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Das goldene Ufer

Das goldene Ufer

Titel: Das goldene Ufer
Autoren: Iny Lorentz
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ihnen etwas, oder wir schaffen sie aus der Welt.«
    Kurz entschlossen wies Walther seinen Knecht an, dem Indianer einen kleinen Sack Mehl zu übergeben. Der Mann sah ihn zwar an, als zweifle er an seinem Verstand, gehorchte aber und füllte etwa zehn Pfund Mehl um, die er zu Walther brachte.
    »Hier ist Mehl«, sagte Walther auf Spanisch und streckte den Sack dem Indio hin.
    Dieser rief etwas in seiner Sprache. Eine der zwei Frauen in seiner Begleitung kam heran und nahm wortlos den Mehlsack entgegen. Dann stieg sie wieder auf ihr Pferd und ritt fort. Die andere Frau und zwei Männer folgten ihr grußlos, während der Alte eine für Walther unverständliche Geste machte, noch einen Satz sagte und dann den anderen folgte.
    »Er meinte, Sie wären ein Mann mit einem großen Herzen. Ich bin sicher, dass er und seine Leute Sie im Auge behalten werden und immer wieder zum Betteln kommen«, erklärte Jemelin nicht ohne Spott.
    »Das werden wir sehen!« Für Walther war die Sache damit erledigt, und er vergaß die Begebenheit bald wieder.
    Bereits am Abend erreichten sie die erste Ansiedlung in dem Landstrich, den Ramón de Gamuzana verwaltete. Für die Frauen hieß dies, nicht unter freiem Himmel nächtigen und sich vor allem nicht an einem Bach waschen zu müssen.
    Die Familie, die hier lebte, stammte aus dem Königreich beider Sizilien und war weder des Englischen noch der französischen Sprache mächtig. Nur der Mann verstand ein wenig Spanisch, sprach es aber auf eine Art aus, die Walther wiederum Schwierigkeiten bereitete, zumal der Sizilianer sie mit Begriffen aus dem Dialekt seiner Heimat mischte.
    Diego de Jemelin übersetzte, so gut er es vermochte, doch mehr, als dass die Leute aus tiefer Armut heraus über den Ozean gekommen waren und hofften, hier in Tejas ein besseres Leben zu finden, brachte er nicht aus dem Mann heraus.
    Es gab keine Pause, auch wenn viele der Neusiedler sich nach all den Strapazen, die sie hinter sich hatten, ausgelaugt fühlten. Die Gruppe befand sich nun in dem Teil, über den Diego Jemelin die Aufsicht führte und in dem bereits knapp einhundert Siedler lebten. Obwohl Jemelin von Ramón de Gamuzana eine gewisse Summe für seine Arbeit erhielt, war er froh, Walther einen Teil seiner Aufgaben übertragen zu können.
    »Nun kann ich mich endlich um mein eigenes Land kümmern«, erklärte er. »Dennoch bleibt auch für mich noch genug zu tun, was die Ansiedlung betrifft. Schauen Sie auf die Karte! Dies hier ist der Bereich, den ich zu kontrollieren habe. Dort im Norden wird es ab jetzt Ihre Aufgabe sein, sich um die Neusiedler zu kümmern. Neben Ihren eigenen Leuten gehören auch die Italiener und Iren dazu, die noch mit dem Schiff unterwegs sind und in einem Hafen von Tejas anlanden werden. Wenn es so weit ist, werden Sie diese Leute abholen und einweisen. Don Hernando de Gamuzana wird Ihnen rechtzeitig einen Boten schicken!«
    Diego Jemelin wirkte sehr zufrieden, denn es war ein langer Weg bis zu dem vereinbarten Hafen, und er war froh, dieser Pflicht ledig geworden zu sein. Walther aber fragte sich beunruhigt, worauf er sich eingelassen hatte. Es würde schwer genug sein, Haus, Scheune und Stall zu errichten, Äcker anzulegen und die Viehhüter zu kontrollieren. Die Verwaltung eines solch großen Gebiets und die Verantwortung für die anderen Neusiedler würden ihm selbst dann Probleme bereiten, wenn sich alle seinen Anweisungen fügten. Andererseits war ihm klar, dass dies die Gegenleistung für den riesigen Besitz war, den er zugeteilt bekommen hatte. Mit Giselas Hilfe und der Arbeitskraft der Leute, die man ihm mitgegeben hatte, musste es wohl zu schaffen sein.
    Am nächsten Tag zogen sie weiter durch die Wildnis, die den Auskünften zufolge, die Ramón de Gamuzana nach Ciudad de Mexico gesandt hatte, längst Kulturland hätte sein sollen. Drei Tage später hielt Jemelin sein Pferd an und wies auf einen Hügel, zu dessen Füßen der Rio Colorado floss. »Ab hier ist es Ihr Land, Señor Fichtner. Sie selbst haben fast ebenso viel Grund erhalten wie ich. Messen Sie es gut ab und schlagen Sie lieber den einen oder anderen Quadratfuß dazu. Den Herren in Ciudad de Mexico ist es gleichgültig, ob Sie nun drei, vier oder fünf Leagues für sich beanspruchen. Sagen Sie nur, von hier bis dort ist es mein Besitz, denn es wird niemand nachmessen, weder bei Ihnen noch bei Ihren Nachbarn. Ich habe bereits eine Skizze angefertigt, wie Sie Ihre Leute verteilen können. Wichtig ist, dass jeder Zugang
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