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Das Herz des Wolfes (German Edition)

Das Herz des Wolfes (German Edition)

Titel: Das Herz des Wolfes (German Edition)
Autoren: Thea Harrison
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ich ihm entkommen. Aber er hatte noch Zeit, mir durchs Fenster eine Polizeimarke zu zeigen. Er sagte, er sei Polizist, und ich solle zum nächsten Polizeirevier gehen. Ich muss seine Identität überprüfen, wenn das geht.«
    »Das kann ich nicht am Telefon, Ma’am. Da müssen Sie zur nächsten Polizeiwache gehen.«
    »Hören Sie, ich bin Lehrerin«, sagte Alice. Ihre Stimme löste sich auf, ebenso wie ihre Fassung. »Ich bin kein harter Soldat und kein Cop, der jeden Tag mit Leichen und Tatorten konfrontiert wird – ich unterrichte Erstklässler, okay? Normalerweise besteht der schlimmste Teil meines Tages darin, nach der Bastelstunde Klebstoff und Glitzer von meinen Jeans zu kriegen und mich auf Elternsprechstunden vorzubereiten. Jetzt sind innerhalb von drei Tagen drei meiner Freunde ermordet worden. Heute war es eine meiner besten Freundinnen, sie wurde zerstückelt. Ich bin erschüttert und habe wirklich große Angst. Was ist, wenn dieser Mann vor dem Revier auf mich wartet und in Wahrheit gar kein Polizist ist?«
    »Also gut«, sagte die Telefonistin, deren Stimme nun freundlicher klang. »Wir machen Folgendes. Sie sagten, Sie sind in einem Taxi, richtig?«
    »Ja«, sagte sie.
    »Sagen Sie dem Fahrer, er soll rechts ranfahren, und geben Sie mir ihren Standort durch. Ich schicke Ihnen eine Einheit vorbei. Bleiben Sie mit dem Fahrer im Wagen und warten Sie auf die Streife. Dann bekommen Sie eine Polizeieskorte zum Revier, in Ordnung?«
    Für einen kurzen Moment hörte die Welt auf, sich um Alice zu drehen. Sie flüsterte. »Ja, in Ordnung.«
    Keine zehn Minuten später hielt hinter dem Taxi ein Streifenwagen mit Blaulicht, aber ohne Sirene. Eine Polizistin stieg aus und kam auf das Taxi zu. Alice bezahlte den Fahrer und stieg aus.
    Die Polizistin fragte: »Alice Clark?«
    »Ja«, sagte Alice.
    »Ich bin Sergeant Rizzo. Mein Partner ist Officer Garcia. Wir eskortieren Sie zum 94. Revier.«
    »Vielen Dank.« Alice war nach ihrem überhasteten Sprint durch die Straßen inzwischen wieder abgekühlt, aber ihre Kleidung war noch immer klamm vom Schweiß, und die Temperaturen fielen rapide. Der Wintersturm fing jetzt eindeutig an. Sie begann zu zittern und wickelte sich fest in ihren Mantel.
    »Gern geschehen.« Die Polizistin begleitete sie zum Streifenwagen.
    »Tut mir leid, wenn ich Ihnen Umstände bereite«, sagte Alice. »Ich weiß nicht einmal, ob das wirklich nötig war.«
    »Überhaupt kein Problem«, sagte Rizzo. Der Sergeant öffnete die hintere Wagentür und forderte sie mit einer Geste auf, einzusteigen. »Soweit ich das verstanden habe, hatten Sie es womöglich mit einem intelligenten, gewalttätigen Mörder zu tun. Da können Sie gar nicht zu vorsichtig sein.«
    Als Alice zögerlich auf dem Rücksitz Platz nahm, drehte sich Garcia zu ihr um und lächelte sie durch das Sicherheitsgitter an. »Wir haben eine Nachricht für Sie, die Sie beruhigen dürfte. Gerade hat sich das WDG, das Wyr-Dezernat für Gewaltverbrechen, bei uns gemeldet. Detective Gideon Riehl ist auf dem 94. Revier eingetroffen und wartet dort auf Sie. Wir sollen Ihnen ausrichten, er sei groß und blond und es tue ihm leid, dass er Sie erschreckt habe.«
    Alice sackte in sich zusammen, als Garcias Worte zu ihr durchdrangen. »Bei allen Göttern, vielen Dank.«
    Während Garcia sie durch den immer dichter werdenden Schneesturm fuhr, reagierte Alice’ Körper auf die Ereignisse. Sie wickelte sich in ihren Mantel und zitterte so heftig, dass sie glaubte, sie müsste jeden Moment in ihre Einzelteile zerfallen. Mit stummer Eindringlichkeit flackerten die Bilder der letzten Stunde vor ihrem geistigen Auge auf.
    Haleys Gesicht war ausdruckslos gewesen, so als wäre sie überwältigt vor Überraschung gestorben. Oder vielleicht war ihre Miene auch nur deshalb ausdruckslos, weil sie tot war, und sie hatte in den letzten Augenblicken ihres Lebens unvorstellbare Angst und Schmerzen erlitten. Hatte sie dem Mörder ins Gesicht gesehen und erkannt, dass sie sterben würde?
    Hatte sie dem Mörder ins Gesicht gesehen und erkannt, wer er war?
    Alice wischte sich mit einem Ende ihres Schals über die Wangen. Haley arbeitete an derselben Grundschule wie Alice – besser gesagt, sie hatte dort gearbeitet. Jemand musste Alex anrufen, denn er war nicht nur der Leiter ihrer Gruppe, sondern auch Direktor der Broadway Elementary School . Jemand musste Haleys Eltern Bescheid sagen. Sie nahm an, dass die Polizei eine festgelegte Vorgehensweise für solche Fälle
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