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Das Haus Der Schwestern

Das Haus Der Schwestern

Titel: Das Haus Der Schwestern
Autoren: Charlotte Link
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Tee bekommen hatte.
    »Ich wußte, daß hier etwas ganz und gar nicht stimmt«, hatte sie gekrächzt, »und es ist mein Haus. Ich mußte nachsehen, was los ist.«
    Der Arzt hatte wortlos den Kopf geschüttelt.
    Die Geschehnisse im »Haus der Schwestern« waren natürlich Mittelpunkt aller Gespräche in Leigh’s Dale, auch wenn die meisten Dorfbewohner noch keineswegs alle Einzelheiten kannten. Was sie nicht wußten, erfanden sie einfach, und längst kursierten die abenteuerlichsten Gerüchte.
    Am Morgen des 31. Dezember war Barbara ins Dorf zum Einkaufen gefahren; der Weg war ja nun geräumt, und die Polizisten hatten ihr geholfen, das Auto freizugraben, in Gang zu setzen und die Schneeketten aufzuziehen. Als Barbara Cynthias Laden betreten hatte, war er gerammelt voll gewesen mit Menschen, die alle wild durcheinandergeredet hatten und mit einem Schlag verstummten, als sie Barbaras ansichtig wurden. Sie waren zur Seite getreten und hatten eine Gasse gebildet, so daß sich Barbara nicht einmal anstellen mußte, sondern sofort nach vorne durchgelassen wurde.
    Cynthia hatte sehr vertraut getan, um allen zu demonstrieren, wie gut sie Barbara bereits kannte und wie nah sie selbst darum allen Ereignissen stand. Als Barbara das Geschäft verließ, hörte sie noch, wie Cynthia ihren atemlosen Kundinnen zuraunte: ». . . ja, und dann heißt es, daß Victoria Leigh damals gar nicht fortgegangen ist, sondern Frances Gray hat sie im Keller ihres Hauses gefangengehalten, und schließlich . . .«
    Barbara konnte sich vorstellen, wie laut Frances darüber gelacht hätte.
    Aber dieser Neujahrsmorgen nun war friedlich und still, nicht von Klatsch und blutrünstigen Gerüchten gestört. Leise klirrten die Tassen, klapperten die Bestecke.
    »Werden Sie Ihren Mann heute im Krankenhaus besuchen, Barbara? « fragte Laura.
    Barbara verzog das Gesicht. »Ich möchte schon. Wahrscheinlich gerate ich wieder mit meiner Schwiegermutter aneinander. Sie meint, daß ich schon deshalb die Schuld an allem trage, weil die ganze Reise schließlich meine Idee war. Sie hat ja gleich gesagt, wir sollen daheimbleiben.«
    »Yorkshire muß Ihnen gründlich verleidet sein«, meinte Lilian. Ihre Augen sahen riesig und dunkel aus ihrem schmalen Gesicht. »Sie kommen bestimmt nie wieder hierher.«
    Barbara fand, dies sei eine typische Lilian-Reaktion. »Ganz sicher komme ich wieder her«, sagte sie, »ich möchte das Land auch gern im Sommer kennenlernen. Ich verstehe, warum Frances Gray dies alles hier so geliebt hat. Ich möchte viel mehr darüber wissen.«
    »Also, das kann ich wirklich nicht verstehen«, sagte Lilian mit Piepsstimme.
    Laura räusperte sich. »Ich würde Ihnen ja gern Westhill dann wieder anbieten, Barbara. Aber das wird nicht gehen.«
    »Weshalb nicht? Sie besuchen doch sicher einmal wieder Ihre Schwester?«
    »Ich . . .« Auf Lauras Wangen bildeten sich einige hektische rote Flecken. »Ich ziehe weg von hier. Ich werde Westhill verkaufen.«
    Barbara und Lilian starrten sie beide gleichermaßen fassungslos an.
    »Was?« fragte Barbara.
    »Aber ich denke . . .«, begann Lilian.
    »Laura, warum denn das?« fragte Barbara entgeistert. »Nach allem, was . . . Sie haben sich jahrelang erpressen lassen. Sie haben jahrelang nur in Angst gelebt. Sie haben Fernand Leigh, was Sie nur hatten, in den Rachen geschoben, damit er Sie nicht um diesen Besitz bringt! Und jetzt, wo alles gut ist, wo Sie hier in Frieden und Glück leben könnten — da wollen Sie alles freiwillig hergeben?«
    »Das ist sicher schwer zu verstehen«, sagte Laura und sah fast schon wieder so verschreckt aus wie früher. »Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll. Als ich durch den Schnee hierherstapfte und dachte, ich falle um und sterbe, als ich dauernd meinte, einfach nicht weiterzukönnen, aber wußte, ich muß weiter, denn die Dunkelheit brach herein, und es wurde immer kälter, und mir war klar, es würde mein sicherer Tod sein, wenn ich mich hinsetzte und einschliefe . . . also, da habe ich nur deshalb durchgehalten, weil ich mit jedem Schritt immer wütender und wütender wurde. Zum Schluß war ich so zornig, daß . . . daß ich dachte, ich kann gar nicht sterben, weil niemand sterben kann, wenn er so wütend ist.«
    »Auf wen waren Sie denn so wütend?« fragte Barbara.
    »Auf mich. Ganz allein auf mich.«
    »Aber . . . Fernand hatte doch an allem schuld!« sagte Lilian verwirrt und kämpfte schon wieder mit den Tränen, weil ihr Mann solch ein Lump war.
    Laura warf
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