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Das große Hörbe Buch

Das große Hörbe Buch

Titel: Das große Hörbe Buch
Autoren: Otfried Preußler
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der Siebengiebelwiese. Dort hausten zwei andere Hutzelmänner, Wurzeldittrich und Humpelkeil. Beide hatte der schöne Morgen ins Freie gelockt.
    Dittrich, der sich auf Kräuter und Wurzeln verstand wie kein Zweiter, stampfte in einem steinernen Mörser getrocknete Arnikablüten klein. Und Keil, der ein steifes Bein hatte, seit ihm vor vielen Jahren ein Balken aufs rechte Knie gefallen war: Keil, der Zimmermann, raspelte Haselnusskerne zu grobem Schrot.
    „Heda!", rief Wurzeldittrich. „Wohin des Weges, Hörbe?"
    „Ach weißt du, der Tag ist so schön und bunt - ich bin auf der Wanderschaft."
    „Auf der Wanderschaft?!" Humpelkeil schob sich den Hut aus der Stirn. „Seit wann trägt man auf der Wanderschaft eine Küchenschürze?"
    Die Schürze! Hörbe hatte sie ganz vergessen.
    Natürlich ist es für einen Hutzelmann keine Schande, wenn er sich für die Hausarbeit eine Schürze umbindet; bloß gehört es sich selbstverständlich, dass man die Schürze ablegt, bevor man das Haus verlässt.
    „Ich hab aus Versehen nicht mehr daran gedacht..."
    Rasch band Hörbe sich die geblümte Schürze ab und stopfte sie unter den großen Hut.
    „Und wohin soll die Reise gehn?", wollte Dittrich neugierig wissen.
    „Dahin und dorthin, das wird sich zeigen."
    Wurzeldittrich und Humpelkeil wechselten einen Blick miteinander, sie wussten Bescheid.
    „Lass dir mal was gesagt sein, Nachbarsmann", meinte Dittrich. „Von Zeit zu Zeit packt es jeden von uns - wer wüsste das besser als Keil und ich ..."
    „Und trotzdem!", gab Humpelkeil zu bedenken. „Als Hutzelmann solltest du niemals allein auf Wanderschaft gehen."
    „Nein?", fragte Hörbe. „Dann kommt halt mit!"

    „Du siehst ja, wir haben Arbeit", erwiderte Wurzelditt-rich mit ernster Miene.
    „Und außerdem scheinst du vergessen zu haben, dass heute Werktag ist", brummte Humpelkeil. „Werktags kann man nicht einfach tun, was man will und mag."
    „Werktags hat man zu arbeiten, falls dir das neu sein sollte", bekräftigte Dittrich und stampfte gewaltig in seinem Mörser herum.
    „Ist ja schon gut", meinte Hörbe beschwichtigend, „ist ja schon gut. Dass heut Werktag ist, weiß ich selber. Und trotzdem! Es hält mich bei diesem prächtigen Wanderwetter nichts in der Küche bei meinen Preiselbeeren, ich muss hinaus! - Morgen, da hole ich alles nach, was ich heut versäumt hab. Bis dahin auf Wiedersehen! Und nichts für ungut, ihr beiden. Ich will euch nun bei der Arbeit nicht länger stören: Werktag ist schließlich Werktag ..."

In einem Punkt hatten Wurzeldittrich und Humpelkeil völlig recht. Ein Hutzelmann sollte nach Möglichkeit stets einen Wandergefährten mitnehmen, wenn er auf Reisen geht. Doch woher einen nehmen in der Geschwindigkeit, noch dazu werktags ?
    „Ich könnte ja", dachte Hörbe, „rasch noch beim kleinen Leubner fragen - auch wenn ich mir jetzt schon denken kann, was er sagen wird."
    Der kleine Leubner stand unweit von seinem und Nörgeis effs Haus auf dem Holzplatz und hackte Reisig klein. Er zerhackte es auf dem Hackklotz mit einem Hackmesser: tack-tack-tack... Das hörte sich aus der Ferne an, als sei da ein Specht am Werk. Und zwar ein besonders eifriger.
    „Grüß dich, Leubner! Du hackst ja mit deinem Messer
    drauflos, als ob du den Siebengiebelwald kurz und klein hacken wolltest! Wie wär's mal mit einer Pause?"
    „Geht nicht", seufzte der kleine Leubner und hackte weiter.
    „Wie das?", wollte Hörbe wissen.
    „Frag das den Nörgelseff", sagte Leubner. „Dem hack ich noch immer nicht schnell genug."
    „Nun ja", meinte Hörbe. „Dem Nörgelseff kannst du es sowieso nicht recht machen, das ist klar. - Warum gibst du ihm eigentlich immer nach?"
    „Was sollte ich sonst tun? Wir müssen doch irgendwie miteinander auskommen, er und ich. Schließlich haust man ja unterm gleichen Dach."
    Leubner hatte das Hackmesser aus der Hand gelegt. Und wie er so dastand, gebückt und griesgrämig, musste er einem ganz einfach leidtun.
    „Weißt du was, kleiner Leubner?", rief Hörbe. „Zeig doch dem Nörgelseff endlich mal, dass du deinen eigenen Kopf hast!"
    „Findest du?", fragte Leubner zweifelnd.
    „Bei meinem großen Hut!", sagte Hörbe. „Pfeif auf das Reisig - und geh mit mir auf die Wanderschaft! Der Seff und das Reisig werden dir schon nicht weglaufen."
    „Hörbe, Hörbe - du könntest einen auf Dinge bringen, an die man noch nie gedacht hat..."
    Der kleine Leubner war drauf und dran mitzukommen.
    „Wir werden uns einen feinen Tag
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