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Das Imperium

Das Imperium

Titel: Das Imperium
Autoren: Kevin J. Anderson
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Veranstaltungen. Weit oben trugen Luftschiffe, Gleiter und Ballons jene, die sich einen Blick aus der Vogelperspektive auf das Palastgelände leisten konnten. Gongs wurden geschlagen und ihr Donnern war noch lauter als der Jubel des Publikums.
    Raymond sah die hellen Uniformen des königlichen Hofes: Wächter und Geistliche, die eine Sprechbühne auf einem großen Balkon des Flüsterpalastes errichteten. Als ein Unisono-Diakon das bekannte Bittgebet sprach, wurde das schimmernde Banner der Terranischen Hanse entrollt. Es zeigte die Erde im Zentrum von drei konzentrischen Kreisen.
    Ein alter Mann trat auf den Balkon und wirkte nicht beeindruckender als die Funktionäre des Hofes, sah man einmal davon ab, dass er zu extravagante Kleidung trug. Seine Schritte waren gemessen, wie einstudiert. Als der König die Arme hob, glitten die weiten Ärmel bis zu den Ellenbogen zurück. Sonnenschein spiegelte sich auf den Ringen und den geschliffenen Edelsteinen der Krone.
    »Heute verkünde ich Ihnen einen großen Sieg menschlicher Genialität und Entschlossenheit.« König Fredericks Worte hallten aus Lautsprechern über den Platz. Er sprach mit der tiefen, vollen Baritonstimme eines Gottes. »Im Oncier-System haben wir eine neue Sonne geschaffen, die ihr Licht und ihre lebensspendende Wärme vier unberührten Welten schenkt, auf dass sie von Menschen besiedelt werden können.«
    Das Publikum hörte ehrfürchtig zu und jubelte dann erneut. Raymond lächelte angesichts der geheuchelten Überraschung – es war vorher bekannt gewesen, aus welchem Grund sich der König an die Öffentlichkeit wandte.
    »Die Zeit ist gekommen, vier weitere Fackeln im Palastdistrikt zu entzünden!« Als das Echo dieser Worte verklang, winkte der König. Seine Hand war für Raymond kaum zu sehen, obgleich er gute Augen hatte.
    Auf den meisten Türmen, Säulen und Kuppeln brannten ewige Feuer, ebenso in den Schalen der langen Lampenkette auf dem Boden. Jedes einzelne Feuer symbolisierte einen terranischen Kolonialplaneten, der die Charta der Hanse unterzeichnet und somit dem Alten König Treue geschworen hatte.
    »Ich gebe Ihnen diese vier neuen Monde, die nach meinen Vorgängern benannt sind, den ersten vier Großen Königen der Terranischen Hanse: Ben!« Mit lautem Donnern wuchs eine Flammensäule aus der Spitze eines hohen Turms an der Wanderbrücke, die über den Königlichen Kanal führte. »George! Christopher! Und Jack!« Bei jedem Namen züngelten Flammen auf Türmen, auf denen bisher kein Feuer gebrannt hatte.
    Das Eis auf den vier Monden war noch nicht geschmolzen und die ersten Terraforminggruppen konnten erst landen, wenn das tektonische Chaos neuer Stabilität gewichen war. Trotzdem freute sich Raymond zusammen mit den anderen Zuschauern und beobachtete, wie der König Anspruch auf vier neue Welten erhob. Welch eine Show!
    Musik erklang. Funkelnde Glimmerspreu flog wie Schwärme aus Löwenzahnflocken umher, freigesetzt von den Luftschiffen. König Frederick proklamierte einen Feiertag, und das Publikum jubelte einmal mehr – ihm war jeder Grund recht, um ausgelassen zu feiern. Vielleicht erfreute sich der König deshalb so großer Beliebtheit.
    Frederick kehrte in die Stille des Flüsterpalastes zurück, und dabei gewann Raymond den Eindruck, dass der König einsam und auch unglücklich wirkte. Er schien es müde zu sein, sein ganzes Leben vor so vielen Augen zu verbringen. In gewisser Weise konnte Raymond den König verstehen, obwohl er den ganzen Tag über für den größten Teil der Welt unsichtbar blieb.
    Er wanderte zwischen den Verkaufsständen umher. An den Fassaden des Flüsterpalastes zeigten breite Friese historische Ereignisse: den Start der elf riesigen Generationenschiffe; den ersten Kontakt mit den Ildiranern, die den Menschen ihren Sternenantrieb und ihre galaktische Zivilisation anboten. In regelmäßigen Abständen bewegten sich die Friese und erfüllten die dargestellten Szenen in der Art eines Glockenspiels mit Leben. Statuen bei den Springbrunnen gerieten in Bewegung: Steinerne Engel schlugen mit ihren Flügeln; historische Generäle ritten auf Pferden, die sich aufbäumten.
    Ein Strom aus Fußgängern ergoss sich über die Brücke, die zum Palastgelände führte. Raymond beobachtete ihn aus großen Augen und bemerkte die Gefahr eine halbe Sekunde zu spät.
    Jemand packte ihn am Nacken. Finger drückten wie ein Schraubstock zu. »Er kommt also hierher, um zu stehlen, wenn die Leute nicht hinsehen. Aber er lässt uns im
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