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Das glückliche Ende der Welt.

Das glückliche Ende der Welt.

Titel: Das glückliche Ende der Welt.
Autoren: Paul Friedl
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sein braungegerbtes Gesicht mit den klugen dunklen Augen und dem schon ergrauten Bärtchen auf der Oberlippe drückte Zufriedenheit aus, indes er nach der Lohntüte griff.
    »Kern!« brüllte der Förster und bedeutete dem abgehenden Sterl: »Draußen warten!«
    Während der alte Sterl dem anderen die Türklinke in die Hand gab und dieser noch schnell an den Türpfosten klopfte, nahm der Förster Greiner aus einem Tabakglas eine Prise Schnupftabak. Der Holzhauer Kern, klein und gedrungen, mit einem rotbärtigen Fuchsgesicht, wartete, bis der Förster den Tabak in die Nase aufgezogen hatte und ihm dann die Lohntüte hinhielt.
    »Kern, warum sind eigentlich Sie nicht droben geblieben in der Gschwend?«
    »Allein ist es da droben nix, und seit mein Weib gestorben ist, hab ich es nimmer verkraftet. Die kalte Stube, wenn ich heimgekommen bin, hab mir selber kochen und waschen müssen. Da bin ich halt zu meiner Tochter gezogen. Mir wär es eh droben lieber gewesen, aber die Zeiten ändern sich halt, Herr Förster.«
    »Ist schon recht, Kern«, meinte der Förster Greiner mit einer abschließenden Handbewegung. »Draußen warten, und der Utz soll kommen.«
    »Utz!« rief der Holzhauer Kern und drückte sich aus dem Zimmer.
    »Heut hat er noch was Extriges, weil wir warten müssen«, zwispelte er im Hausgang den anderen zu und zupfte seinen roten Fuchsbart.
    Der Utz kam heraus, und hinter ihm wurde nach dem Dobler gerufen.
    »Was kann es sein?« muteten sie leise.
    »Vielleicht kriegen wir einen anderen Tarif«, bemerkte der junge Thums spöttisch, und der himmellange Keppl zahnte: »Oder er sagt uns die Arbeit auf.«
    »Keppl und Thums!« brüllte der Förster, und die zwei Jüngsten der Partie trampelten, ohne anzuklopfen, in die Forstkanzlei.
    »Türe zu!« befahl Greiner, und umständlich drückte der Thums, ein Mannsbild kräftig und untersetzt, die Türe ins Schloß.
    »Na, wie geht es mit der Arbeit?« fragte der Förster nun freundlich.
    »Geht schon, Herr Förster«, antwortete ihm der große Keppl und stand dabei stramm.
    »Haben uns in der Gefangenschaft auch nix geschenkt. Sind in der Holzarbeit eingesetzt gewesen«, bemerkte der Thums und hielt ebenfalls die Hände an die Hosennaht, als hätte er einem militärischen Vorgesetzten Rede und Antwort zu stehen.
    »Habt in der ersten Woche auch schon einen ganz schönen Akkordlohn«, sagte Greiner anerkennend. »Wo seid ihr denn gewesen?«
    »Südfrankreich.«
    »Na ja, der Krieg ist aus.« Überlegend fixierte der Förster sie und machte keine Anstalten, ihnen die Lohntüte auszuhändigen, sondern fragte weiter: »Ihr seid alle beide noch ledig?«
    »Jawohl, Herr Förster!«
    »Keine Braut? Wäre doch schon Zeit! Seid beide bald dreißig Jahre alt.«
    Der Thums hüstelte: »Braut kann man net grad sagen, aber ich geh mit dem Reibenwirt seinem Dirndl, das ist soviel wie ausgemacht.«
    »Und Sie?«
    Der Keppl wog seinen langen Oberkörper hin und her und wurde vor Verlegenheit rot.
    »Bin auch dran. Weiß aber net, was der Sterl dazu sagt. Seine Tochter wär es, die Karolina.«
    Der Förster unterdrückte ein Lächeln: »Na, dann seht halt zu, daß etwas draus wird. Habt ihr schon eine Wohnung?« Ratlos sahen sich die zwei Holzhauer an.
    »Das ist es ja«, stotterte der Thums.
    »Und Sie, Keppl?«
    »Nix.«
    Der Förster sah sie unter halbgeschlossenen Lidern an und meinte so beiläufig: »Das ist nicht schlimm. Die zwei Häusl droben in der Gschwend sind freigeworden. Überlegt es euch einmal. Ich kann euch drei Jahre die Häuser mietfrei geben.«
    Der Thums rieb sich die Bartstoppeln, daß es in der Stille leise rauschte.
    »Ist halt weit weg«, gab der Keppl zu bedenken.
    »Zur Arbeit habt ihr es gut, da seid ihr direkt dran — und ihr seid doch zwei Kameraden, in der Gefangenschaft beisammen gewesen — das wäre doch was für euch!«
    Der Thums verzog den Mund, als hätte er in eine Schlehe gebissen.
    »Hier, überlegt es doch einmal.« Greiner reichte ihnen die Lohntüten. »Draußen warten. Weber!«
    Der letzte der Holzhauer nahm seinen Lohn in Empfang und gesellte sich wieder zu den Wartenden. Sie horchten auf das Rücken des Stuhles in der Forstkanzlei und auf das Räuspern des Försters, sahen sich fragend an.
    »Ob wir —«, stieß der Keppl den Thums an.
    »Dumm wär es net. Keine Miete, net weit zur Arbeit, das Brennholz vor der Tür, zwei Geißen futtern und vielleicht —«
    »Was vielleicht?«
    Ganz nahe brachte der Thums seinen Mund an das Ohr des
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