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Das Hungerjahr - Roman

Das Hungerjahr - Roman

Titel: Das Hungerjahr - Roman
Autoren: Aki Ollikainen
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mir schlafen darfst, obwohl du mich zu dir nach Hause holen und kostenlos nehmen könntest.«
    »Ich kann nicht in aller Öffentlichkeit Frauen aus der Halbwelt am Arm führen.«
    »Aber ich bin doch nur ein unschuldiges schwedisches Mädchen vom Land«, erwidert Cecilia, wobei ihre Stimme auf einmal eisig und spöttisch klingt.
    »Hör schon auf. Du weißt, wie die Leute reden würden. In dieser Stadt könnte ich danach nie mehr ernsthaft meinen Arztberuf ausüben.«
    »Glaubst du etwa, die Leute wissen es nicht längst? Wer immer sie auch sind.«
    »Außerdem bezahle ich dich nicht dafür«, sagt Teo.
    Cecilia hat sich inzwischen komplett angezogen. Sie setzt sich in den einzigen Sessel im Zimmer und schlägt routiniert ein Bein über das andere. Aus dieser Haltung heraus mögen Männer von Stand ihre Dienstboten ansprechen, Frauen hingegen ist sie nicht angemessen, findet Teo, aber zu Cecilia passt sie ganz selbstverständlich. Er schiebt die Hände in die Taschen, um sie nicht vor der stolzen Dirne hängen zu lassen wie ein kläglicher Fuhrmann. Er schaukelt von den Zehen auf die Fersen und zurück, so wie es Matsson und die anderen Männer im Hafen einst getan hatten, fällt ihm ein.
    »Genau, du hast der Hausdame einen Dienst erwiesen. Du tust etwas für ihren Ruf, weil sie dem Behördenarzt bei der Kontrolle Mädchen präsentieren kann, die keine Krankheiten haben. Und als Gegenleistung schlafe ich mit dir. Das, mein lieber Teo, nennt man ein Geschäft.«
    »Ich tue es deinetwegen. Und weil es mir etwas bedeutet, das mit dir und mir.«
    »Ich glaube dir. Du tust das alles meinetwegen. Bloß sind die Augenblicke so kurz, die du in meiner Welt verbringst. Und ich besuche deine nie.«
    Für ein Mädchen vom Land ist sie viel zu schlau, denkt Teo, das geht alles von ihrer Unschuld ab. Er kann sich überdies nie sicher sein, wann Elin und wann Cecilia spricht, und ob das einen Unterschied macht.
    »Wer bist du? Elin oder Cecilia?«
    »Hier bin ich immer Cecilia.«
    »Müsste ich Elin in Schweden suchen gehen?«
    »Elin ist tot.«
    »Kann man sie nicht zum Leben erwecken?«
    »Nur du hättest die Macht dazu, aber du bist trotzdem nicht dazu fähig. Du bist kein Jesus. Dir fehlt der Mut.«
    Der Raum um Teo herum schrumpft und wird eng. Das Lächeln der Beduinenprinzessin ist leer, nur weil die Rolle es verlangt, zwingt sie sich dazu. Darum lacht auch der Reiter nicht. Sein Ernst ist nicht die Folge stolzer Gelassenheit. Der Maler hat sich selbst hineingemalt, nachdem er begriffen hatte, dass die Szene für immer und ewig in der Luft erstarrt und der Palast am Rand der Wüste bloß eine Fata Morgana ist.
    »Dem Postboten ist mit einem Schlag der Schädel zertrümmert worden. Man hat ihm den Rücken aufgeschlitzt, sodass man ihm vom Fleck weg die Haut hätte abziehen können. Das Blut ist in Strömen den Zigeunerberg hinabgelaufen. Janne Halli hat es getan, ein Mann mit wildem Charakter, ein dunkler, stattlicher Typ. Beinahe einer wie die größten Bösewichte Ostbottniens, wenn auch nicht ganz so schlimm. Männer wie in Ostbottnien gibt es anderswo nicht, was ihre wilde Natur betrifft. Ich stamme auch von da«, beendet der kleine Mann seine Geschichte vom Raubmord in Kuorevesi.
    Teo fällt es schwer, das Alter des Mannes einzuschätzen. Die Stimme und die Worte sind die eines Halbwüchsigen, aber das Gesicht ist gefurcht wie bei einem Austragsbauern.
    Teo erinnert sich, im Dagbladet vom Mord an einem Postboten gelesen zu haben, der im ganzen Großherzogtum Aufsehen erregte, weil sich die Tat gegen einen Staatsdiener gerichtet hatte.
    »Und übers Eis von Kuorevesi trabt der Fuchs von Janne Halli …«, fängt der Ostbottnier nun an zu trällern.
    Die Weise bricht ab, als sich der große Pole neben dem Kerl auf die Bank fallen lässt, ihn in den Schwitzkasten nimmt und auf polnisch zu singen beginnt. Der kleine Mann versucht, sich mit Stößen von dem Polen zu befreien, aber der bemerkt in seiner Trunkenheit das klitzekleine Zappeln nicht einmal.
    »Doktor, Doktor, Doktor«, lallt der Pole und schaut Teo schielend an.
    Teo weiß, dass er den Mann am schnellsten los wird, wenn er ihm zu trinken gibt. Er winkt der Wirtin und bittet sie, Branntwein zu bringen. Als das Männlein, das sich als Ostbottnier ausgibt, das hört, reckt es den Hals, dreht aufgeregt den Kopf hin und her und hält nach der Wirtin Ausschau.
    »Für dich nichts mehr«, schnaubt sie.
    Teo bittet die Wirtin aber, auch dem Ostbottnier einzuschenken, und
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