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Das Janusprojekt

Das Janusprojekt

Titel: Das Janusprojekt
Autoren: Philip Kerr
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hatte, und als er fertig war, brüllte Golomb etwas auf Hebräisch. Aber ich war mit meiner Kampfrede noch nicht am Ende.
    «Wollen Sie wissen, woran sie glauben? Die Nazis? Leute wie Eichmann und Hagen? Sie glauben, Deutschland sei es wert, dafür zu lügen und zu betrügen. Und Sie sind verdammte Narren, wenn Sie das nicht begreifen. Gerade jetzt, in diesem Moment, sind diese beiden Nazihanswurste im Begriff, Ihren Freund, den Großmufti, in Kairo zu treffen. Sie werden einen Handel mit ihm schließen. Und am nächsten Tag werden sie dann einen Handel mit Ihnen schließen. Und dann werden sie wieder nach Deutschland fahren und abwarten, auf welche Seite Hitler setzt.»
    Der Barmann kam mit drei Gläsern kaltem Bier und stellte sie uns hin. Polkes lächelte. «Ich glaube, Eliahu mag Sie», sagte er. «Er möchte wissen, was Sie hier in Palästina wollen. Mit Eichmann und Hagen.»
    Ich sagte, ich sei Privatdetektiv, und erklärte ihnen die Sache mit Paul Begelmann. «Und nur damit Sie wissen, dass da keine edlen Motive im Spiel sind», setzte ich hinzu, «ich werde für meine Bemühungen ziemlich gut bezahlt.»
    «Sie kommen mir nicht wie jemand vor, für den Geld die einzige Motivation ist», ließ Golomb mir mitteilen.
    «Ich kann mir keine Prinzipien leisten», sagte ich. «Nicht in Deutschland. Leute mit Prinzipien landen im Konzentrationslager Dachau. Ich war in Dachau. Da hat es mir gar nicht gefallen.»
    «Sie waren in Dachau?», fragte Polkes.
    «Letztes Jahr. Eine Stippvisite, könnte man sagen.»
    «Waren dort viele Juden?»
    «Etwa ein Drittel der Häftlinge waren Juden», sagte ich. «Die übrigen waren Kommunisten, Homosexuelle, Zeugen Jehovas und ein paar Deutsche mit Prinzipien.»
    «Und wozu gehörten Sie?»
    «Ich war nur jemand, der seine Arbeit macht», sagte ich. «Ich bin, wie gesagt, Privatdetektiv. Und da rutscht man schon mal in Sachen rein, die man so nicht vorhergesehen hat. Im Moment kann einem das in Deutschland leicht passieren. Das vergesse ich manchmal.»
    «Vielleicht möchten Sie ja für uns arbeiten?», sagte Golomb. «Es wäre nützlich zu wissen, was in den Köpfen der beiden Männer vorgeht, die wir treffen sollen. Und vor allem wäre es nützlich zu wissen, was sie mit Hadsch Amin vereinbaren.»
    Ich lachte. Zurzeit schien mich jeder als Spitzel zu wollen. Die Gestapo wollte, dass ich den SD bespitzelte. Und jetzt wollte es die Haganah auch noch. Manchmal schien ich wirklich den falschen Beruf gewählt zu haben.
    «Wir können Sie dafür bezahlen», sagte Golomb. «An Geld fehlt es uns nicht. Feivel Polkes hier ist unser Mann in Berlin. Sie könnten sich ja ab und zu treffen und Informationen austauschen.»
    «Ich würde Ihnen nichts nützen», sagte ich. «Nicht in Deutschland. Ich bin, wie gesagt, nur ein Privatdetektiv, der seine Brötchen zu verdienen versucht.»
    «Dann helfen Sie uns hier in Palästina», sagte Golomb. Er hatte eine tiefe, heisere Stimme, die perfekt zu seiner Körperbehaarung passte. Er sah aus wie ein dressierter Bär. «Wir bringen Sie nach Jerusalem, wo Sie und Feivel den Zug nach Suez nehmen können, um von dort nach Alexandria weiterzufahren. Wir zahlen Ihnen, was Sie verlangen. Helfen Sie uns, Herr Gunther. Helfen Sie uns, etwas aus diesem Land zu machen. Alle hassen die Juden, und das mit Recht. Wir kennen weder Ordnung noch Disziplin. Wir haben uns zu lange nur um unser individuelles Wohl gekümmert. Das Heil unseres Volkes kann einzig und allein in der Auswanderung nach Palästina liegen. Europa ist für die Juden passé, Herr Gunther.»
    Polkes übersetzte und setzte dann achselzuckend hinzu: «Eliahu ist ein ziemlich extremer Zionist. Wenn auch seine Meinung innerhalb der Haganah durchaus verbreitet ist. Ich persönlich kann der Ansicht, dass wir den Judenhass verdient haben, nicht zustimmen. Aber er hat recht, wir brauchen Ihre Hilfe. Wie viel wollen Sie? In Pfund? Mark? Goldsovereigns vielleicht?»
    Ich schüttelte den Kopf. «Ich helfe Ihnen nicht für Geld», sagte ich. «Geld bieten mir alle.»
    «Aber Sie werden uns helfen», sagte Polkes. «Nicht wahr?»
    «Ja, ich werde Ihnen helfen.»
    «Warum?»
    «Weil ich in Dachau war, meine Herren. Einen besseren Grund wüsste ich nicht. Wenn Sie dort gewesen wären, würden Sie’s verstehen.»
     
    Kairo war der Diamantschmuck am Griff des Nildeltafächers. Jedenfalls behauptete das mein Baedeker . Für mich schien es wesentlich profaner. Es war einfach die größte Stadt des Kontinents. Wobei
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