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Das Inferno

Das Inferno

Titel: Das Inferno
Autoren: Colin Forbes
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Paula, die neben ihm auf dem Beifahrersitz saß, überkam ein unheimliches Gefühl. Das ist ja so finster wie im Mittelalter, dachte sie.
    Nur hier und da tauchten an eisernen Wandhalterungen angebrachte Straßenlaternen die dunklen, aus Feldstein erbauten Häuser in ein spärliches Licht. In der High Street, die an manchen Stellen so eng war, dass keine zwei Autos aneinander vorbeifahren konnten, hielt sie ein Polizist an. Tweed kurbelte das Fenster herunter und sagte dem Beamten, wer er war.
    »Ich bin Sergeant Pole«, stellte sich der Polizist vor. Als Tweed ausstieg, flüsterte Pole ihm vertraulich zu: »Ich habe schon gehört, dass ein Superintendent aus London kommen soll.« Tweed nickte, ohne den Sergeant darauf hinzuweisen, dass er kein Superintendent war. »Ich dürfte das wohl nicht sagen«, fuhr Pole fort, »aber wir haben hier ein Problem, seit ein Bursche namens Bogle, seines Zeichens Assistant Chief Constable, hier aufgetaucht ist. Er hat sich ziemlich schnell unbeliebt gemacht und…«
    Pole hörte abrupt zu sprechen auf, weil ein kleiner, stämmiger Mann auf sie zutrat. Er trug einen dunklen Mantel und einen breitkrempigen Hut und erinnerte Paula vom Körperbau her irgendwie an ein Schwein. Auch seine Manieren schienen dazu zu passen.
    »Wer sind denn Sie, Teufel noch mal?«, raunzte er Tweed an.
    »Das ist Superintendent Tweed aus London«, sagte Pole schnell.
    »Und die Dame ist meine Assistentin Paula Grey«, sagte Tweed. »Könnten wir uns gleich die Leiche ansehen? Ich nehme doch an, dass sich niemand an ihr zu schaffen gemacht hat.«
    »Natürlich nicht, Sir«, erwiderte der Mann und fügte ein wenig beleidigt hinzu: »Schließlich verstehe ich mein Handwerk. Ich bin Assistant Chief Constable Bogle aus der Nachbargrafschaft. Fast die ganze Mannschaft in Eastbourne hat die Grippe, und außerdem gab es heute einen schlimmen Unfall auf der A27. Na ja, ein Unglück kommt eben selten allein. Was stehen Sie hier so blöd rum, Pole? Heben Sie das Absperrband hoch und lassen Sie den Superintendent und Miss Grey durch.
    Folgen Sie mir bitte…«
    Nachdem sie eine dunkle, mit unebenen Kopfsteinen gepflasterte Straße entlanggegangen waren, kamen sie auf einen winzigen Platz, auf dem neben einem geschlossenen Bekleidungsgeschäft ein von einer trüben Straßenlaterne beleuchteter Wegweiser stand.
    »
Durchgang zur Kirche und zum Pfarrhaus
« war auf dem Wegweiser zu lesen.
    Bogle schaltete eine Taschenlampe ein und ging, ohne die beiden zu warnen, durch ein gusseisernes Tor, hinter dem eine enge Treppe steil nach unten führte. Nach einem guten Dutzend Stufen machte die Treppe einen rechtwinkligen Knick nach links, bevor sie nach weiteren sechs Stufen in einen engen Betontunnel überging. Paula schlug den Kragen ihres Pelzmantels hoch und zog aus ihrer Umhängetasche eine starke Taschenlampe, mit der sie Tweed voranleuchtete. Etwa in der Mitte des Tunnels, durch dessen entfernte Öffnung bläuliches Mondlicht hereinschimmerte, blieb Bogle stehen.
    »Da ist er«, sagte er. »Ist schon komisch, was für Orte sich manche Leute für ihren Selbstmord aussuchen.«
    Obwohl die Hälfte des Gesichts fehlte, erkannte Paula die Leiche, die mit gespreizten Beinen an der Tunnelwand hockte, sofort als Jeremy Mordaunt, den sie erst kürzlich auf einer Cocktailparty kennen gelernt hatte. Der Kopf war auf die Brust gesunken, und dunkelrotes Blut hatte das Jackett des teuren Armanianzugs durchtränkt. An den Schultern entdeckte Paula grauen Abrieb von der Betonwand. Mordaunts linke Hand hielt einen schweren Revolver, der Zeigefinger war immer noch um den Abzug gekrümmt.
    »Ein Selbstmord, wie er im Buche steht«, tönte Bogle. »Der Mann hat sich an die Wand gesetzt, die Knarre an den Kopf gehalten, und peng… das war’s dann.«
    »Meinen Sie?«, sagte Tweed, der neben dem Toten in die Hocke gegangen war. »Wieso hat er dann keine Schmauchspuren an der Hand?«
    »Außerdem war er Rechtshänder«, mischte Paula sich ein.
    »Ich habe ihn erst vor ein paar Wochen auf einem Empfang gesehen. Da hat er sein Glas immer in der rechten Hand gehalten, und wenn er geraucht hat, auch die Zigarette.«
    Unmittelbar neben dem Toten lag sein Pass, der noch von der alten Sorte mit dem schwarzen Einband und dem in Gold eingeprägten Wappen war. Er war so aufgeschlagen, dass man Namen und Lichtbild sehen konnte.
    »Wieso sind Sie sich so sicher, dass es Selbstmord war, Mr. Bogle?«, fragte Tweed, der noch immer in der Hocke war.
    »Na,
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