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Das Jahr der Krisen

Das Jahr der Krisen

Titel: Das Jahr der Krisen
Autoren: Philip K. Dick
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Anfangs hatte Ellis das nicht gewußt, aber dennoch hatte er den Umgang mit ihnen gepflegt. Er hatte – erstaunlich dünne und winzige – Blätter mit Fragen entgegengenommen, hatte die Fragen zu Sprachentschlüsselungseinrichtungen der TE gebracht, um dann, sobald die fremde Schrift des winzigen Volkes übersetzt worden war, die Fragen zu einem der großen Computer der Gesellschaft zu bringen, um sie beantworten zu lassen. Dann zurück zur Linguistik-Abteilung und schließlich, am Ende des Tages, wieder in die Röhre des Jiffi-Scoutporters hinauf, um den winzigen Leuten – in ihrer eigenen Sprache – die Antworten auf ihre Fragen zu übergeben.
    Offenbar war – wollte man dies alles glauben – Ellis ein mildtätiger Mann gewesen.
    Allerdings hatte Ellis angenommen, es handele sich um eine nichtterranische Rasse, die auf einem Miniaturplaneten in einem völlig anderen System lebte. Er hatte unrecht. Der Legende nach stammten die winzigen Leute aus der eigenen Vergangenheit der Erde, und die Schrift war altes Hebräisch gewesen. Ob dies alles wirklich geschehen war – Rick gab nicht vor, darauf eine abschließende Antwort zu wissen, aber auf jeden Fall war Ellis wegen irgendeines Bruchs der Firmenvorschriften von der TE gefeuert worden und schon lange verschwunden. Vielleicht war er ausgewandert. Wer wußte das schon? Wen interessierte es? Es war Sache der TE, die dünne Stelle in der Röhre zu flicken und dafür zu sorgen, daß der Defekt in späteren Porter-Modellen nicht wieder auftrat.
    Ganz plötzlich lärmte die Sprechanlage am Ende von Ricks Werkbank los. »He, Erickson.« Es war Pethels Stimme. »Dr. Sands ist hier oben und erkundigt sich nach seinem Porter. Wann wird er fertig sein?«
    Mit dem Griff eines Schraubenziehers klopfte Rick Erickson heftig auf die Hauptkanzel von Dr. Sands Porter. Ich gehe besser hinauf und rede mit Sands, überlegte er. Ich meine, das hier macht mich verrückt. Er kann unmöglich auf die Art und Weise falsch funktionieren, wie er behauptet.
    Rick Erickson nahm immer zwei Stufen gleichzeitig. So hastete er in die Hauptetage hinauf. Dort – an der Vordertür – ging gerade ein Mann hinaus. Es war Sands – Erickson erkannte ihn anhand der Vidblatt-Bilder. Er beeilte sich und erreichte ihn draußen auf dem Bürgersteig.
    »Hören Sie, Doc – wie kommen Sie dazu zu sagen, Ihr Porter werfe Sie in Portland, Oregon und solchen Orten raus? Das kann er einfach nicht – er ist nicht dafür gebaut!«
    Sie standen einander gegenüber. Dr. Sands, gut gekleidet, mager und mit allmählich beginnender Glatze, mit tief gebräunter Haut und einer schmalen, spitz zulaufenden Nase, musterte ihn eingehend und zögerte mit seiner Antwort. Er sah smart aus, sehr smart.
    Das ist also der Mann, über den sie alle schreiben, sagte sich Erickson. Hält sich besser als der Rest von uns und hat einen Anzug aus marsianischer Maulwurfsgrillenhaut. Aber … er spürte Ärger. Dr. Sands brachte im großen und ganzen eine hilflose Haltung zum Ausdruck. Er sah gut aus, Mitte Vierzig, hatte eine unbekümmerte, verdutzte Freundlichkeit an sich, als sei er unfähig, mit den Kräften, die ihn überrollt hatten, fertig zu werden oder sie zu begreifen. Erickson konnte das sehen. Dr. Sands wirkte niedergeschlagen, noch betäubt.
    Und doch blieb Sands ein Gentleman. In ruhigem, vernünftigem Ton sagte er: »Aber genau das scheint er zu tun. Ich wünschte, ich könnte Ihnen mehr sagen, aber ich bin technisch nicht sonderlich versiert.« Er lächelte, ein gründlich entwaffnendes Lächeln, das Erickson seiner eigenen Schroffheit wegen beschämte.
    »Ach, verdammt«, sagte Erickson und steckte zurück. »Es ist der Fehler der TE – die hätten die Macken schon vor Jahren aus den Portern rausbügeln können. Zu schade, daß Sie eine Niete bekommen haben.« Er sieht nicht wie ein allzu mieser Bursche aus, überlegte er.
    »Eine Niete«, wiederholte Dr. Sands. »Ja, das faßt es zusammen.« Sein Gesicht verzog sich; er schien belustigt. »Tja, das ist mein Glück. So wie dies ist für mich in letzter Zeit alles gelaufen.«
    »Vielleicht könnte ich die TE dazu bewegen, ihn zurückzunehmen«, sagte Erickson, »und Ihnen dafür einen anderen zu stellen.«
    »Nein.« Dr. Sands schüttelte heftig den Kopf. »Ich möchte diesen speziellen.« Sein Tonfall war bestimmt geworden. Er meinte das, was er sagte.
    »Warum?« Wer wollte schon eine eingestandene Niete behalten? Es ergab keinen Sinn. Eigentlich hatte die ganze Sache
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