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Das Hungerjahr - Roman

Das Hungerjahr - Roman

Titel: Das Hungerjahr - Roman
Autoren: Aki Ollikainen
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Zähnen an, und Teo schiebt ihr die Zunge in den Mund, während er in sie eindringt. Zärtlich beißt Saara auf Teos Zunge.
    Teo kann den Vorgang nicht in die Länge ziehen, kann sich nicht zurückhalten, sondern ergießt sich in Saara. Als er sich von ihr wälzt, sieht er ein unwissendes Lächeln auf ihrem Gesicht.
    Draußen setzt er sich neben Matsson auf die Treppe und zündet sich eine Pfeife an. Matsson reicht ihm eine Flasche Branntwein und Teo nimmt einen Schluck, bei dem er das Gesicht verzieht.
    »Ob Schnaps oder Fotze, das Gesicht, das ein Mann dabei macht, ist immer das Gleiche«, sagt Matsson und meint es als Scherz, kann aber das Gezwungene in seiner Stimme nicht verbergen.
    Teo stolpert hinter Matsson her. Schwarz zeichnet sich dessen Gestalt vor der Häusersilhouette ab. In einigen Fenstern schimmert ein einsames Licht, das schwächer wird, sobald es in den Schoß der Nacht hinaus gerät.
    An der Brücke bleibt Matsson stehen. In Katajanokka, seinem eigenen Stadtviertel, behandelt er Teo wie ein freundlicher Vater seinen Sohn, der noch kein Mann ist, dem man aber schon etwas über das Leben erzählen muss. Aber auf der anderen Seite der Brücke, wo die Häuser aus Stein sind, ist Teo ein besserer Herr und Matsson will sich instinktiv den Hut vom Kopf reißen, wenn er den Doktor anspricht.
    Nachdem sie die Brücke überquert haben, blickt Teo noch einmal zurück. Ach, ihr Huren und Herumtreiber von Katajanokka. Mit euren abgenagten Fingernägeln versucht ihr euch an diese Welt zu klammern.

MATALEENAS BUCH
    D ie Farbe des Todes ist weiß. Bei Beerdigungen geht man in Schwarz, die Lebenden tun es. Auch der Tote ist schwarz gekleidet, denn man hat ihm die besten Kleider angezogen, die er zu Lebzeiten besessen hat, aber sein Gesicht ist immer weiß. Wenn die Seele den Menschen verlässt, bleibt nur Weiß zurück.
    Aus Juhanis Gesicht weicht die Farbe. Zuerst verschwand das Rot, die Farbe des Bluts. Es wurde gelb, dann verging auch das Gelb, es blieb Grau, das nun nach und nach in Richtung Weiß verblasst.
    Juhani streckt die Hand aus. Aus dem offenen Mund, tief aus dem Inneren des Mannes dringt ein Röcheln. Er versucht, etwas zu sagen, aber Marja wendet das Gesicht ab, blickt zum Fenster. Eisblumen überziehen das Glas, sie sind hässlich, sie spotten der Sommerwiesen, diese Blüten des Todes. Wie Unkraut breitet sich der Reif von den Fensterrahmen her an den Fugen der Holzbalken entlang über die Wand aus. Am schlimmsten ist die Tür. Durch ihre Ritzen dringt der Schnee und rahmt sie ein wie der Tod, der sich in der Stube häuslich niederlassen will.
    Marja legt den kleinen Juho auf die Bank und wickelt die Wolldecke enger um ihn. Dann durchquert sie den kleinen Raum und beugt sich zum Gesicht ihres Mannes herab. Juhanis Wangen sind eingefallen und von einem ärmlichen Bart überzogen, der an Saat erinnert, die unter Nachtfrost gelitten hat. Die Augen sind zwei Löcher im Eis eines fischlosen Sees. Noch atmet er, man sieht es an der Bewegung des Brustkorbs, das Keuchen ist lautlos.
    »Jesus, Maria … Jesus … hilf …«
    »Du immer mit deinem Jesus.«
    Marja kehrt zur anderen Seite des Raums zurück und nimmt Juho auf den Arm. Mataleena legt Holz in die matten Flammen nach.
    »Schieb alles hinein«, seufzt Marja.
    »Wir müssen sparen, wenn wir nicht neues holen.«
    »Vergebliche Liebesmüh.«
    Mataleena kniet sich neben ihrem Vater hin und befühlt seine heiße Stirn. Sie versucht, die Decke besser zu richten. Der Vater ergreift das Handgelenk des Kindes und schafft es, den Schatten eines Lächelns auf sein Gesicht zu zwingen.
    »Liebes Kind, gib mir zu trinken.«
    Mataleena steht auf, um Wasser aus dem Topf auf dem Ofen zu holen.
    »Es ist gefroren«, sagt Marja.
    Mataleena schaut in den Topf. Am Boden ist ein Schluck Wasser festgefroren. Als sie den Topf gegen das Licht neigt und mit dem Gesicht näher herangeht, sieht sie ihr Bild auf dem Topfboden.
    »Hol Schnee«, sagt Marja.
    »Sonne«, stellt Mataleena an der Tür fest.
    Der Sturm hat für einen Moment nachgelassen. Die Wolken machen der Sonne Platz, die mit ihrem Silber die Eisblumen am Fenster färbt. Im Zimmer erscheint etwas, das an das Leben erinnert, auf dem Fußboden zeichnet sich das Kreuz des Fensters ab.
    Mataleena kommt wieder herein, sie trägt Schnee in der Schale, die sie mit ihren Händen formt. Sie will den Schnee zum Schmelzen in den Topf geben, aber Marja hält sie auf.
    »Das ist der Mühe nicht wert. Steck es ihm gleich in
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