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Das Hexenkreuz

Das Hexenkreuz

Titel: Das Hexenkreuz
Autoren: Hanni Muenzer
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quietschende Geräusch einer Winde setzte
ein. Entsetzt begriff Emilia, dass der Anker eingeholt wurde. Sie legten ab! Was fiel diesem sturen Spanier ein? Der konnte was erleben! Zornig lief sie zur
Tür und fand sie verschlossen. Sie schrie und trommelte dagegen, was niemanden
zu interessieren schien. Sie rannte zum Bullauge, aber es ließ sich nicht
öffnen. Sie verletzte sich lediglich ihre Finger an den scharfkantigen Scharnieren.
    Das Schiff
nahm Fahrt auf und entfernte sich nun immer rascher von der Mole. Emilia kniff
die Augen zusammen. Eben hatte sie einige ihr vertraute Gestalten entdeckt, die
die letzten Meter auf der Mole im Laufschritt zurücklegten. Dort waren
Serafina, Elvira, Filomena, ihre Kinder samt den drei Hunden und ihnen voran,
Emanuele und Donatus. Sie gestikulierten wild, auch sie sichtlich erschüttert darüber,
dass das Schiff vor ihren Augen abgelegt hatte. Emilia wurde übel. Ihre
Ohnmacht und Wut darüber, dass der Kapitän sie verraten hatte, kannte keine
Grenzen. Dafür hatte er den Tod verdient! Der Teufel mochte wissen, was er mit
Grigorowitsch angestellt hatte, der ihrer Entführung mit Sicherheit nicht
tatenlos zugesehen hatte.
    Eine wilde
Zerstörungswut überkam sie und sie begann, den Schreibtisch des Kapitäns zu
verwüsten. Er hatte nur wenige Utensilien zurückgelassen, doch in einer
Schublade fand sich ganz hinten eine vergessene Seekarte. Emilia stürzte sich
mit dem Hunger eines Raubtiers auf sie. Sie wusste, dass alle Kapitäne ihre
Seekarten wie Heiligtümer behandelten. Sie schnappte sich das Tintenfass,
kippte es darüber und verteilte wahllos die Farbe darauf.
    Plötzlich
drehte sich hinter ihr der Schlüssel im Schloss. Kapitän Morales erschien auf
der Schwelle und seine Augen quollen vor Entsetzen beinahe über. „Bei der
Madonna, was tut Ihr denn da?“ Er sprang auf Emilia zu und versuchte ihr das Tintenfass
zu entwinden, bevor sie damit noch mehr Schaden anrichten konnte. Prompt fiel
es zu Boden und der restliche Inhalt ergoss sich über die Schiffsdielen. Emilia
hielt sich nicht damit auf, sondern fiel wie eine Furie über Morales her. „Schuft,
Ihr wagt es tatsächlich mich einzusperren! Was fällt Euch ein, auszulaufen? Ich
befehle Euch sofort umzukehren, hört Ihr?“ Sie versuchte sich an ihm vorbei zu
drängen, doch Morales hatte sie am Handgelenk gepackt und hielt sie fest. „Törichte
Frau. Wir sind keinesfalls ausgelaufen, sondern haben lediglich unseren
Ankerplatz auf Befehl des Hafenmeisters verlassen müssen. Sein Gehilfe hat eben
die entsprechende Aufforderung übermittelt. Unsere Ware wurde gelöscht, die
neue ist an Bord. Wir mussten unseren Platz daher räumen und weiter draußen
anlegen.“
    Seine
Erklärung klang durchaus vernünftig, doch Emilia war noch nicht bereit, seinen
Worten Glauben zu schenken. „Und warum hat Ihr mich dann eingesperrt, wenn Ihr
nichts Böses im Schilde führtet?“
    „Weil ich
stets mit der Torheit der Frauen rechne ... Ich wollte verhindern, dass einer
meiner Männer Euch erblickt, bevor wir uns auf hoher See befinden. Ich dachte,
das wäre in Eurem Sinne. Und? Hatte ich Recht? Standet Ihr nicht im Begriff an
Deck zu stürmen?“
    Emilia hatte
die Größe, dies zuzugeben, fügte jedoch an: „Ihr hättet mir ruhig diese
Maßnahme ankündigen können, anstatt diese Entscheidung über meinen Kopf hinweg
zu treffen.“
    Kapitän
Morales zog eine Miene, die deutlich anklingen ließ, dass er nicht im Traum
daran dachte, seine Entscheidungen mit einer Frau zu diskutieren. Stattdessen
sagte er: „Da es Euch scheinbar schwer fällt, mir Glauben zu schenken, wird
Euch zumindest das Fallen des Ankers überzeugen. Hört Ihr?“
    Tatsächlich
war das Rasseln der Kette und das anschließende Eintauchen des schweren Eisens
ins Wasser nicht zu überhören. Kapitän Morales wandte sich ab. „Ich schicke
Euch Euren Diener, damit er diese Schweinerei hier beseitigt.“
    Er zögerte,
dann zog er einen glänzend polierten Messing-Schlüssel aus seiner Tasche.
„Hier, ich überlasse es Euch und Eurer Vernunft, die Türe von innen zu
verschließen. Doch im Namen Eurer eigenen Sicherheit solltet Ihr diesen Raum
vorerst nicht verlassen. Eure Familie und Freunde werden in wenigen Minuten an
Bord kommen. Das Ruderboot ist bereits auf dem Weg. Danach werden wir endgültig
ablegen. Die Ebbe setzt in Kürze ein.“ Er ging und schloss die Tür.
    Gleich
darauf klopfte es und Grigorowitsch trat ein. Er trug einen Blecheimer mit
Wasser und
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