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Das goldene Ufer

Das goldene Ufer

Titel: Das goldene Ufer
Autoren: Iny Lorentz
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reden. Walther kannte die französischen Auswanderer gut genug, um zu wissen, dass er mit ihnen in guter Nachbarschaft leben konnte, und so stimmte er zu. Allerdings machte er sich wenig Hoffnung, mehr als ein halbes Dutzend Männer zum Bleiben bewegen zu können.
    Obwohl die Kirche nur einen Steinwurf entfernt war, ließ Gamuzana zwei Pferde satteln und einen Wagen für die Damen anspannen. Ein wenig amüsierte Walther sich über diese Sitte, doch als sie über den Hauptplatz des Ortes ritten und die Männer, denen sie begegneten, ehrfürchtig die Hüte zogen und die Frauen und Mädchen knicksten, begriff er erst, welche Macht und welchen Einfluss sein Gastgeber hier besaß. Es erinnerte ihn arg an die Heimat und an die Tatsache, dass er gerade solchen Verhältnissen hatte entkommen wollen.
    Mit diesem Gedanken schwang er sich vor der Kirche aus dem Sattel und reichte genau wie Gamuzana die Zügel einem der herbeieilenden Männer. Der Alcalde nickte ihm anerkennend zu und betrat dann das Kirchenschiff. In einem Anflug von Galgenhumor dachte Walther, dass er dem alten Grafen auf Renitz dankbar dafür sein musste, auch reiten gelernt zu haben.
    Als Walther dem Alcalden folgte, sah er, dass die übrigen Überlebenden gut versorgt worden waren. Dennoch eilten Gertrude, Thierry und Thomé Laballe mit besorgten Gesichtern auf ihn zu.
    »Gott sei Dank, dass du gekommen bist!«, rief Gertrude aus.
    »Gibt es Schwierigkeiten?«, fragte Walther.
    Die Elsässerin schüttelte den Kopf. »Bisher nicht! Aber wir machen uns Sorgen, denn wir besitzen nur noch das, was wir am Leib tragen, und die wenigsten von uns verfügen noch über so viel Geld, dass sie die Reise nach New Orleans antreten können.«
    Nun redeten die Franzosen auf die Elsässerin ein, damit diese für sie übersetzen sollte, doch Walther verstand sie auch so. Die meisten seiner Mitreisenden hatten Angst vor einer Zukunft in der Fremde, weil sie glaubten, sich als Bettler durchschlagen zu müssen oder in Schuldsklaverei zu geraten. Um sie zu beruhigen, hob er die Hand und bat sie, einen Augenblick still zu sein.
    »Gertrude, es ist jetzt wichtig, dass du das, was ich sage, so gut wie möglich übersetzt«, bat er die Frau aus dem Elsass.
    »Das mache ich!«, versicherte sie, aber sie wirkte eher ratlos als neugierig.
    Walther stellte sich so hin, dass er alle Überlebenden der Loire vor Augen hatte, und deutete dann auf Hernando de Gamuzana. »Dieser Herr hier macht uns allen ein Angebot. An einem Fluss mit dem Namen Rio Colorado gibt es freies Land, das der Bruder von Herrn de Gamuzana im Auftrag der Regierung von Mexiko an siedlungswillige Einwanderer katholischen Glaubens verteilt. Jede Familie, die sich dazu entschließt hierzubleiben, erhält etwa siebzehnhundert Morgen Land, dazu Saatgut, Vieh und zweitausend Silberpesos für die notwendigen Auslagen. Dazu gibt es genug Vorräte, um die Zeit bis zur ersten Ernte durchstehen zu können.« Immer wieder legte Walther Pausen ein, damit Gertrude übersetzen konnte. Zuerst wirkten die Leute wie erstarrt, und jemand murmelte, er wolle nach New Orleans.
    Thierry, der nach dem Tod seines Vaters und einiger anderer Verwandter zum Oberhaupt der Überlebenden seiner Familie geworden war, rieb sich nervös über das Gesicht und forderte Gertrude auf, einige Fragen zu übersetzen.
    Walther musste mehrmals mit Gamuzana Rücksprache halten, um alles richtig zu beantworten. Dann aber nickte der junge Mann heftig und sah seine Schwester, seinen jüngeren Bruder und die drei anderen Familienmitglieder an. »Was sagt ihr dazu? Ich würde es tun!«
    Seine Schwester Marguerite fasste die Hand ihres Verlobten, der noch unschlüssig wirkte. »Wenn du unsere Familie jetzt im Stich lässt, sind wir geschiedene Leute!«
    Der Mann seufzte kurz und nickte. »Also gut! Ich bin dabei.«
    »Die Ersten haben wir«, raunte Walther dem Alcalden zu.
    In dem Moment drängten Thomé Laballe und dessen Frau nach vorne. »Wir machen auch mit!«
    »Wir auch!«, riefen einige andere. Selbst diejenigen, die Verwandte in New Orleans hatten, entschieden sich nach einigem Hin und Her zu bleiben, denn sie wollten niemandem auf der Tasche liegen oder – was für sie noch schlimmer war – als Dienstboten in der eigenen Sippe arbeiten.
    Zuletzt blieben nur Lucien und Gertrude übrig. Die Elsässerin blickte traurig zu Boden und kämpfte mit den Tränen. »Mein Mann ist doch in New Orleans. Aber ohne Geld und allein komme ich nicht hin!«
    Walther tat die
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