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Das Haus Am Potomac

Das Haus Am Potomac

Titel: Das Haus Am Potomac
Autoren: Mary Higgins Clark
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überprüft.
Ein junges Paar, das erst später kam, um Viertel nach elf
oder so, hatte Schwierigkeiten, die richtige Straße zu
finden. Sie fragten einen Mann, der zwei Blocks weiter in
sein Auto stieg, nach dem Weg. Er erteilte ihnen eine
schroffe Abfuhr. Das Auto war ein schwarzer Toyota mit
Nummernschildern von Virginia. Ihrer Beschreibung nach
hätte es Gorgone sein können. Die junge Frau erinnert sich
sogar, daß er einen gewaltigen dunklen Ring trug. Wir
wollen Toby festnehmen, um ihn zu verhören. Meinst du,
wir sollten im Weißen Haus anrufen?«
Es war möglich, daß man Toby in der Nähe der Stelle
gesehen hatte, wo Catherine Graney ermordet worden
war. Wenn er Catherine Graney getötet hatte, war auch
alles andere, dessen sie ihn verdächtigten, denkbar, ja
höchst wahrscheinlich.
»Man muß sofort Abigail davon in Kenntnis setzen«,
sagte Sam. »Ich fahre auf der Stelle zu ihr. Man sollte ihr
eine Chance geben, ihren Namen von der Liste der
Kandidaten zurückzuziehen. Wenn sie sich weigert, werde
ich den Präsidenten selber anrufen. Selbst wenn sie keine
Ahnung hatte, was Toby vorhatte, muß sie die moralische
Verantwortung übernehmen.«
»Ich glaube, um moralische Verantwortung hat sich
diese Dame nie gekümmert. Wenn J. Edgar noch lebte,
wäre sie nie so weit an das Amt des Vizepräsidenten
herangekommen. Das hat man ja in diesem Artikel in der Tribune neulich gesehen, wie eng befreundet sie mit dem
Abgeordneten Adams und seiner Frau war.«
»Ja, ich habe es gesehen.«
»Es hat, wie auch dort in der Zeitung erwähnt, immer
Gerüchte gegeben, daß eine Frau diesen tödlich endenden
Streit direkt verursacht hat. Ich war damals neu im
Bureau, als dieser Fall bekannt wurde. Aber als ich jetzt
diesen Artikel las, ließ mir etwas keine Ruhe. Auf
Verdacht besorgte ich mir die Adams-Akte. Darin haben
wir einen Vermerk über einen Kongreß-Neuling, eine Frau
namens Abigail Jennings. Alles deutete damals darauf hin,
daß sie diese andere Frau war.«
    So sehr sie sich auch bemühte, Abigail fand keine Ruhe.
Das Bewußtsein, in wenigen Stunden zur Vizepräsidentin
ernannt zu werden, war einfach zu überwältigend.
    Frau Vizepräsidentin. Air Force Two und das
Herrenhaus auf dem Grundstück der ehemaligen
Seewetterwarte. Senatsvorsitz und Stellvertreterin des
Präsidenten in der ganzen Welt.
    In zwei Jahren Präsidentenwahl. Ich werde sie gewinnen,
versprach sie sich. Golda Meir, Indira Ghandi, Margaret
Thatcher, Abigail Jennings.
    Der Senat war ein großer Schritt nach oben gewesen. In
der Nacht, als sie gewählt wurde, hatte Luther gesagt:
»Na ja, Abigail, jetzt gehören Sie dem exklusivsten
Verein der Welt an.«
Jetzt stand ein neuer gewaltiger Schritt nach oben
unmittelbar bevor. Nicht länger nur ein Mitglied des
Senats unter hundert, sondern Inhaberin des zweithöchsten
Regierungsamtes im Land.
Sie hatte beschlossen, ein dreiteiliges Ensemble zu
tragen, eine Seidenbluse mit einem Seidenrock und dazu
eine Strickjacke, alles in Rosa- und Grautönen. Das würde
sich im Fernsehen gut machen.
Vizepräsidentin Abigail Jennings …
Es war Viertel nach sechs. Sie stand von dem Liegesofa
auf, ging an ihren Frisiertisch und bürstete sich das Haar.
Mit flinken, geschickten Bewegungen legte sie etwas
Lidschatten auf und schminkte sich die Wimpern mit
Mascara. Ihre Wangen waren vor Erregung gerötet; sie
brauchte kein Rouge. Eigentlich konnte sie sich auch jetzt
schon fertig anziehen, dann das Programm ansehen und
ihre Annahmeerklärung üben, bis es Zeit wurde, zum
Weißen Haus aufzubrechen.
Sie schlüpfte in ihr Ensemble und steckte sich eine
edelsteinbesetzte Goldrosette an ihre Jacke. Der Fernseher
in der Bibliothek hatte den größten Bildschirm. Sie wollte
sich die Sendung da ansehen.
»Schauen Sie sich nun in unserem Programm die erste
Folge von Frauen in der Regierung an.«
Bis auf die letzten Minuten hatte sie die Sendung schon
ganz gesehen. Doch es war beruhigend, sie sich noch
einmal anzusehen. Unter dem frischen Schneemantel
bekam Apple Junction etwas ländlich Freundliches, das
die schäbige Trostlosigkeit verbarg. Nachdenklich
betrachtete sie das Haus der Saunders’. Sie wußte noch,
wie Mrs. Saunders ihr befohlen hatte, noch einmal
zurückzugehen und den Weg zum Dienstboteneingang zu
nehmen. Das hatte diese elende Hexe büßen müssen.
Wenn Toby nicht auf die Idee gekommen wäre, wie an
das Geld für Radcliffe zu kommen war, wo wäre
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