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Das Haus in den Wolken

Titel: Das Haus in den Wolken
Autoren: Judith Lennox
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zornig in ihrer Resolutheit. Ein Hieb mit der Sichel, und ein Gewirr struppigen Buschwerks fiel. Ein weites Ausholen mit dem Rechen, und die braunen Kastanienblätter auf dem Rasen waren in Häufchen gesammelt. Aber der Wind hatte aufgefrischt und wirbelte das Laub auf, noch während Isabel Zeale sich abmühte. Ihre Schultern erschlafften, als begänne sie zu ermüden.
    Beim Geräusch seiner Schritte auf dem Aschepfad drehte sie sich um.
    Â»Warten Sie«, sagte er. »Ich helfe Ihnen.«
    Er zog sein Jackett aus, warf es über einen Ast des Baums und ergriff den Rechen.
    Â»Was soll das?«, fuhr sie ihn heftig an.
    Â»Ich möchte Ihnen helfen.«
    Â»Bitte gehen Sie, Mr. Finborough.« Ihre Stimme zitterte vor Zorn.
    Er fuhr fort, das welke Laub auf den Komposthaufen neben der Rasenfläche zu rechen. »So ein großer Garten bedeutet viel Arbeit für einen allein.«
    Schweigen. Dann sagte sie kurz: »Sonst ist immer ein Junge aus Lynmouth für die schweren Arbeiten heraufgekommen, aber er war seit etwa einem Monat nicht mehr hier.«
    Â»Und warum nicht?«
    Sie zog ihre Jacke um sich, als brauchte sie Schutz, und sah ihn mit kühlem Blick an. »Was glauben Sie wohl, Mr. Finborough?«
    Â»Ich habe keine Ahnung.«
    Â»Er kommt nicht mehr – oder seine Mutter erlaubt ihm nicht mehr zu kommen –, weil ich jetzt ganz allein hier bin. Ich könnte ihn ja mit meiner Verworfenheit infizieren«, sagte sie sarkastisch.
    Zorn und Anstrengung hatten ihre blasse Haut leicht gerötet, ihre Schönheit wirkte dadurch umso lebhafter.
    Â»Wirklich?«, fragte er und erwartete beinahe einen Schlag ins Gesicht.
    Aber sie schien nur noch ein wenig mehr in sich zusammenzusinken. »Warum müssen die Menschen immer das Schlimmste annehmen?«, fragte sie bitter. »Ist das Leben nicht auch so schwer genug, ohne Schlechtigkeit zu sehen, wo keine ist?«
    Â»Vermutlich ist den Leuten einfach langweilig. In diesen kleinen Dörfern bietet das Leben sicher wenig Abwechslung, vor allem im Winter. Da liefert jeder, der ein bisschen aus dem Rahmen fällt, willkommenen Gesprächsstoff.«
    Sie runzelte die Stirn. »Ich habe es nie darauf angelegt, aus dem Rahmen zu fallen. Ich wollte immer nur unbemerkt bleiben.«
    Â»Hören Sie einfach nicht auf den Klatsch.«
    Â»Tu ich ja. Aber dass sie ihn auch schlechtgemacht haben…«
    Â»Sie sprechen von Ihrem Arbeitgeber?«
    Â»Ja. Charles war in den letzten Monaten seines Lebens sehr hinfällig. Natürlich habe ich ihn beim Gehen gestützt, wenn wir im Dorf waren. Natürlich habe ich ihm geholfen, seine Schuhe auszuziehen, wenn der Rheumatismus ihn so sehr plagte, dass er sich nicht bücken konnte. Vermutlich hat das jemand beobachtet, der am Haus vorüberkam. Ich weiß es nicht. Ich kann nicht verstehen, dass die Leute alles gleich auf so gemeine Weise auslegen müssen.« Sie sah ihn fragend an. »Warum sind Sie gekommen, Mr. Finborough?«
    Jetzt war das ganze Laub in einem Haufen zusammengerecht. »Weil ich gern ein Feuerchen mache«, antwortete er lächelnd, zog ein Feuerzeug heraus und knipste es an. Das welke Laub fing schwelend Feuer. »Nein, im Ernst, ich bin gekommen, weil ich mich bei Ihnen entschuldigen wollte, Miss Zeale. Zu Hause in London wurde mir klar, dass ich Sie wahrscheinlich in eine schwierige Lage gebracht hatte. Ich wollte Ihnen sagen, dass ich keinerlei Hintergedanken hegte, als ich Sie damals ansprach.«
    Â»Sie kommen jetzt aus London?«
    Â»Ja.«
    Â»Und ich soll Ihnen glauben, dass Sie die weite Fahrt nur gemacht haben, um mir das zu sagen?«
    Â»Aber nein. Ich habe geschäftlich in der Nähe von Woolacombe zu tun.«
    Â»Oh.« Sie wurde rot.
    Das Feuer hatte sich ausgebreitet, hier und dort züngelten Flammen aus dem knisternden Laubhaufen.
    Â»Als wir uns das letzte Mal begegnet sind«, erklärte Richard, »saß ich hier wegen einer Autopanne fest. Ganz allein in der Fremde.« Er lachte ein wenig. »Da sucht man Gesellschaft. Sie waren mir gleich nach meiner Ankunft in Lynton aufgefallen. Es war ein sehr stürmischer Tag, und da ich die See bei Sturm immer faszinierend finde, bin ich nach Lynmouth hinuntergegangen. Da habe ich Sie am Ende der Mole gesehen. Sie standen vor einem alten Turm, dem Wasser viel zu nahe, fand ich. Es hat mich beunruhigt.«
    Sie antwortete mit
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