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Das Halsband der Koenigin 2

Das Halsband der Koenigin 2

Titel: Das Halsband der Koenigin 2
Autoren: Alexandre Dumas (der Aeltere)
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gefirnißte Weltkugel war vor Hitze zersprungen, und Europa fand sich bei der Vereinigung des 30. Grades der Breite mit dem 55. der Länge in zwei Theile geschnitten. Seine Majestät schmollte mit der ganzen Welt, selbst mit Herrn von Calonne.
    Vergebens bot dieser sein schönes parfümirtes Portefeuille mit seiner lachenden Miene an. Schweigsam und verdrießlich kritzelte der König auf ein Stück weißes Papier Schraffirungen, welche Sturm bedeuteten, wie die Gliedermännchen und die Pferde schön Wetter bedeuteten.
    Es war eine Manie des Königs, während der Rathssitzungen zu zeichnen. Ludwig XVI. liebte es nicht, den Leuten in's Gesicht zu sehen, er war schüchtern: eine Feder in seiner Hand gab ihm Sicherheit und Haltung. Während er sich so beschäftigte, konnte der Redner seine Beweisgründe entwickeln; der König, indem er das Auge verstohlen aufschlug, gebrauchte von Zeit zu Zeit ein wenig von dem Feuer seiner Blicke – gerade so viel, als nöthig war, um die Idee zu beurtheilen und den Menschen nicht zu vergessen.
    Sprach er selbst, und er sprach gut, so benahm seine Zeichnung seiner Rede jedes Ansehen der Anmaßung: er brauchte keine Geberde mehr zu machen; er konnte nach Belieben sich unterbrechen oder erwärmen, der Zug auf dem Papier ersetzte im Nothfall die Zierrathen des Wortes.
    Der König nahm also seiner Gewohnheit gemäß die Feder, und die Minister fingen an Entwürfe oder diplomatische Noten vorzulesen.
    Der König gab keine Sylbe von sich, er ließ die auswärtige Korrespondenz vorüber gehen, als begriffe er kein Wort von dieser Art von Arbeit.
    Aber man kam zum Detail der Rechnungen des Monats; er erhob das Haupt.
    Herr von Calonne hatte eine Denkschrift in Beziehung auf das für das folgende Jahr beabsichtigte Anlehen zu lesen angefangen.
    Der König machte mit der größten Wuth Schraffirungen.
    »Immer entlehnen, ohne zu wissen, wie man es zurückgeben wird,« sagte er; »das ist doch ein Problem, Herr von Calonne.«
    »Sire, ein Anlehen ist ein Aderlaß, den man an einer Quelle macht, das Wasser verschwindet hier, um dort im Ueberfluß zu strömen. Mehr noch, es verdoppelt sich durch die unterirdischen Anpumpungen. Und vor Allem, statt zu sagen: wie werden wir bezahlen? müßte man sagen: wie und worauf werden wir entlehnen? Denn das Problem, von dem Eure Majestät sprach, heißt nicht: womit wird man zurückgeben? sondern: wird man wohl Gläubiger finden?«
    Der König trieb seine Schraffirungen bis zum undurchsichtigsten Schwarz, doch er fügte kein Wort mehr bei; seine Züge sprachen von selbst.
    Nachdem Herr von Calonne seinen Plan, mit dem Gutheißen seiner Collegen, auseinandergesetzt hatte, nahm der König den Entwurf und unterzeichnete ihn, obwohl seufzend.
    »Nun, da wir Geld haben, geben wir aus,« sagte Herr von Calonne lachend.
    Der König schaute seinen Minister mit einer Grimasse an und machte aus der Schraffirung einen ungeheuren Tintenklecks.
    Herr von Calonne gab ihm einen Etat, aus Ruhegehalten, Gratificationen, Aufmunterungen, Geschenken und Besoldungen bestehend.
    Die Arbeit war kurz, gut auseinandergesetzt. Der König wandte die Blätter um und eilte zur Gesammtsumme.
    »Eine Million und viermal hunderttausend Livres für so wenig! Wie kommt das?«
    Und er lieh die Feder ruhen.
    »Lesen Sie, Sire, lesen Sie, und wollen Sie bemerken, daß bei den elfmal hunderttausend Livres ein einziger Artikel auf fünfmal hunderttausend Livres gestellt ist.«
    »Welcher Artikel, Herr Generalcontroleur?«
    »Der Vorschuß für Ihre Majestät die Königin, Sire.«
    »Für die Königin!« rief Ludwig XVI. »Fünfmal hunderttausend Livres der Königin! Ei, mein Herr, das ist nicht möglich!«
    »Verzeihen Sie, Sire, die Zahl ist vollkommen richtig.«
    »Fünfmal hunderttausend Livres der Königin!« wiederholte der König. »Es muß ein Irrthum obwalten. In der vorigen Woche, nein, vor vierzehn Tagen habe ich Ihrer Majestät ihre drei Monate ausbezahlen lassen.«
    »Sire, wenn die Königin Geld nöthig hat, und man weiß, wie Ihre Majestät Gebrauch davon macht, so ist es nichts Außerordentliches ...«
    »Nein, nein!« rief der König; – er fühlte nämlich das Bedürfniß, von seiner Sparsamkeit sprechen zu machen, um der Königin einiges Jubelgeschrei zu verschaffen, wenn sie in die Oper gehen würde –; »die Königin will diese Summe nicht, Herr von Calonne. Die Königin hat mir gesagt, ein Schiff sei mehr werth, als Juwelen. Die Königin denkt, wenn Frankreich entlehne, um
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