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Das italienische Maedchen

Das italienische Maedchen

Titel: Das italienische Maedchen
Autoren: Lucinda Riley
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Hochachtung mit einem tiefen pranaam zu erweisen und auf ihren Segen zu warten.
    »Nani«, begrüßte er sie mit dem Kosenamen, den alle ihre Kinder und Enkel für sie verwendeten, »vergib mir die Verspätung. Es ist eine lange Reise von Mumbai hierher«, erklärte er.
    Anahita musterte ihn auf diese für sie so typische Weise, als würde sie geradewegs in seine Seele blicken. »Kein Problem.« Dann berührte sie mit ihren kleinen, fast kindlichen Fingern leicht seine Wange und senkte die Stimme, so dass nur er sie verstehen konnte. »Obwohl ich es immer als hilfreich empfinde, den Wecker zu stellen, wenn ich früh aufstehen muss.« Sie zwinkerte ihm zu und gab ihm ein Zeichen, sich zu erheben. »Du und ich, wir unterhalten uns später. Keva wartet darauf, mit der Feier zu beginnen.«
    »Ja, Nani, natürlich«, sagte Ari errötend und stand auf. »Alles Gute zum Geburtstag.«
    Als er sich wieder zu seinen Eltern gesellte, fragte er sich, woher seine Urgroßmutter wusste, warum er sich verspätet hatte.
    Der Tag verlief wie geplant, und Vivek hielt als ältester von Anahitas Enkeln eine bewegende Rede über ihr bemerkenswertes Leben. Je mehr Champagner floss, desto lockerer wurden alle, und die Anspannung, die bei seltenen Familientreffen immer herrscht, begann sich zu lösen. Das angeborene Konkurrenzdenken von Geschwistern trat in den Hintergrund, während sie ihren Platz innerhalb der Familienhierarchie suchten, und die jüngeren Cousins und Cousinen legten ihre Scheu ab und entdeckten Gemeinsamkeiten.
    »Schau dir deinen Sohn an!«, bemerkte Muna, Anahitas Tochter, Vivek gegenüber. »Seine Cousinen himmeln ihn an. Es wird Zeit, dass er ans Heiraten denkt.«
    »Das sieht er wahrscheinlich anders«, murmelte Samina. »Heutzutage scheinen junge Männer ihre Freiheit so lange wie möglich genießen zu wollen.«
    »Du möchtest also keine Ehe für ihn arrangieren?«, fragte Muna.
    »Doch, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er sich darauf einlässt.« Vivek seufzte. »Ari gehört einer neuen Generation an, er ist sein eigener Herr, hat ein Geschäft und reist in der Welt herum. Die Zeiten haben sich geändert, Ma, und Samina und ich müssen unseren Kindern selbst überlassen, wen sie heiraten.«
    »Ach.« Muna hob eine Augenbraue. »Das ist eine sehr moderne Einstellung, Vivek. So schlecht klappt das mit dir und Samina doch nicht, oder?«
    »Das stimmt, Ma«, pflichtete Vivek ihr bei und nahm lächelnd die Hand seiner Frau. »Du hast eine gute Wahl für mich getroffen.«
    »Wir können uns dem Trend der Zeit nicht widersetzen«, erklärte Samina. »Die jungen Leute tun heutzutage, was sie wollen, und treffen ihre eigenen Entscheidungen.« Sie blickte zu Anahita hinüber. »Deine Mutter scheint den Tag zu genießen. Sie ist das reinste Wunder.«
    »Ja.« Muna seufzte. »Aber ich mache mir Sorgen um sie, weil sie ganz allein mit Keva in den Hügeln lebt. Im Winter wird es schrecklich kalt, das kann nicht gut sein für ihre alten Knochen. Ich habe sie schon oft gebeten, zu uns nach Guhagar zu kommen, damit wir uns um sie kümmern können, doch natürlich weigert sie sich. Sie behauptet, sich hier oben ihren Geistern und ihrer Vergangenheit näher zu fühlen.«
    »Ihrer geheimnisvollen Vergangenheit.« Vivek runzelte die Stirn. »Ma, glaubst du, du wirst sie je überreden können, dir zu verraten, wer dein Vater war? Ich weiß, dass er vor deiner Geburt gestorben ist, aber nichts Genaueres.«
    »Als Kind habe ich sie mit Fragen darüber gelöchert, weil mir das wichtig war, doch jetzt …« Muna zuckte mit den Achseln. »Soll sie ihre Geheimnisse hüten, wenn sie möchte. Sie hätte mir keine liebevollere Mutter sein können, und ich möchte sie nicht aus der Fassung bringen.« Als sie zu ihrer Mutter hinübersah, winkte diese sie zu sich.
    »Ja, Maaji, was ist?«, fragte Muna Anahita.
    »Ich bin müde und werde mich zurückziehen«, antwortete Anahita, ein Gähnen unterdrückend. »Und in einer Stunde würde ich gern mit meinem Urenkel Ari sprechen.«
    »Gut.« Muna half ihrer Mutter beim Aufstehen und führte sie zwischen den anderen Verwandten hindurch. Keva, wie immer nicht weit von ihrer Herrin entfernt, trat einen Schritt vor. »Meine Mutter möchte sich ausruhen, Keva. Würdest du sie bitte begleiten?«
    »Natürlich, es war ein langer Tag.«
    Muna sah ihnen nach, bevor sie sich wieder zu Vivek und seiner Frau gesellte. »Sie will sich ausruhen und hat mich gebeten, Ari in einer Stunde zu ihr zu
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