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Das Grab ist erst der Anfang: 12. Fall mit Tempe Brennan

Das Grab ist erst der Anfang: 12. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Das Grab ist erst der Anfang: 12. Fall mit Tempe Brennan
Autoren: Kathy Reichs
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mich hierher gebracht? Hatten er und Briel erfahren, dass ich ihnen auf der Spur war?
    Meine Verschleppung war noch immer eine Leerstelle. Hatte man mich betäubt? Auf den Kopf geschlagen? War das wichtig? Ich war hier und ich musste hier raus.
    Zehn Schritte, dann flackerte der Strahl wieder. O Gott. Nein.
    Ich drückte auf den Schalter, um die Batterien zu schonen, und sofort umhüllte mich wieder absolute Dunkelheit.
    Das Rauschen hatte nun ein Echo aus Gurgeln und Klatschen.
    Meine Schuhe waren nass. Mein Rücken und meine Waden kreischten unter der Belastung des gebückten Gehens.
    Umkehren? Weitergehen?
    In meinen Fingern und Zehen hatte ich jedes Gefühl verloren. Ich zitterte unkontrolliert. Fieber? Unterkühlung?
    Finde einen Ausweg! Befreie dich!
    Ich ging weiter, jede Zelle meines Körpers hatte nur noch ein Ziel: raus hier.
    Meine Kopfhaut kribbelte. Ich ignorierte es.
    Noch ein Kribbeln, diesmal auf der Stirn.
    Fedrige Beine zuckten über mein Augenlid. Den Nasenrücken. Eine Spinne.
    Meine Hand schnellte hoch, die Finger fuhren übers Gesicht. Zitternd vor Ekel, Kälte und Erschöpfung, lehnte ich mich an die Wand. Die Verzweiflung drohte mich zu überwältigen.
    Vergiss die Batterien. Ich brauchte Licht. Ich drückte auf den Schalter.
    Der Strahl war beinahe nutzlos außer als emotionale Stütze. Ich richtete ihn nach vorne, auf den Ursprung des Rauschens zu. Sah tintige Schwärze.
    Wieder schüttelte ein heftiges Zittern meinen Körper.
    Als ich mir die Arme um den Oberkörper schlang, huschte bernsteinfarbenes Licht über die Ziegel an meiner Schulter.
    Und fiel auf etwas.
    Mit angehaltenem Atem hielt ich die Lampe dicht an die Wand.

41
    Der verschwommene, bernsteinfarbene Fleck kroch über schwarze Zeichen auf dem Ziegelwerk.
    Schablonierte Buchstaben, ausgebleicht und abgeblättert.
    Ich ließ den Strahl langsam über die Buchstaben wandern und zwang mein verwirrtes Hirn, die Leerstellen zu füllen, Worte zu bilden, Bedeutungen daraus abzuleiten.
    ALEX DRE DE S VE ET DU PAR L FONT INE.
    Straßennamen.
    Rue Alexandre-de-Sève Rue du parc Lafontaine.
    Eine Kreuzung.
    Gott, diese Ecke war nur ein paar Blocks vom Institut entfernt!
    Das brackige Wasser. Der Gestank.
    Der Tunnel musste ein Abwasserkanal sein. Verlief er unter einer dieser Straßen?
    Aber ich war in einem Grab aufgewacht.
    Das ergab keinen Sinn.
    Die bittere Kälte brachte mein langsam zurückkehrendes Denkvermögen durcheinander.
    Ich versuchte, im Kopf eine Karte des urrains über mir zu erstellen. J/eterans Park. Die Auffahrt zur Jacques-Cartier Bridge. Rue Logan. Malo. Avenue Papineau. De Lorimier.
    Noch eine aufblitzende Erinnerung. Aber keine frische. Die Synapse kam aus einer lange zurückliegenden Zeit. Von einer geschriebenen Seite.
    Der Veterans Park lag auf dem Gelände des alten Soldatenfriedhofs. War ich in einem Grab eingemauert gewesen, das man für tote Soldaten gebaut hatte?
    Unmöglich. Diese Gräber waren in den Vierzigern exhumiert und umgebettet worden.
    Hatte man einige übersehen? Raines war urbaner Archäologe. Er würde über Friedhöfe Bescheid wissen. Gräber. Abwasserkanäle.
    Mein Entführer musste Raines gewesen sein. Langsam wurde mir schwindelig.
    Wie viel Zeit war vergangen, seit ich das Grab verlassen hatte? Wie lange noch, bis ich der Unterkühlung erliegen würde?
    Ich versuchte, klar zu denken.
    Mein Hirn kreischte nur einen Satz. Beweg dich!
    Die Zähne gegen das Zittern fest zusammengebissen, schleppte ich mich, die Hand wieder an der Wand, weiter.
    Das Gefälle wurde stärker.
    Das Rauschen- Gurgeln- Klatschen wurde lauter. Das Wasser leckte mir jetzt an den Knöcheln.
    Ich stapfte weiter, der Strahl war jetzt nur noch ein Bernsteinfaden. Nach weiteren drei Metern kam ich zu einer runden Öffnung, deren untere Hälfte mit Ziegelbrocken und Schutt gefüllt war. Von dahinter kam das unmissverständliche Rauschen von fließendem Wasser.
    Ich richtete den Strahl durch die Lücke.
    Der Kanal, in dem ich mich befand, hatte hier eine Verbindung mit einem anderen. Eine Hauptader? Wasser floss durch die griij3ere Röhre, ein knietiefer Fluss aus wirbelnd schwarzem Schlick.
    Meine Augen spähten nach Details, die das Licht nicht finden konnte. Sahen nur eine Kollision von Schatten.
    Meine Ohren sagten mir, dass die Strömung kräftig war, stark genug, um mich von den Füßen zu reißen.
    Meine einzige Chance lag hinter mir. Das Grab. Die stummen Toten.
    Sei nicht blöd. Dort hinein schäffst du es nie mehr.
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