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Das Glück eines Sommers

Das Glück eines Sommers

Titel: Das Glück eines Sommers
Autoren: David Baldacci
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Krankheit ist erst im Anfangsstadium.«
    Jack hatte die Taliban und Al Kaida überlebt. Vielleicht schaffte er es ja noch, sein ältestes Kind den Collegeabschluss machen zu sehen. »Wie lange?«, hatte er noch einmal gefragt.
    »Sechs Monate«, hatte der Arzt geantwortet. »Vielleicht acht, wenn Sie Glück haben.«
    Es traf Jack wie ein Fausthieb in die Magengrube.
    Er erinnerte sich noch klar und deutlich an den Morgen, an dem er sich plötzlich seltsam unwohl gefühlt hatte. In seinem Job als Bauhandwerker war er in den Tagen darauf schon nach drei Stunden erschöpft gewesen, nicht wie früher erst nach acht Stunden. Einige Zeit später schaffte er es nicht einmal mehr mit einem Stapel Dachpfannen die Leiter hinauf. Schließlich hatte er schon Schmerzen, wenn er seinen jüngsten Sohn nur zehn Minuten lang auf dem Arm getragen hatte. Zu guter Letzt hatte das Brennen in seinen Nerven begonnen, und seine Beine hatten sich so schwach und zittrig angefühlt wie die eines alten Mannes. Eines Morgens war er dann aufgewacht, und seine Lungen waren voller Wasser gewesen. Danach war es noch schneller gegangen.
    Jacks jüngster Sohn, der zweijährige Jack junior, den alle nur Jackie nannten, kam ins Zimmer, kletterte auf den Schoß seines Vaters und legte den Kopf auf dessen eingefallene Brust. Jackies Haar war lang und kohlrabenschwarz und an den Spitzen gelockt. Seine Augen hatten die Farbe von Toast, und seine Augenbrauen trafen sich in der Mitte wie ein Wollfaden. Jackie war ihre kleine Überraschung gewesen. Die anderen beiden Kinder waren ein gutes Stück älter.
    Langsam legte Jack den Arm um seinen Sohn. Dickliche Kinderfinger griffen nach seinem Unterarm, und warmer Atem berührte seine Haut. Es fühlte sich an, als würde er mit Nadeln gestochen, doch Jack bewegte den Arm nicht, denn es würde nicht mehr viele solcher Umarmungen geben. Langsam drehte er den Kopf und schaute aus dem Fenster, wo es sanft schneite. South Carolina mit seinen Palmen konnte es nicht mit Cleveland aufnehmen, wenn es um die Weihnachtszeit ging. Hier war diese Jahreszeit wunderschön.
    Jack nahm die Hand seiner Frau.
    »Weihnachten«, sagte er mit schwacher Stimme. »Ich werde da sein.«

KAPITEL 2
    Jack wachte auf. Als er sich umschaute, wusste er zuerst nicht, wo er war. Er spürte nichts, war sich nicht einmal sicher, ob er überhaupt noch atmete.
    Bin ich tot? War es das?
    »Pop-pop«, sagte Jackie und glitt neben seinen Vater aufs Bett.
    Jack drehte sich um und sah die Pausbacken und die hellbraunen Augen. Er streichelte seinem Sohn übers Haar. Kräftige, dicke Strähnen, wie auch er sie gehabt hatte, bevor die Krankheit sie ihm nahm wie so vieles andere. Der neugierige Jackie versuchte, seinem Vater den Sauerstoffschlauch aus der Nase zu ziehen, doch Jack zog die Hand seines Sohnes sanft zurück.
    Lizzie kam mit den Medikamenten und spritzte sie in den Venenzugang. Jack wurde mittlerweile intravenös ernährt. Feste Nahrung konnte er nicht mehr zu sich nehmen.
    »Ich habe die Kinder gerade zur Schule gebracht«, sagte sie.
    »Mikki?«, fragte Jack.
    Lizzie verzog das Gesicht. Ihre Tochter Michelle wurde nächsten Sommer sechzehn, und in letzter Zeit hatte sie sich immer mehr zur Rebellin entwickelt. Sie spielte Gitarre, arbeitete an ihrer Musik, trug abgerissene Klamotten, schlich sich nachts aus dem Haus und schlampte in der Schule. »Wenigstens ist sie zur Matheprüfung erschienen«, sagte Lizzie. »Dass sie die Prüfung dann auch noch besteht, wäre wohl zu viel verlangt gewesen. Aber es gibt auch gute Nachrichten: In Musiktheorie hat sie eine Eins bekommen.«
    Jackie kletterte vom Bett und lief ins andere Zimmer, vermutlich, um sich ein neues Spielzeug zu holen. Jack schaute ihm mit einer seltsamen Mischung aus Stolz und Schmerz hinterher. Er würde seinen Sohn nie als Mann sehen. Er würde nicht einmal sehen, wie er in den Kindergarten kam. Das widersprach der natürlichen Ordnung der Dinge, aber so war es nun mal, und es ließ sich nicht ändern.
    Mikki wiederum beanspruchte inzwischen die meiste Aufmerksamkeit ihrer Eltern. Das schien bei Teenagern einfach so zu sein.
    Bevor Jack krank geworden war, hatte er mit seiner Tochter häufig über wichtige Entscheidungen im Leben gesprochen, auch über die Bedeutung der Schule, aber das alles schien an ihr abzuprallen. Vater und Tochter hatten keine Verbindung mehr zueinander, das war nicht zu verkennen. Als Mikki klein gewesen war, hatte sie ihren Dad bedingungslos geliebt und hatte
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