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Das Gottesgrab

Das Gottesgrab

Titel: Das Gottesgrab
Autoren: Will Adams
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lief Mohammed hinaus. Allah hatte ihn mit den faulsten Arbeitern in ganz Ägypten gestraft. Jede Ausrede war ihnen recht! Mit finsterer Miene ging er hinaus und wollte seine Männer ordentlich zusammenstauchen, doch als er sah, was den Aufruhr verursacht hatte, verflog sein Ärger schlagartig. Der Bagger hatte ein großes Loch in den Boden gerissen und eine Wendeltreppe freigelegt, die in einen tiefen, dunklen Schacht führte, in dem Staub wirbelte. Die Treppe sah alt aus, so alt wie die Stadt.
    Mohammed und seine Männer starrten sich an. Jeder von ihnen hatte den gleichen Gedanken. Wie lange war dieser Schacht verborgen gewesen? Wer konnte ahnen, welche Reichtümer dort unten lagen? Alexandria war nicht nur eine der antiken Metropolen gewesen, sie rühmte sich auch eines verlorenen Schatzes von Weltruhm. Gab es einen Mann unter ihnen, der nicht davon geträumt hatte, den goldenen Sarkophag des Stadtgründers Iskandar Al Akbar, Alexander des Großen, zu entdecken? Junge Burschen gruben Löcher in öffentliche Parkanlagen; Frauen erzählten ihren Freundinnen von seltsamen Echos, die sie hörten, wenn sie gegen die Wände ihrer Keller klopften; Diebe brachen in antike Zisternen und verbotene Keller von Tempeln und Moscheen ein. Aber wenn sich der Schatz irgendwo befand, dann hier im Herzen des antiken königlichen Viertels der Stadt. Mohammed war kein Träumer, aber als er in diesen tiefen Schacht schaute, zog sich sein Magen zusammen.
    War dies am Ende das Wunder, auf das er gewartet hatte?
    Er bat um Fahds Taschenlampe und setzte vorsichtig seinen linken Fuß auf die oberste Stufe. Mohammed war ein großer Mann, und das Herz schlug ihm bis zum Hals, als er sein beträchtliches Gewicht auf den ausgetretenen Stein verlagerte. Doch er machte einen stabilen Eindruck. Mit dem Rücken zum rauen Kalkstein der Außenwand probierte er die nächsten Stufen. Die Innenwand, die die Wendeltreppe von dem breiten, zentralen Schacht trennte, war aus Ziegeln gemauert, von denen viele verwittert oder herausgefallen waren. Mohammed warf einen Stein in das Loch und wartete mit angehaltenem Atem, bis er vier Herzschläge später am Boden aufkam. Als die Wendeltreppe sich über ihm schloss, sah er, dass die gesamte Treppe in den Fels gehauen war. Es war eher eine Skulptur als ein Bauwerk. Diese Erkenntnis schenkte ihm Vertrauen. Immer im Kreis stieg er weiter hinab. Schließlich wurde die Treppe gerade und führte durch einen Torbogen in einen großen, runden Raum, der voller Sand, Steine und heruntergefallener Ziegel war. In der Mitte umrahmten vier stabile Säulen den offenen Grund des zentralen Schachtes. Im schwach hereinfallenden Tageslicht schwirrten trägen Planeten gleich zahllose Staubkörner, die sich wie ein Film auf seine Lippen legten und in der Kehle kratzten.
    Es war kühl hier unten und herrlich still nach dem unablässigen Lärm der Baustelle. Einschließlich der Treppe, über die er gekommen war, führten vier Torbögen aus dieser Rotunde, einer in jede Himmelsrichtung. In die runde Kalksteinwand waren gebogene Bänke mit einer Haube aus Austernschalen eingelassen, die prächtig verziert waren mit paradierenden Göttern, fauchenden Medusen, wilden Bullen, schwebenden Vögeln, knospenden Blumen und Efeuranken. Durch den ersten Torbogen sah man in einen dunklen, abschüssigen Gang, dessen Boden mit Schutt und Staub übersät war. Mohammed schluckte, als er die Spinnweben mit der Hand zur Seite fegte. Sowohl Furcht als auch Vorfreude kamen in ihm auf. Ein niedriger Seitengang führte von dem gewundenen Hauptgang in eine große, hohe Kammer, in deren Wänden sich viele Reihen rechteckiger Öffnungen befanden. Eine Katakombe. Er ging zur linken Wand, leuchtete auf einen verstaubten gelben Schädel und schob ihn mit einem Finger zur Seite. Eine kleine, angelaufene Münze fiel aus dem Kiefer. Er hob sie auf, betrachtete sie und legte sie zurück. Er leuchtete mit der Taschenlampe in die Öffnung. Als er die vielen Schädel und Knochen sah, verzog er das Gesicht. Dann ging er zurück in den Hauptgang, um seine Erkundung fortzusetzen. Er kam an vier weiteren Bestattungskammern vorbei, ehe er zwölf Stufen hinabstieg, dann weitere fünf, bis er den Absatz einer anderen Treppe und den Grundwasserspiegel erreichte. Er ging zurück in die Rotunde. Auch Ahmed, Husni und Fahd waren heruntergekommen, mit Händen und Füßen scharrten sie im Schutt. Er wunderte sich, dass sie sich nicht weiter umgeschaut hatten, doch dann wurde ihm
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