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Das Jesuskomplott. Thriller (German Edition)

Das Jesuskomplott. Thriller (German Edition)

Titel: Das Jesuskomplott. Thriller (German Edition)
Autoren: Béla Bolten
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abgeschnitten waren. Er hatte oft versucht, diesen Geruch zu beschreiben, aber erst bei einer Thailandreise war ihm etwas Ähnliches begegnet. Er war bei einer Familie zum Abendessen eingeladen, und als Dessert servierten sie Durian. Europäer bezeichnen sie oft als «Stinkfrucht», und in der Tat geht von ihr eine derart eigenartige Ausdünstung aus, dass es verboten ist, sie in den öffentlichen Verkehrsmitteln Bangkoks bei sich zu haben. Im typischen Durian-Geruch mischen sich süßliche, fast schokoladige Töne mit dem Duft von Erde und sehr altem Käse. Dazu ein bisschen gefettetes Sattelleder und feuchter Mergel. Genau dieser Mix stieg ihm auch jetzt in die Nase. Er war nicht ekelhaft, trotzdem schöpfte Engel noch einmal tief Luft, eher er die Höhle betrat.
    Der Raum war klein, etwa zweieinhalb mal zweieinhalb Meter im Quadrat und von zwei Hochleistungsscheinwerfern taghell erleuchtet. Engel wusste sofort, dass er es mit einer Grabkammer zu tun hatte, deren Größe nach der Mischna, den jüdischen Gesetzen, vier mal vier Ellen betragen musste, wobei eine Elle etwas mehr als fünfzig Zentimeter maß. An der dem Eingang gegenüberliegenden Stirnseite befand sich ein aus dem Fels gehauener, knapp zwei Meter langer und fünfzig Zentimeter breiter Sims. An den Ecken der Kammer sah er insgesamt sechs kleine, etwa vierzig Zentimeter hohe und dreißig Zentimeter breite Öffnungen, die oben in einen Rundbogen ausliefen. Aus einer dieser Öffnungen schauten die Beine eines Menschen heraus, der sich mit dem davor knienden Henderson unterhielt. Als er Engel sah, richtete er sich strahlend auf.
    «Na, Professor, was sagen Sie dazu?»
    «Was Sie hier tun, ist illegal!»
    Henderson schüttelte verärgert den Kopf.
    «Kommen Sie, Engel, nun seien Sie nicht päpstlicher als der Papst. Natürlich hätten wir erst die israelische Antikenverwaltung informieren müssen. Aber was wäre dann passiert? Sie hätten die Ossuarien sofort konfisziert und selbst den kleinsten Knochensplitter den Rabbis zur Bestattung übergeben. Vernünftige Forschung ist so jedenfalls nicht möglich.»
    Engel teilte diese Ansicht zwar nicht, war jedoch andererseits viel zu fasziniert von dem Fund, um eine ausführliche Debatte über Recht und Gesetz zu führen.
    «Von welchen Ossuarien sprechen Sie, Henderson? Wollen Sie etwa sagen, dass dieses Grab unversehrt ist?»
    «Na, da kommt jetzt doch der Forschergeist durch! Ja, es sieht so aus. Mit Sicherheit können wir das natürlich erst sagen, wenn wir die Gebeinkästen freigelegt haben.»
    Engel machte einen Schritt auf eine der Öffnungen zu, ging in die Knie und versuchte, einen Blick hineinzuwerfen, konnte aber nichts erkennen. Henderson trat mit einer Taschenlampe hinter ihn und leuchtete in das Loch.
    «Tatsächlich, sieht aus wie ein Ossuarium!»
    Engels Begeisterung war deutlich zu hören.
    «Nun, Professor, wie wäre es, wenn Sie mich an Ihrem Wissen teilhaben lassen und mir erklären, mit was wir es hier zu tun haben?»
    Als ob er das nicht selber weiß, dachte Engel, begann allerdings trotzdem zu dozieren.
    «Nur in einem engen Zeitraum von nicht einmal hundert Jahren, etwa zwischen zwanzig vor Christus und siebzig nach Christus, war in Palästina eine Bestattungsform üblich, die zu diesem Fund passt. Da ein Leichnam den Juden als unrein galt, musste er noch am Todestag bestattet werden. Auch das Klima gebot eine schnelle Beisetzung. Man wusch den Leichnam, rieb ihm mit Öl und Gewürzen ein und hüllte ihn so präpariert in ein Tuch, das man auf einen Steinsims im Familiengrab legte.»
    Engel deutete auf den Vorsprung an der Stirnwand der Höhle, ohne seinen Vortrag zu unterbrechen.
    «Auf diese Primärbestattung folgte geraume Zeit später, es konnte durchaus ein Jahr vergehen, die sogenannte Sekundärbestattung. Man wartete, bis der Leichnam verwest war, sammelte die Knochen auf und legte sie in ein Ossuarium. Das waren Kästen aus Kalkstein, die in etwa immer dieselbe Größe hatten: ungefähr fünfzig mal fünfundzwanzig mal dreißig Zentimeter. Lang genug für den Oberschenkelknochen eines Menschen und breit genug für den Schädel. Diese Miniatursärge wurden mit einem Deckel verschlossen. Häufig ritzte man in die Frontseite den Namen des Verstorbenen ein und schob das Ossuarium dann in einen sogenannten Loculus, so nennt man die Gänge, von denen es in diesem Grab anscheinend sechs gibt. Haben Sie schon feststellen können, wie viele Ossuarien insgesamt vorhanden sind?»
    «Noch nicht
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