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Das Gottesgrab

Das Gottesgrab

Titel: Das Gottesgrab
Autoren: Will Adams
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war für die Ägypter ein unbeschriebenes Blatt. Was er also brauchte, war ein Symbol der Regentschaft.»
    «Aha», meinte Rick und wischte sich Schaum von der Oberlippe. «Alexanders Leiche.»
    «Volle Punktzahl», grinste Knox. «Ptolemäus wollte Alexanders Leichnam. Aber da war er nicht der Einzige. Der Kopf des makedonischen Triumvirates war Perdikkas. Er hatte eigene Ziele. Er wollte Alexander zurück nach Makedonien bringen, um ihn neben seinem Vater Philipp in der königlichen Gruft in Aigai in Nordgriechenland zu bestatten. Aber es war nicht leicht, den Leichnam von Babylon nach Makedonien zu bringen. Man konnte ihn nicht einfach aufs erstbeste Schiff laden. Er musste mit einem gewissen Stil reisen.»
    Rick nickte. «Geht mir genauso.»
    «Dem Historiker Diodorus von Sizilien verdanken wir eine sehr detaillierte Beschreibung. Alexanders Leiche wurde einbalsamiert, in einen Sarg aus Blattgold gelegt und mit teuren, süßlich riechenden Gewürzen bedeckt. Außerdem wurde ein Katafalk, ein Leichenwagen, in Auftrag gegeben. Der Wagen war so prachtvoll, dass der Bau über ein Jahr dauerte. Ein Goldtempel auf Rädern, sechs Meter lang, vier Meter breit. Goldene, mit Akanthus umrankte ionische Säulen trugen ein hohes, gewölbtes Dach aus goldenen und mit Juwelen besetzten Schindeln. Vom Dach erhob sich ein goldener Mast, der in der Sonne funkelte wie Blitze. An jeder Ecke des Katafalks befand sich eine goldene Statue von Nike, der antiken Siegesgöttin, die eine Trophäe hielt. Die goldenen Leisten waren mit Steinbockköpfen verziert, an denen goldene Ringe hingen, die eine helle, vielfarbige Girlande trugen. Zwischen den Säulen war ein Goldnetz gespannt, das den Sarg vor der glühenden Sonne und dem Regen schützen sollte. Der Eingang wurde von goldenen Löwen bewacht.»
    «Eine ganze Menge Gold», sagte Rick skeptisch.
    «Alexander war unglaublich reich», entgegnete Knox. «Allein in seinen persischen Schatzkammern befanden sich über siebentausend Tonnen Gold und Silber. Zwanzigtausend Maultiere und fünftausend Kamele waren nötig, um das alles zu bewegen. Wissen Sie, wie das Gold gelagert wurde?»
    «Wie?»
    «Es wurde geschmolzen und in Töpfe gegossen, dann wurde einfach der Ton abgeschlagen.»
    «Verdammte Scheiße», lachte Rick. «Mir würde es schon reichen, eins von den Dingern zu finden.»
    «Genau. Und die Generäle wagten es nicht, knauserig damit zu sein. Alexander war ein Gott für die makedonischen Truppen. Wenn sie geizig gewesen wären, hätten sie schnell die Loyalität ihrer Soldaten verloren. Jedenfalls war der Leichenwagen irgendwann fertig. Er war allerdings so schwer, dass die Wagenbauer extra gefederte Räder und Achsen erfinden mussten, und trotzdem musste die Strecke von einem Trupp Straßenbauer noch speziell präpariert werden. Man brauchte vierundsechzig Maultiere, um den Wagen zu ziehen.» Er hielt inne und trank einen Schluck Bier. «Vierundsechzig Maultiere», wiederholte er nickend. «Jedes Tier trug ein mit Edelsteinen verziertes Kummet und ein vergoldetes Hauptgestell. Und bei jedem Tier hing an beiden Seiten des Hauptgestells ein goldenes Glöckchen, und jedes dieser Glöckchen war mit einem goldenen Klöppel versehen, mit genau so einem, wie Sie ihn in Ihrer Streichholzschachtel haben.»
    «Sie verarschen mich», sagte Rick geschockt.
    «Und außerdem», grinste Knox, «sind dieser Katafalk und das ganze Gold einfach von der Bildfläche verschwunden, und zwar spurlos.»

KAPITEL 2
    EINE HOTELBAUSTELLE, ALEXANDRIA

I
    Auf Mohammed El Dahabs Schreibtisch stand ein gerahmtes Foto seiner Tochter Layla. Es war vor zwei Jahren aufgenommen worden, kurz bevor sie krank wurde. Er hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, während der Arbeit regelmäßig auf das Foto zu schauen. Manchmal erfreute ihn der Anblick ihres Gesichts. Häufig jedoch, wie in diesem Moment, verließ ihn der Mut. Mit Daumen und Zeigefinger knetete er seinen Nasenrücken und murmelte ein leises, inniges Gebet. So betete er vielleicht dreißig Mal am Tag für sie, ebenso während seiner rituellen reh’kahs . Bisher hatten seine Gebete wenig geholfen, aber so war der Glaube nun einmal. Man musste es immer wieder versuchen.
    Draußen ertönten merkwürdige Geräusche, Schreie und frohlockendes Gelächter. Er schaute gereizt aus seinem Bürofenster. Die Arbeit auf der Baustelle war zum Erliegen gekommen. Seine Kolonne hatte sich in einer Ecke versammelt, Ahmed tanzte wie ein Derwisch bei einem moulid . Verärgert
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