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Das Haus in den Dünen

Das Haus in den Dünen

Titel: Das Haus in den Dünen
Autoren: Ulrich Hefner
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sei denn, man ist eiskalt.«
    »Sind Sie eiskalt?«, fragte Trevisan.
    »Kropp war eiskalt, er und dieser kleine verstörte Junge vom Bauernhof. Die waren eiskalt. Wir anderen, wir hatten bloß zum ersten Mal Alkohol getrunken. Ich wusste nicht mehr, was ich tat. Ich war nicht mehr ich selbst. Alles lief ab wie in einem Film. So als wenn eine Kamera von oben auf das Szenario gerichtet ist und man die Dinge zwar sieht, aber nicht eingreifen kann. Man will, dass es aufhört, aber man stolpert weiter, immer weiter in sein Unglück. Und der Verstand funktioniert nicht mehr. Niemand legt den Hebel um.«
    »Sind die Mädchen freiwillig mitgegangen?«, fragte Trevisan.
    »Freiwillig«, antwortete Bergen. »Ich glaube, die waren genauso neugierig wie ich. Anfangs. Aber dann ging es zu weit. Kropp fing an und riss der Stillen die Bluse vom Leib. Der Junge vom Bauernhof lachte dazu und grölte.«
    »Was haben Sie getan?«
    »Mein Gott, was schon«, antwortete Bergen hysterisch. »Wir waren Jungs, wir waren eine Gruppe, die sich aus Zufall zusammengefunden hat. Wir waren abenteuerlustig und wollten etwas erleben. Niemand will sich einen Feigling nennen lassen.«
    »Erzählen Sie mir, was geschehen ist!« Das Band des kleinen Aufnahmegerätes drehte sich mit gleichbleibender Geschwindigkeit.
    »Wir haben die eine festgehalten, während sich die beiden anderen über die andere hermachten. Sie haben sie ausgezogen und geschlagen. Das Komische war, dass sie still blieb. Sie blieb einfach still liegen und wehrte sich nicht, während Kropp sie vergewaltigte. Sie hat nur an die Decke gestarrt. Einfach nur gestarrt und leise gejammert. Ganz leise.«
    »Und dann?«
    »Kropp ist irgendwann aufgestanden und hat gesagt, dass wir jetzt dran wären. Aber wir wollten nicht. Wir haben gesagt, dass wir jetzt gehen müssen, sonst bekämen wir Ärger. Selbst der Junge vom Bauernhof hat plötzlich einen Rückzieher gemacht. Das Mädchen hat die Kleider wieder angezogen. Wir ließen die Schwester los. Sie ist zu der Ruhigen gegangen und hat ihr beim Anziehen geholfen.«
    »Haben Sie das Mädchen ebenfalls angefasst?«
    »Nein, ich sagte doch: Wir haben nur ihre Schwester festgehalten, während Kropp das andere Mädchen vergewaltigt hat. Dann haben wir uns in der anderen Ecke zusammengesetzt. Kropp und dieser Bauernjunge …«
    »Sie meinen Grevesand?«
    »Ich kannte seinen Namen nicht. Eigentlich weiß ich nur, dass der Große Kropp hieß, weil alle ihn so nannten. Es war sein Spitzname, ich dachte, sein wirklicher Name lautet anders. Der Dicke hieß Uwe, und den Namen des Blonden habe ich vergessen.«
    »Was geschah dann?«
    »Ich weiß noch, dass wir die Flasche Korn leerten. Kropp und dieser Grevesand unterhielten sich. Sie befürchteten, dass die Mädchen quatschen würden. Wir anderen drei versuchten, Kropp zu beruhigen. Sie kannten uns doch überhaupt nicht. Aber Kropp blieb dabei, dass die Mädchen uns gefährlich werden konnten. Er sprach vom Gefängnis und davon, dass es dort Kerle gäbe, die nur auf so schüchterne kleine Burschen wie uns warten würden. Irgendwann ist der Bauernbursche aufgestanden und zu den Mädchen hinübergegangen, die auf dem Heu saßen und schwiegen. Selbst dablieb die Kleinere still. Plötzlich sind die Flammen in die Höhe geschlagen. Wir waren so erschrocken. Wir sind alle aufgestanden und aus der Hütte gerannt. Kropp und Grevesand waren die Letzten, die herauskamen. Sie haben die Tür zugeschlagen und den Riegel zugeschoben. Dann haben sie noch einen Pflock genommen, der im Sand lag, und die Tür damit versperrt.«
    »Und die Mädchen?«
    Bergen schaute an die Decke. »Die blieben im Haus zurück.«
    Trevisan atmete rief ein. »Das heißt, die blieben im brennenden Haus zurück. Einfach so?«
    »Nein, nicht einfach so. Kropp und dieser Grevesand haben sie zurückgehalten, als sie uns folgen wollten, und ihnen die Tür vor der Nase zugeschlagen.«
    »Und Sie haben zugeschaut?«
    »Die anderen, sogar der Dicke, sind einfach weitergerannt und hinter den Dünen verschwunden. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Dann sind auch schon Kropp und Grevesand an mir vorbeigelaufen. Kropp hat mich an der Jacke gepackt und mitgezogen. Da ist schon dichter Rauch aus den Ritzen der Tür gequollen.«
    »Was geschah danach?«
    »Irgendwann trennten wir uns. Ich bin in die Jugendherberge zurückgelaufen und habe mich in mein Zimmer geschlichen. Ich konnte nicht schlafen. Mir war todschlecht. Ich hab gekotzt.«
    »Und die
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