Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Graveyard Buch

Titel: Das Graveyard Buch
Autoren: Neil Gaiman
Vom Netzwerk:
Scarlett. »Es ist wahr.«
    »Wahr?«, fragte Jack. »Ein vergrabener Schatz? Ihr wollt mich wohl –«
    DER SLEER HÜTET DEN SCHATZ FÜR DEN MEISTER.
    »Wer spricht da?«, fragte der Mann namens Jack und blickte sich um.
    »Sie haben es gehört?«, fragte Bod verwirrt.
    »Ich habe es gehört«, antwortete Jack.
    »Ich habe nichts gehört«, sagte Scarlett.
    »Was ist das für ein Ort, Junge?«, fragte Jack. »Wo sind wir hier?«
    Bevor Bod etwas sagen konnte, erhob der Sleer seine Stimme: DIES IST DER ORT DES SCHA T ZES. DIES IST DER ORT DER MACHT: HIER WACHT DER SLEER UND WARTET AUF DIE RÜCKKEHR DES MEISTERS.
    »Jack?«, sagte Bod.
    Der Mann namens Jack legte den Kopf schief. »Es ist gut, meinen Namen aus deinem Mund zu hören, Junge. Wenn du ihn früher genannt hättest, hätte ich dich eher gefunden.«
    »Jack, wie ist mein richtiger Name? Wie hat meine Familie mich genannt?«
    »Was spielt das jetzt noch für eine Rolle?«
    »Der Sleer hat mir gesagt, ich soll meinen Namen fi n den. Wie lautet er?«
    »Warte mal«, sagte Jack. »War es Peter? Oder Paul? Oder Roderick – du siehst aus wie ein Roderick. Vie l leicht warst du aber auch ein Stephen …« Er hielt Bod zum Narren.
    »Sie können es mir genauso gut sagen. Sie werden mich doch sowieso töten«, sagte Bod. Jack zuckte die Schultern und nickte im Dunkeln, als wollte er sagen, in der Tat.
    »Ich will, dass Sie das Mädchen gehen lassen«, sa g te Bod. »Lassen Sie Scarlett gehen.«
    Jack starrte angestrengt in die Dunkelheit. »Das ist doch ein Altarstein, oder?«
    »Ich nehme es an.«
    »Und ein Messer? Und ein Kelch? Und eine Br o sche?« Er lächelte jetzt im Dunkeln. Bod sah es auf se i nem Gesicht; ein seltsames freudestrahlendes L ä cheln, das überhaupt nicht zu diesem Gesicht passte, ein L ä cheln der Erkenntnis und des Verstehens. Sca r lett konnte nichts sehen, außer Schwärze, die manchmal hinter ihren Augen aufblitzte, aber sie hörte die Freude in Jacks Stimme.
    »Die Bruderschaft gibt es also nicht mehr, und die Versammlung ist aufgelöst. Aber auch wenn es keine Jacks mehr gibt außer mir, na und? Es kann eine neue Bruderschaft geben, noch mächtiger als die let z te.«
    MACHT, echote der Sleer.
    »Ausgezeichnet«, sagte der Mann namens Jack. »Schau uns an. Wir sind an einem Ort, für den meine Leute viele Tausend Jahre lang gejagt haben und wo alles bereitliegt, was für die Zeremonie nötig ist. Das lässt e i nen an Vorsehung glauben, nicht wahr? Oder an die g e sammelten Gebete der Jacks, die vor uns waren, dass uns jetzt, wo wir am Tiefpunkt angelangt sind, das alles b e schert wird.«
    Bod spürte, dass der Sleer Jacks Worten lauschte, und er fühlte, wie ein leises erregtes Flüstern sich in der Grabkammer ausbreitete.
    »Ich werde jetzt meine Hand ausstrecken, Junge«, sa g te der Mann namens Jack. »Scarlett, mein Messer ist i m mer noch an deiner Kehle. Versuch nicht wegzulaufen, wenn ich dich loslasse. Und du, Junge, gibst mir jetzt den Kelch, die steinerne Klinge und die Brosche in die au s gestreckte Hand.«
    DER SCHATZ DES SLEER, flüsterte die dreifach klingende Stimme. ER KEHRT STETS ZURÜCK. WIR HÜTEN IHN FÜR DEN MEISTER.
    Bod bückte sich, nahm die Sachen vom Altarstein und legte sie in Jacks ausgestreckte, behandschuhte Hand. Jack grinste.
    »Scarlett, ich lasse dich jetzt los. Wenn ich das Messer wegnehme, legst du dich flach auf den Boden, das G e sicht nach unten und die Hände hinter dem Kopf. Eine falsche Bewegung und ich töte dich auf qualvolle Weise. Hast du verstanden?«
    Sie schluckte, ihr Mund war trocken. Sie tat einen u n sicheren Schritt nach vorn. Ihr rechter Arm, den er ihr auf den Rücken gedreht hatte, war taub, und in ihrer Schulter stach es wie mit tausend Nadeln. Sie legte sich hin und drückte ihre Wange auf den kalten Boden.
    Wir sind tot, dachte sie vollkommen teilnahmslos. Ihr war, als wäre sie nur Zuschauer, als würde das alles j e mand anderes passieren, ein unwirkliches Theaterstück, das in das Spiel »Mord im Dunkeln« übergegangen war. Sie hörte, wie Jack jetzt Bod packte …
    »Lassen Sie sie gehen«, hörte sie Bods Stimme.
    Darauf antwortete Jacks Stimme: »Wenn du tust, was ich dir sage, werde ich sie nicht umbringen, ja, ich werde ihr kein Haar krümmen.«
    »Ich glaube Ihnen nicht. Scarlett wird Sie wiedere r kennen.«
    »Nein«, sagte die erwachsene Stimme entschieden. »Das wird sie nicht.« Und sie fuhr fort: »Zehntausend Jahre und die Klinge ist immer noch scharf …«
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher