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Das Halsband der Königin - 1 (German Edition)

Das Halsband der Königin - 1 (German Edition)

Titel: Das Halsband der Königin - 1 (German Edition)
Autoren: Alexander Dumas
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Stücke ab, dann gab sie sich Rechenschaft von den Einzelheiten.
    Und da ihr Domino sie beengte, ihr Fischbeinleib sie preßte, so trat sie in ihr Schlafzimmer, kleidete sich rasch aus und zog ein Gewand von wattirter Seide an, ein reizendes Kleidungsstück, das unsere Mütter, die nicht sehr scrupulös waren, wennes sich darum handelte, die nützlichen Dinge zu benennen, mit einem Namen bezeichneten, denn wir nicht mehr schreiben können.
    Schauernd, halbnackt in dem Atlas, der ihrem Busen und ihrer Taille schmeichelte, ihr feines, nerviges Bein gerundet in den Falten ihres kurzen Rockes, stieg sie mit ihrem Licht in der Hand muthig die Stufen hinauf.
    Vertraut mit der Einsamkeit, sicher, daß sie nicht einmal mehr den Blick eines Bedienten zu fürchten hatte, sprang sie von Zimmer zu Zimmer und ließ nach dem Belieben des Windes, der unter den Thüren blies, ihren feinen battistenen Nachtmantel flattern, welcher zehnmal in zehn Minuten bis zu ihrem reizenden Knie emporgehoben wurde.
    Und wenn sie, um einen Schrank zu öffnen, den Arm in die Höhe hob, wenn sich das Kleid verschob und die weiße Rundung der Schulter bis zum Ursprung des Armes sehen ließ, den einer von jenen röthlichen Lichtstrahlen vergoldete, mit welchen der Pinsel von Rubens so vertraut war, dann mußten sich die unsichtbaren, unter den Tapeten und hinter den Füllungen verborgenen Geister freuen, daß sie den reizenden Gast, der sie zu besitzen glaubte, in ihrem Besitz hatten.
    Nach all diesen hastigen Gängen, nachdem ihre Kerze zu drei Vierteln abgebrannt war, kehrte sie erschöpft, keuchend in ihr Schlafzimmer zurück, das mit blauem Atlas, worauf große chimärische Figuren gestickt, ausgeschlagen war.
    »Sie hatte Alles gesehen, Alles gezählt, Alles mit dem Blick und durch die Berührung geliebkost, es blieb ihr nichts mehr zu bewundern, als sie selbst.
    Sie stellte ihren Leuchter auf einen Gueridon von Sèvres mit goldener Gallerie, und plötzlich heftete sich ihr Blick auf einen marmornen Endymion, eine zarte, wollüstige Figur von Bouchardon, welche liebestrunken auf einen Untersatz von rothbraunem Phorphyr zurücksank.
    Jeanne schloß die Thüre und die Portièren ihres Zimmers, zog die dichten Vorhänge zu, stellte sich dann wieder vor die Statue und verschlang mit den Blicken diesen schönen Geliebten Phöbe's, die ihm den letzten Kuß gab, als sie wieder zum Himmel aufstieg.In Gluth verwandelt, erwärmte das rothe Feuer dieses Zimmer, wo Alles lebte, das Vergnügen ausgenommen.
    Jeanne fühlte ihre Füße sacht in die hohe, so weiche Wolle des Teppichs einsinken; ihre Beine wankten, bogen sich unter ihr; eine Mattigkeit, die nicht Ermüdung oder Schlaf war, bedrängte ihren Busen und ihre Augenlider mit der Zartheit der Berührung eines Liebenden, während ein Feuer, das nicht die Wärme des Herdes war, von ihren Füßen zu ihrem Leib aufstieg und beim Aufsteigen in ihren Adern die ganze lebendige Electricität zusammenwand, die man beim Thier das Vergnügen, beim Menschen die Liebe nennt.
    In diesem Moment seltsamer Empfindungen erblickte Jeanne sich selbst in einem Pfeilerspiegel, der hinter dem Endymon angebracht war. Ihr Kleid war von ihren Schultern auf den Teppich herabgeglitten. Der so feine Batist war, vom schweren Atlas gezogen, bis zur Hälfte der weißen, gerundeten Arme niedergesunken.
    Zwei schwarze Augen, sanft durch die Weichheit ihres Wesens, glänzend vor Verlangen, die zwei Augen Jeanne's trafen Jeanne in der tiefsten Tiefe des Herzens; sie fand sich schön, sie fühlte sich jung und glühend; sie gestand sich, von Allem, was sie umgab, sei nichts, nicht einmal Phöbe, so würdig geliebt zu werden. Sie näherte sich dem Marmor, um zu sehen, ob der Endymion sich belebte, und ob er um der Sterblichen willen die Göttliche hintansetzen würde.
    Diese Entzückung berauschte sie; sie neigte den Kopf auf ihre Schulter mit unbekannten Schauern, drückte ihre Lippen auf ihr lebendes Fleisch, und da sie nicht aufgehört hatte, ihren Blick in die Augen zu tauchen, die sie im Spiegel riefen, so verschwammen plötzlich ihre Augen, ihr Kopf rollte mit einem Seufzer auf ihre Brust, und Jeanne sank eingeschlafen, leblos auf das Bett, dessen Vorhänge sich über ihr niederließen.
    Die Kerze schleuderte eine letzte Flammenzuckung aus einer Lache flüssigen Wachses empor und strömte dann ihren letzten Wohlgeruch mit ihrer letzten Helle aus.
    Ende des ersten Bandes.
     
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