhaus. Ein entgegenkommender Passant zog den Hut und grüßte ihn freundlich und mit Respekt. Das war nicht immer so gewesen, denn seine Gemeinde hatte sich anfangs schwer mit ihm getan - und er mit ihr. Sie verstanden ihn einfach nicht. Gott sei Dank fasste sich Claudia, seine Pfarramtsassistentin, eines Tages ein Herz.
    «Schauen Sie in Ihre Kirche, Herr Pfarrer», damals siezten sie sich noch, «was sehen Sie da? Alte Menschen. Die wollen nicht wissen, wie man neuerdings die Heilige Schrift interpretiert. Die verstehen nicht, was Sie mit mystischen Zugängen zur Transzendenz meinen. Die erwarten einfach die gleichen Geschichten, die man ihnen schon als Kind von der Kanzel verkündete. Nicht nur, weil sie dadurch an ihre Kindheit erinnert werden, sondern vor allem, weil sie daran glauben.»
    Er stellte seine Predigten um, hielt sich mehr an die Traditionen, ohne auf theologischen Tiefgang zu verzichten. Provokationen unterließ er fortan, und er mutete den Kirchgängern keine Antithesen zu Bibelausschnitten mehr zu. Vielmehr nahm er das Wort und legte es aus - so, wie es Generationen von Pfarrern überall auf der Welt Sonntag für Sonntag taten. Nach einigen Wochen fiel ihm auf, dass er in aufmerksame Gesichter blickte, wenn er von der Kanzel heruntersah. Völlig zufrieden war er, als er im Vorbeigehen eine Frau zu ihrem Mann sagen hörte: «Heute hat er aber gut gepredigt, der Pfarrer Engel.»
    Um weiter auf der Höhe der theologischen Debatte zu bleiben, schrieb er sich an der Universität ein und bildete sich zum Religionslehrer aus. Das Staatsexamen hatte er vor einem Jahr abgelegt. Seitdem unterrichtete er zwei Mal in der Woche in der Oberstufe des Gymnasiums. Mit seinen Schülern konnte er die Auseinandersetzungen führen, die er in der Kirchengemeinde vermisste.
    Vielleicht ergab sich heute Abend die Gelegenheit zu einem anregenden Gespräch, obwohl er nicht sicher war, was ihn erwartete. Als sich gestern Kornmann persönlich am Telefon meldete, dachte er an einen Kinderstreich. Ein Kleinstadtpfarrer sah seinen Bischof ungefähr so oft wie ein Ortsvorsitzender der CDU seine Kanzlerin.
    «Haben Sie morgen Abend Zeit, mein lieber Engel? Ich würde Sie gerne besuchen und einen ganz speziellen Gast mitbringen.»
    Wie konnte er da Nein sagen ‒ obwohl heute der Besuch beim Frauenkreis auf dem Programm stand. Die Damen würden enttäuscht sein, dass sie ihn nicht mit ihrem selbst gemachten Kartoffelsalat verwöhnen konnten.
    Als er das Pfarrhaus erreichte, sah er die Limousine des Bischofs vorfahren, also beschloss er, die hohen Herren gleich hier zu empfangen. Der Wagen hielt unmittelbar vor der Haustür, und Kornmann stieg mit einer für sein Alter erstaunlichen Leichtigkeit aus. Er trug den üblichen schwarzen Anzug mit Beffchen – dem steifen, unbequemen Priesterkragen. Sein Haar wurde zwar von Jahr zu Jahr schütterer, aber seine Augen strahlten noch die geistige Frische aus, die Engel an seinem ehemaligen Professor so geschätzt hatte. Er ging mit ausgestreckter Hand auf ihn zu:
    «Mein lieber Engel, wir sind doch nicht zu früh?»
    Ohne eine Antwort abzuwarten, winkte er den zweiten Gast heran. «Ich möchte dir John di
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