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Das Jagdgewehr

Das Jagdgewehr

Titel: Das Jagdgewehr
Autoren: Yasushi Inoue
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glasklar, und Sie sind von der Richtigkeit Ihrer Urteile immer viel zu sehr überzeugt. Sie halten das vielleicht nur für ein normales Selbstbewußtsein, aber gelegentlich packt einen in Ihrer Gegenwart so der Zorn, daß man Sie am liebsten kräftig hin und her schütteln möchte! Kurz gesagt, für eine Frau sind Sie nicht zu ertragen, in ihren Augen ermangeln Sie jeglichen menschlichen Reizes, und eine Frau findet es, mag sie sich auch ein wenig zu Ihnen hingezogen fühlen, aus diesem Grunde töricht, sich in Sie zu verlieben.
    So ist es wohl von mir auch kaum vernünftig, mir für die Tatsache, daß auch nicht einer meiner vielen Briefe an Sie gerichtet war, Ihr Verständnis zu wünschen. Ich begreife es eigentlich selber nicht.
    Ein oder zwei Liebesbriefe hätten doch wohl für Sie dabeisein können! Und doch habe ich alle so geschrieben, als seien sie an Sie gerichtet. Es war vielleicht völlig belanglos, daß ich sie an jemand anderen adressiert hatte. Ich bin von Natur aus scheu und kann, obgleich ich nun schon bei Jahren bin, meinem Mann nicht wie ein kleiner Backfisch zärtlich süße Worte aneinanderreihen, und so schickte ich meine Liebesbriefe statt an Sie vielmehr an andere. Man könnte das meinen schlechten Stern nennen, mein ungünstiges Schicksal, mit dem ich auf die Welt gekommen bin, aber es ist vielleicht auch Ihr Schicksal!
    Im letzten Herbst verlieh ich in Ihrem Arbeitszimmer meinen Gefühlen in folgendem Gedichte Ausdruck:
    Wie geht es Dir?
    Ob, wenn ich näherträte,
    die hohe Stille um Dich
    plötzlich zusammenbricht?
    Dieses Gedicht handelt von den Empfindungen einer bemitleidenswerten Ehefrau, die sich scheut, die Stille zu zerstören, in der Sie etwa die weiße Porzellanvase aus der Zeit der Li-Dynastie betrachten, – eine Stille, bei der sie freilich gar nicht genau weiß, wie sie sie stören könnte! (Oh, was sind Sie doch für eine wohlbeschirmte, mächtige, unerträgliche Festung!) Vielleicht sagen Sie nun, ich lüge. Aber ich hatte, auch wenn ich die Nacht durch Mahjong spielte, immer Zeit, meine Gedanken an Sie zu wenden, an Sie, die Sie in Ihrem Arbeitszimmer in dem Nebenhäuschen saßen. Sie erinnern sich: das Gedicht hatte schließlich die Wirkung, daß die hohe Stille in dem Geist eines jungen Philosophen gestört wurde – ich meine Herrn Tagami, der im Frühling Dozent war und zum Professor avancierte, und dem ich das Gedicht heimlich auf den Tisch seines Pensionszimmers gelegt hatte. Damals erschien ich in der Klatschspalte eines Boulevardblattes und bereitete Ihnen manchen Ärger. Ich sagte Ihnen ja schon: Sie irritieren einen manchmal so stark, daß man Sie am liebsten packen und hin und her schütteln möchte. War wenigstens dieser Vorfall imstande, Sie etwas aus der Ruhe zu bringen?
    Aber ich fürchte, mein Geschwätz steigert Ihr Mißvergnügen nur noch mehr. Ich will jetzt zur Hauptsache kommen.
    Was halten Sie von folgendem? Unsere, ja nur noch dem Namen nach existierende Ehe hat, wenn wir heute auf sie zurückblicken, schon viel zu lange gedauert. Wären Sie nicht geneigt, sie nun ein für allemal aus der Welt zu schaffen? Das klingt natürlich traurig, aber ich denke, wir sollten wirklich alles tun, damit jeder von uns seine Freiheit wiederbekommt.
    Jetzt, da Sie sich von jeder öffentlichen Tätigkeit zurückziehen müssen (ich war sehr überrascht, Ihren Namen unter denen der Geschäftsleute zu finden, welchen die Amerikanische Militärregierung jede weitere Aktivität untersagt!), ist wohl die beste Gelegenheit, unserer unnatürlichen Verbindung ein für allemal ein Ende zu bereiten. Ich will meine Wünsche kurz formulieren. Ich wäre mit dem Haus in Takarazuka und Yase zufrieden. Das Yase-Haus hat gerade die rechte Größe, die Landschaft ringsum gefällt mir, und so habe ich vor, obgleich Sie freilich noch gar nicht zugestimmt haben, künftig dort zu wohnen und das Haus in Takarazuka für etwa zwei Millionen Yen zu verkaufen, wovon ich den Rest meines Lebens existieren könnte. Dies ist die letzte Äußerung meines Eigensinns, die erste und letzte Bitte von mir, die ich Ihnen doch noch nie etwas abgeschmeichelt habe!
    Mag dieser Vorschlag auch ein wenig plötzlich kommen, Sie brauchen nicht zu glauben, daß ich einen schmucken Burschen zur Seite habe, den man meinen Geliebten nennen könnte. Sie müssen nicht befürchten, daß mich jemand um dieses Geld prellte! Zu meinem großen Leidwesen habe ich noch keinen Mann gefunden, den ich, ohne mich schämen zu
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