Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Gottesgrab

Das Gottesgrab

Titel: Das Gottesgrab
Autoren: Will Adams
Vom Netzwerk:
sie oben war. Dann sagte sie schnell: «Kristos hat mir gesagt, Sie wollten …»
    Elena stürzte auf Gaille zu. «Wie oft habe ich Ihnen gesagt, dass niemand hier rein darf?», schrie sie. «Wie oft?»
    «Es tut mir leid, Frau Koloktronis, aber …»
    «Für wen halten Sie sich eigentlich?» Ihr Gesicht war gerötet, an ihrem Hals traten die Sehnen hervor. «Wie können Sie es wagen, dort runterzugehen? Wie können Sie es wagen?»
    «Ich dachte, Sie wären gestürzt», wiederholte Gaille. «Ich dachte, Sie würden Hilfe brauchen.»
    «Wagen Sie es nicht, mich zu unterbrechen.»
    «Das war nicht …»
    «Wagen Sie es nicht! Wagen Sie es nicht!»
    Gaille blieb reglos stehen. Einen Augenblick überlegte sie, zurückzublaffen. Schließlich war es nicht mal drei Wochen her, dass Elena überraschend angerufen und sie förmlich angefleht hatte, ihr Projekt an der Sorbonne – die Arbeit an einem altägyptischen Wörterbuch – zu unterbrechen, um für eine erkrankte Skryptologin einzuspringen. Doch in dieser Welt merkte man sofort, ob man den anderen gewachsen war, und Gaille hatte keine Chance gehabt. Sie war entsetzt gewesen, als Elena das erste Mal explodiert war; doch ihre neuen Kollegen hatten nur abgewinkt und ihr gesagt, dass Elena seit dem Tod ihres Mannes so sei. Sie brodelte innerlich wie ein Vulkan und brach unvorhersagbar mit blinder, feuriger und manchmal aufsehenerregender Gewalt aus. Mittlerweile waren ihre Ausbrüche fast zu einer Gewohnheit geworden, die man fürchtete und ertrug wie den Zorn der Götter. Also stand Gaille einfach da und ließ alles über sich ergehen: Elenas verletzende und gehässige Bemerkungen über ihre armseligen Fähigkeiten, ihren Undank und den Schaden, den ihre Karriere nehmen würde, wenn dies herauskam – wobei Elena natürlich alles tun würde, um sie zu schützen.
    «Es tut mir leid, Frau Koloktronis», sagte Gaille, als der Ausbruch endlich vorüber war. «Kristos sagte, dass Sie mich sehen wollten.»
    «Ich habe ihm gesagt, dass ich zu Ihnen kommen würde.»
    «Mir hat er etwas anderes gesagt. Ich wollte mich nur vergewissern, dass Sie nicht gestürzt sind.»
    «Wohin sind Sie gegangen?»
    «Nirgendwohin. Ich bin nur die Leiter hinuntergeklettert.»
    «Na gut», sagte Elena widerwillig. «Dann reden wir nicht mehr davon. Aber sagen Sie Qasim nichts, sonst kann ich Sie nicht schützen.»
    «Ja, Frau Koloktronis», sagte Gaille. Qasim war der für die Ausgrabungsstätte zuständige Vertreter der ägyptischen Antiquitätenbehörde. Er tat mindestens genauso geheimnisvoll wie Elena, wenn es um diesen Ort ging. Bestimmt wäre es peinlich für Elena, wenn sie zugeben müsste, dass die Tür weder verschlossen noch bewacht gewesen war.
    «Kommen Sie mit», sagte Elena, schloss die Stahltür und führte sie dann durch das Magazin. «Ich habe hier ein Ostrakon, zu dem ich gerne Ihre Meinung hätte. Zu 99,99 Prozent ist mir die Übersetzung klar. Vielleicht können Sie mir bei den restlichen 0,01 Prozent helfen.»
    «Ja, Frau Koloktronis», sagte Gaille unterwürfig. «Sehr gerne.»

III
    «Bist du bescheuert?», schnauzte Max, der Knox ans Heck des Schiffes gefolgt war. «Hast du Todessehnsucht, oder was? Habe ich dir nicht gesagt, du sollst Hassans Mädchen in Ruhe lassen?»
    «Sie wollte mit mir reden», entgegnete Knox. «Sollte ich unhöflich sein?»
    «Du hast mit ihr geflirtet.»
    «Sie hat mit mir geflirtet.»
    «Das ist noch schlimmer. Himmel!» Er schaute sich mit angsterfülltem Blick um. So wurden die Leute, wenn sie für Hassan arbeiteten.
    «Tut mir leid», sagte Knox. «Ich halte mich von ihr fern.»
    «Das solltest du auch. Glaub mir, wenn du Hassan auf die Füße trittst, können du und dein Kumpel euer kleines Projekt vergessen, was auch immer das für ein Scheiß ist.»
    «Nicht so laut.»
    «Ich warne dich nur.» Er drohte mit dem Finger, als wollte er noch etwas sagen, doch dann wandte er sich um und ging davon.
    Knox schaute ihm hinterher. Er mochte Max nicht, und Max mochte ihn nicht. Aber sie hatten eine Zweckbeziehung. Max leitete die Tauchschule, und Knox war ein guter und verlässlicher Tauchlehrer, der wusste, wie man die Touristen so umgarnte, dass sie ihn weiterempfahlen. Außerdem arbeitete er für Peanuts. Im Gegenzug durfte er für sein kleines Projekt, wie Max es abschätzig genannt hatte, Max’ Schiff und Sonargerät benutzen. Knox lächelte amüsiert. Sollte Max Strati jemals herausfinden, was er und Rick suchten, würde er es nicht mehr als
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher