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Das Grab ist erst der Anfang: 12. Fall mit Tempe Brennan

Das Grab ist erst der Anfang: 12. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Das Grab ist erst der Anfang: 12. Fall mit Tempe Brennan
Autoren: Kathy Reichs
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Stachelhaar, diesmal mit mehr Wucht.
    Wieder krachte Stachelhaars Gesicht auf Ziegel. Zipfelmütze trat einen Schritt zurück. Stachelhaar sackte in das schlammige Wasser. »Hier.« Kaum noch ein Flüstern. »Ich bin hier.«
    Und damit schleppte ich mich in eine verborgene Ecke meines Bewusstseins. Zum beruhigenden Rhythmus des Blutes, das in meinem Innenohr pulsierte.
    Der Kanal verschwand. Das Wasser. Die Kälte. Die Ratten. Augenblicke oder Stunden später sah ich den Schein einer Taschenlampe auf mich zuhüpfen.
    Zeit verging. Oder auch nicht.
    Ich spürte die Anwesenheit eines Menschen. Spürte, dass ich an den Schultern angehoben wurde. Hörte tiefen, rasselnden Atem. Roch feuchte Wolle. Männlichen Schweiß. Spürte Wärme.
    Ich zwang mich, die Augen zu öffnen.
    Ein Gesicht, Zentimeter von meinem entfernt. Langsam nahm es Züge an.
    »Halt durch, Butterblümchen. «

42
    Unterkühlung zweiten Grades.
    Das war die Diagnose. Als Ryan mich fand, war meine Körpertemperatur auf 35 Grad gesunken.
    Für Säugetiere ist das nicht gut.
    Ich habe nur noch schwache Erinnerungen an meine letzten Augenblicke im Kanal. Zu der Zeit fühlte ich mich bereits warm und schläfrig, bereit für Kakao und Plätzchen und Bett.
    Ich erinnere mich, dass ich durchgerüttelt wurde. An etwas Gepolstertes unter meinem Rücken, wahrscheinlich eine Trage. Grauer Himmel. Blinkende rote Lichter.
    Dann nichts mehr.
    Ich wachte in einem Krankenhauszimmer auf. Es war dunkel. Dann hell. Dann wieder dunkel. Schwestern kontrollierten Schläuche, wechselten Infusionsbeutel, untersuchten meine Hände und Füße, leuchteten mir in die Augen.
    Ich hatte Erfrierungen erlitten, aber keine irreversiblen. Es würde nichts zurückbleiben, hatte der Arzt kichernd gemeint. Beziehungsweise alles. Ich war nicht sehr amüsiert. Aber sehr erleichtert, dass ich alle Finger und Zehen behalten würde.
    Ich war auch erleichtert, dass meine Behandlung nur aus gewärmten Decken und heißen Getränken bestand. Keine Spülungen mit warmen Flüssigkeiten in Blase, Magen oder anderen versteckten Orten. Man hatte es mir zumindest theoretisch angedroht.
    Halleluja.
    In wachen Perioden erfuhr ich, dass die Kälte nicht mein einziger Angreifer gewesen war. Auch Joe Bonnet hatte seinen Anteil zu meinen Verletzungen beigetragen. Im Verlauf meiner Verschleppung, des Transports und des Abladens in diesem Grab hatte er mir eine Gehirnerschütterung zugefügt, den Knöchel verstaucht und eine Wange in rohes Steak verwandelt.
    Ja, Joe. Der Drainsplorer. Das hatte ich mir korrekt zusammengereimt.
    Ich ließ den Blick durch das Zimmer wandern. Infusionsgalgen. Herzmonitor. Wasserkrug. An der Wand befestigter Fernseher. Besucherstuhl, eins dieser Klappdinger aus Plastik, die man ursprünglich entwickelt hatte, um Geheimagenten zu knacken. Auf der Armlehne lag ein Taschenbuchroman.
    Ich schaute auf den Titel. Playback. Raymond Chandler war Ryans Lieblingsautor.
    Ich grinste. Es tat verdammt weh.
    Ich erinnerte mich, in einer Wachphase mit Ryan gesprochen zu haben. Ihn verhört zu haben, wäre genauer. Ich war am Dienstagabend um 22 Uhr verschleppt worden. Jetzt war es zehn Uhr vormittags am Donnerstag. Ich rechnete nach. Sechsunddreißig Stunden waren vergangen, seit ich aus meiner Wohnung gerannt war. Achtundzwanzig, seit Ryan mich aus dem Kanal befreit hatte. Das hieß, ich hatte acht Stunden unter der Erde verbracht.
    Der ungewöhnliche Wärmeeinbruch hatte für mich gute und schlechte Seiten gehabt. Die milderen Temperaturen hatten mein Überleben begünstigt. Aber sie hatten auch die Schneeschmelze beschleunigt und Hektoliter von Schmelzwasser in die Kanäle geschickt.
    Wie telepathisch gerufen, erschien nun Ryan mit einem Strauß aus spitzen orangefarbenen Dingern, die aussahen, als würden sie sich von kleinen Eidechsen ernähren.
    Als Ryan mich wach sah, kam er sofort zum Bett.
    »Sind diese Dinger gefährlich?« Meine Stimme klang heiser und krächzend.
    »Nur, wenn du ihre Jungen bedrohst.« Ryan legte die Blumen aufs Bett und nahm meine Hand.
    »Nur halten. Nicht massieren oder streicheln.« Mit dem Daumen fuhr er ganz sanft über meine Knöchel.
    Ich hob eine Braue. Glaube ich. Meine Fragebraue ist die rechte. Diese Seite meines Gesichts war Toast.
    »Reiben könnte Eiskristalle lösen, die ganz wild drauf sind, dein Herz zu überfallen.«
    »Ich hasse es, wenn das passiert«, sagte ich.
    Ryan zog den Stuhl ans Bett. Setzte sich. Nahm wieder meine Hand.
    »Okay, Sir
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