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Das Herz des Drachen

Das Herz des Drachen

Titel: Das Herz des Drachen
Autoren: Keith R. A. DeCandido
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führte, zeigte sich normalerweise irgendwo eine entscheidende Tatsache, die bisher verborgen geblieben war und das weitere Vorgehen vorzeichnete. Aber in diesem Fall hatte er alles, was er herausfinden konnte, bereits von Cho im Schuppen erfahren. Kimota hatte die beiden Männer dazu gebracht, einen Brautpreis für Shiro zu bezahlen. Weil Shiro nur eine heiraten konnte, wäre er verpflichtet, dem anderen Vater das Geld zurückzuzahlen. Das würde ihn und seine Braut allerdings vollkommen mittellos machen.
    Das erste Mal, seit sein Herr entehrt worden war, wusste Nakadai nicht genau, was er machen sollte.
    In der Stadt befand sich ein bescheidenes Wirtshaus und in seiner dritten Nacht dort saß Nakadai bei Kerzenlicht und reinigte sein Katana. Der Rhythmus, in dem er das Tuch auf der gebogenen Klinge auf- und abbewegte half ihm, seine Gedanken zu ordnen.
    Er hörte Schritte auf der Hauptstraße. Um diese Zeit schlief der Großteil der Bevölkerung tief und fest, darum hallten die Schritte laut durch die Nacht.
    Sie kamen zudem immer näher an das Wirtshaus heran.
    Innerhalb weniger Momente fiel der Schatten einer verhüllten Frauengestalt, beleuchtet von einer flackernden Kerze, auf die Papiertür, die zu Nakadais Zimmer führte. Der Arm des Schattens bewegte sich nach vorne und schob die Tür zur Seite.
    Es war Akemi. Sie fiel auf die Knie.
    „Vergebt mein Eindringen, Doragon Kokoro, aber ich muss mit Euch sprechen.“
    Nakadai biss die Zähne zusammen. Cho hatte ihn der Stadtbevölkerung als das Herz des Drachen vorgestellt und er schätzte es nicht, dass dieser Name haften geblieben war. Ganz zu schweigen davon, dass er es nicht schätzte, wenn Leute unangemeldet in sein Zimmer kamen.
    Trotzdem musste er Akemi zuhören, weil dies die ersten Worte waren, die sie tatsächlich in seiner Anwesenheit sprach. Also nickte er und steckte sein Schwert in die Scheide.
    Sie erhob sich, schloss die Tür, kam auf ihn zu, kniete sich erneut vor ihn hin und verbeugte sich tief.
    „Ich bitte Euch inständig, zugunsten meines Vaters zu entscheiden.“
    „Euch ist beiden gleiches Unrecht angetan worden“, antwortete er. „Warum sollte Keiko leiden und Ihr profitieren?“
    Plötzlich veränderten sich Akemis Augen von blassblau zu pechschwarz.
    „Weil, oh mächtiges Herz des Drachen, ich Euch keine Wahl lasse.“ Ihre Stimme klang jetzt seltsam guttural.
    Sofort sprang Nakadai auf die Füße und zog sein Schwert. Zusammen mit der Transformation ihrer Augen veränderte sich ihr Gesicht. Es verformte sich in etwas nicht Menschliches.
    „Was bist du?“, fragte er fordernd.
    „Eigentlich? Nur ein Dämon, der versucht die Leute der Stadt gegeneinander aufzuhetzen. Nur zum Spaß, eigentlich. Menschen gegen andere Menschen, denen sie vertrauen, aufzubringen – das nenne ich ein Fest.“
    Akemis Kopf schleuderte vor und zurück. „Aber diese Bauern wollen nicht mitmachen. Statt darum zu kämpfen, wer diese kleine, langweilige Ratte Shiro heiraten darf, laufen sie jammernd zum Daimyo und betteln um Hilfe.“
    „Aber dann habe ich dich gefunden.“
    Jetzt zeigte sich auf Akemis Gesicht ein Ausdruck, den man kaum ein Lächeln nennen konnte.
    „Und jetzt komme ich zu etwas, das mir sehr viel mehr als bloße Unterhaltung bieten wird.“
    Nakadai verharrte in einer defensiven Stellung und widerstand der Versuchung, sich auf den Eindringling zu stürzen.
    „Ich werde niemals einer Kreatur wie dir helfen, Dämon, wenn es das ist, was du wirklich bist.“
    „Wirklich? Was passiert als Nächstes?“, schnurrte der Dämon mit einer Stimme wie Schotter. „Du greifst mich an? Wenn du das machst, wirst du die arme, wehrlose Akemi verletzen – und die Bauern verdammen dich als den Mörder einer unschuldigen Frau.“
    Nakadai wusste, dass das Monster die Wahrheit sprach – aber er konnte auch nicht tatenlos zusehen.
    Also hielt er seine Position und ließ den Dämon weitersprechen.
    „Weißt du“, sagte der mit einer Spur von Akemis Stimme, „eines Tages werde ich dich brauchen. Nicht heute, nicht einmal bald, aber wenn der Tag für diese Aufgabe kommt, wird es das Opfer eines Helden erfordern.“ Die schwarzen Augen starrten Nakadai direkt an. „Weißt du, wie schwer es ist, einen Helden zu finden, besonders in dieser erbärmlichen Zeit?
    Während ich Besitz von Cho ergriffen hatte – auf der Suche nach einem Zeitvertreib – und vorgab, zum Daimyo zu gehen, hatte ich die Hoffnung beinahe aufgegeben, je wieder einen tugendhaften
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