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Das Glueck einer einzigen Nacht

Das Glueck einer einzigen Nacht

Titel: Das Glueck einer einzigen Nacht
Autoren: Eileen Bryan
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ganz gut reiten, Marvin Farrett. Aber du mußt noch lernen, wie man mit einem Füllen umgeht.“ Während er jetzt an den Vorfall zurückdachte, überkam ihn die gleiche Wärme wie damals. Leise seufzte er auf und blickte in eine andere Richtung.
    Die aufgehende Sonne hatte inzwischen die Gipfel der Berge vergoldet und den wolkenlosen Himmel mit ihrem gleißenden Licht Übergossen. In vielen Stunden würden ihre letzten Strahlen die dicht bewaldeten Täler im Abendrot leuchten lassen. Bis dahin hatte Marvin einen arbeitsreichen Tag in seinem Büro hinter sich. Hoffentlich würde er dann auch jene unangenehme Angelegenheit erledigt haben, die ihm seit gestern abend so auf der Seele lag.
    Mit einem Schulterzucken wandte er sich um und ging durch die weit geöffnete Terrassentür zurück in sein Schlafzimmer. Er blickte auf das zerwühlte Bett und dann auf das Foto, das auf seiner Kommode stand. Es war das letzte Bild seines Bruders Edward.
    Marvin trat vor die Kommode und nahm das Foto zur Hand. Edward sah umwerfend gut aus in seiner grünen Uniform. In den blaugrünen Augen noch immer der sanfte Ausdruck, doch sein sorgloses Lächeln war verschwunden. Er hatte all seine Fröhlichkeit verloren, nachdem Barbara Farretts Corner verlassen hatte. Edward hatte sie geliebt, und er hatte sich nicht geschämt, es zuzugeben.
    Im Gegensatz zu Marvin, der Barbara auch geliebt, aber dann verlassen hatte, war Edward ihr Freund geworden, der sie beschützte und verteidigte.
    Wenigstens hatte Edward nie erfahren müssen, daß auch sein jüngerer Bruder in Barbara verhebt gewesen war – genausowenig wie Barbara es gewußt hatte. Das war wahrscheinlich das einzig Positive an jenem unheilvollen Dreiecksverhältnis gewesen. Hätte Edward je davon erfahren, es hätte ihn bestimmt zerstört. Und wenn Barbara es gewußt hätte, dann hätte sie mit Sicherheit beide Farrett
    Brüder zum Gespött der Leute gemacht, anstatt nur einen.
    Jedenfalls war Edward nie darüber hinweggekommen, daß Barbara ihn verlassen hatte. Er verzichtete darauf, mit Marvin zusammen den FarrettKonzern weiterzuführen und war statt dessen zur Armee gegangen. Edward hatte nicht voraussehen können, daß man ihn nach Vietnam schicken würde. Aber als er abkommandiert
    wurde,
    schien
    er
    sein
    Schicksal
    ruhig
    und
    gelassen
    hinzunehmen.
    Edward war aus Vietnam nicht zurückgekehrt. Außer seiner persönlichen Habe, die sein Kommandeur Marvin zugeschickt hatte, und einem Gedenkgottesdienst, war nichts von ihm Übriggebheben. Seine sterblichen Überreste lagen irgendwo in einem Reisfeld in einem unbekannten Teil der Welt.
    Das Foto verschwamm vor Marvins Blick. Was waren wohl die letzten Gedanken seines Bruders gewesen? Hatte er an die Heimat gedacht, die so anders war als das ferne Land, in das es ihn verschlagen hatte? Hatte er im Augenblick des Todes jenes liebreizende Gesicht vor sich gesehen, dem er sein Leben geopfert hatte? Für Marvin bestand kein Zweifel daran, daß es Barbara gewesen war, die Edward in den Tod getrieben hatte. Tiefe Verbitterung überkam ihn, als er das Bild auf die Kommode zurückstellte.
    Wie viele Männer würde sie noch zerstören müssen, bevor sie endlich zufrieden war? Niedergeschlagen ließ er sich aufs Bett fallen und vergrub das Gesicht in den Händen. Obwohl er und sein Bruder das gleiche Schicksal erlitten hatten, war jeder von ihnen beiden anders für die Liebe zu Barbara bestraft worden. Edward war im fernen Vietnam gefallen, während Marvin dazu verdammt war, ein Leben lang unter seiner Liebe zu leiden.
    In ihrer Jugend hatte Barbara eine naive Sinnlichkeit besessen, die in einem Mann das Gute und das Schlechte gleichermaßen wecken konnte. Jetzt, als reife Frau, war sie bezaubernder denn je. Sie besaß eine Ausstrahlung, der sich keiner zu entziehen vermochte. Sie war der gefährlichste Gegner, dem Marvin je gegenübertreten mußte. Und sie hatte einen unschätzbaren Vorteil auf ihrer Seite: Ihr gehörte Marvins Herz.
    Aus seinem Schmerz entsprang schließlich der feste Entschluß: Bis heute abend würde er ein für allemal mit Barbara Logan abgerechnet haben.
    Der rötlich glänzende Schimmer der untergehenden Sonne ließ die Berggipfel des Ozark Plateaus noch majestätischer erscheinen, während die dichtbewaldeten Hügelketten lange Schatten über die sauber gepflügten Felder und verwitterten Scheunen warfen. Von ihrem Sitz auf Grandma Logans Terrassengeländer aus blickte Barbara auf dieses Bild des Friedens. Das
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